Leitsatz

1. Bei der Prüfung, ob eine Baumaßnahme nach § 255 Abs. 2 HGB zu Herstellungsaufwand führt, darf nicht auf das gesamte Gebäude, sondern nur auf den entsprechenden Gebäudeteil abgestellt werden, wenn das Gebäude in unterschiedlicher Weise genutzt wird und deshalb mehrere Wirtschaftsgüter umfasst.

2. Ob eine wesentliche Verbesserung i.S.d. § 255 Abs. 2 HGB des Wirtschaftsguts erreicht wird, richtet sich danach, ob die durch die Baumaßnahme bewirkten Veränderungen vor dem Hintergrund der betrieblichen Zielsetzung zu einer höherwertigeren (verbesserten) Nutzbarkeit des Vermögensgegenstands führen.

 

Normenkette

§ 9 Abs. 1 EStG, § 255 Abs. 2 HGB

 

Sachverhalt

Der Kläger erzielte im Streitjahr (1999) u.a. Einkünfte aus Vermietung eines Zweifamilienhauses, das von der Mieterin teils zu eigenen Wohnzwe­cken, teils zum Betrieb einer psychotherapeutischen Praxis genutzt wird. Die Wohnräume befinden sich im Erd- und Obergeschoss, die Praxisräume im Untergeschoss.

Veranlasst durch einen Wasserschaden nahm der Kläger in den Praxisräumen im Untergeschoss Baumaßnahmen vor, um deren steuerrechtliche Qualifizierung es hier geht. Neben weiteren Arbeiten auch zur Sanierung von Wasserschäden wurden eine kleine Zwischenwand abgebrochen, Türen verlegt und eine Tür durch eine größere Fensteranlage ersetzt. Ferner wurde eine Heizungsanlage für die Praxis eingebaut. Die Aufwendungen (Gesamtkos­ten insgesamt 101 239,51 DM) machte der Kläger vergeblich als Erhaltungsaufwand geltend.

Das FA berücksichtigte die Aufwendungen als nachträgliche Herstellungskos­ten, die Klage war erfolgreich. Das FG beurteilte die Aufwendungen als sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen. Diese Baumaßnahmen führten allein nicht zu einer über den bisherigen Zustand hinausgehenden wesentlichen Verbesserung des gesamten Objekts, wobei besonders zu berücksichtigen sei, dass es sich um eine Baumaßnahme lediglich im Untergeschoss des Objekts gehandelt habe und die übrigen Räumlichkeiten unverändert geblieben seien.

 

Entscheidung

Die Revision des FA hatte Erfolg: Der BFH hat die Vorentscheidung schon deshalb aufgehoben, weil das FG nicht auf das Wirtschaftsgut der fremdbetrieblich genutzten Praxis, sondern auf das gesamte Gebäude abgestellt hat. Damit ist der Fall aber noch nicht zu Ende. Ob die hier vorgenommenen Baumaßnahmen in Bezug auf die Praxis zu Herstellungskos­ten führten, muss das FG erneut unter Berücksichtigung der hier vorgegebenen Maßstäbe prüfen. Deshalb musste der BFH die Sache an das FG zurückverweisen. Der BFH lässt die Vorinstanz aber nicht allein und gibt in der sog. „Segelanleitung” weitere Maßstäbe vor, die im Leitsatz 2 -- und in den Praxis-Hinweisen unter 3. -- zusammengefasst sind und die das FG bei der erneuten Bearbeitung beachten muss.

 

Hinweis

1. Aufwendungen, die durch die Absicht veranlasst sind, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen (§ 21 Abs. 1 EStG), sind dann nicht als Werbungskos­ten (§ 9 Abs. 1 EStG) sofort abziehbar, wenn es sich um Herstellungskos­ten handelt. Welche Aufwendungen zu den Herstellungskos­ten zählen, bestimmt sich auch für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 255 Abs. 2 HGB. Danach sind Herstellungskos­ten die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstands (Wirtschaftsguts), seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen.

2. Danach kommt es nicht notwendigerweise auf das Gebäude als solches an. Bei der Prüfung, ob eine Baumaßnahme nach § 255 Abs. 2 HGB zu Herstellungsaufwand führt, darf nämlich dann nicht auf das gesamte Gebäude, sondern nur auf den entsprechenden Gebäudeteil abgestellt werden, wenn das Gebäude in unterschiedlicher Weise genutzt wird und deshalb mehrere Wirtschaftsgüter umfasst. Wird ein Gebäude teils fremdbetrieblich und teils zu Wohnzwecken durch Vermietung genutzt, so sind die einzelnen Gebäudeteile gesondert zu behandeln, weil diese Gebäudeteile in verschiedenen Nutzungs- und Funktionszusammenhängen stehen (BFH, Beschluss vom 26.11.1973, GrS 5/71, BStBl II 1974, 132, unter C. II. 3. d).

3. Kann man im vorliegenden Fall eine Erstherstellung der Praxis wohl von vornherein ausschließen (vor und nach dem Umbau praktizierte die Mieterin), so kommen hier Herstellungskos­ten unter den Aspekten der Erweiterung (Erweiterung der Nutzungsmöglichkeit der Praxis) und der wesentlichen Verbesserung (§ 255 Abs. 2 HGB) in Betracht. Wichtig ist, dass dabei weniger die Kernbereiche der Ausstattung bedeutsam sind, auf die man bei Wohngebäuden maßgebend abgestellt, sondern die betriebliche Zielsetzung. Die Baumaßnahme muss zu einer höherwertigeren (verbesserten) Nutzbarkeit des Vermögensgegenstands führen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 25.09.2007, IX R 28/07

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