Leitsatz

Der Verpächter ist bei vorzeitiger Auflösung einer steuerpflichtigen Verpachtung zum Abzug der ihm vom Pächter in Rechnung gestellten Steuer für dessen entgeltlichen Verzicht auf die Rechte aus einem langfristigen Pachtvertrag jedenfalls dann berechtigt, wenn die vorzeitige Auflösung zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem das Pachtverhältnis noch besteht und eine beabsichtigte (steuerfreie) Grundstücksveräußerung noch nicht festgestellt werden kann.

 

Normenkette

§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG, Art. 168 Buchst. a MwStSystRL

 

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war im Jahr 2011 (Streitjahr) Eigentümer des Grundstücks in X, Y-Straße (Grundstück), das er bis März 2020 steuerpflichtig an die A (Pächterin) verpachtet hatte. Diese hatte das Grundstück an Frau B (Unterpächterin) unterverpachtet.

Am 4.3.2011 schloss der Kläger mit den Pächtern eine Aufhebungsvereinbarung. Er beabsichtige, das Grundstück zum Zwecke einer künftig anderweitigen Nutzung zu veräußern, und sehe sich an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung seines Eigentums durch den langfristigen Pacht- und Unterpachtvertrag gehindert. Die Vertragsparteien einigten sich auf die vorzeitige Aufhebung der Pachtverträge zum 30.4.2012 mit der Option, diese schon während der (nunmehr) verkürzten Vertragslaufzeit zu kündigen. Der Kläger verpflichtete sich im Gegenzug, eine "Entschädigung" zzgl. 19 % Umsatzsteuer an die Pächterin bzw. Unterpächterin zu zahlen.

Die Pächterin kündigte im April 2011 das Pachtverhältnis zum 31.5.2011 und stellte dem Kläger die vereinbarten Gegenleistungen für sich und die Unterpächterin in Rechnung. Der Kläger veräußerte das Grundstück im November 2011 umsatzsteuerfrei.

Das FA ließ den geltend gemachten Vorsteuerabzug für den Pachtverzicht nicht zu. Ein Einspruch blieb erfolglos. Das FG (FG München, Urteil vom 26.8.2015, 2 K 1687/14, Haufe-Index 8703400) gab der Klage statt. Es führte aus, die Pächter hätten gegenüber dem Kläger eine steuerpflichtige Leistung erbracht, indem sie gegen Entgelt auf eine ihnen vertraglich zustehende Rechtsposition verzichtet hätten. Es habe die Leistung zum Zwecke der Beendigung der steuerpflichtigen Verpachtung bezogen; die Kosten seien daher allgemeine Aufwendungen der Verpachtungstätigkeit. Dass der Kläger bei Vertragsschluss die Absicht geäußert habe, das Grundstück zukünftig zu veräußern (und es später steuerfrei veräußert habe), sei unschädlich, weil er bei Leistungsbezug noch steuerpflichtige Verpachtungsumsätze ausgeführt habe. Dann sei nicht auf die beabsichtigte zukünftige Verwendung abzustellen. Außerdem könne nicht festgestellt werden, dass der Kläger eine steuerfreie Veräußerung oder Vermietung bzw. Verpachtung des Grundstücks beabsichtigt habe.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision des FA als unbegründet zurück.

 

Hinweis

Konkrete gegenwärtige Verwendung bei Leistungsbezug geht beim Vorsteuerabzug ungewisser zukünftiger Verwendung vor. So könnte man den Inhalt des Besprechungsurteils zusammenfassen:

1. Soweit ein Unternehmer Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet, ist er berechtigt, die geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden oder werden, als Vorsteuer abzuziehen (Art. 168 Buchst. a MwStSystRL; siehe auch § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG).

a) Dies ist der Fall, wenn

aa) ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen, die das Recht auf Vorsteuerabzug eröffnen, besteht, oder

bb) bei Fehlen eines direkten und unmittelbaren Zusammenhangs zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätzen die Kosten für die fraglichen Dienstleistungen zu den allgemeinen Aufwendungen des Steuerpflichtigen gehören und als solche Kostenelemente der von ihm gelieferten Gegenstände oder erbrachten Dienstleistungen sind.

b) Die nationalen Gerichte haben im Rahmen der ihnen obliegenden Anwendung des Kriteriums des unmittelbaren Zusammenhangs alle Umstände zu berücksichtigen, unter denen die betreffenden Umsätze ausgeführt wurden (vgl. EuGH, Urteil vom 21.2.2013, C-104/12, Becker, EU:C:2013:99, UR 13, 220; EuGH, Urteil vom 22.11.2015, C‐126/14, Sveda, UR 2015, 910; EuGH, Urteil vom 14.9.2017, C‐132/16, Iberdrola Inmobiliaria Real Estate Investments, EU:C:2017:683, DStR 17, 2044).

c) Zu den Gegenständen und Dienstleistungen, die für die Zwecke der besteuerten Umsätze ver­wendet werden, zählen auch Leistungsbezüge zum Zweck der Beendigung einer steuerpflichtigen Tätigkeit, soweit es dabei nicht zu Betrügereien oder Missbräuchen kommt (vgl. EuGH, Urteil vom 3.3.2005, C-32/03, Fini H, EU:C:2005:128, UR 05, 443, Rzn. 24 und 31; EuGH, Urteil vom 9.11.2017, C-552/16, Wind Inovation 1, EU:C:2017:849, HFR 18, 84, Rz. 45).

d) Dies gilt auch dann, wenn der U...

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