Rz. 41

Nicht selten werden Grundstücke gegen eine offensichtlich zu geringe Gegenleistung veräußert bzw. hingegeben. Ist sich der Veräußerer des Grundstücks diesem Missverhältnis bewusst und will er dem Empfänger seiner Leistung (hingegebenes Grundstück) den Mehrwert willentlich zukommen lassen, liegt eine gemischte freigebige Zuwendung (gemischte Schenkung) vor (BFH v. 21.10.1981, BStBl II 1982, 83). Schenkungsteuerrechtlich relevant ist hierbei nur der unentgeltliche Teil der Leistung des Zuwendenden. Im Umfang der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung besteht keine freigebige Zuwendung, denn der Empfänger der Mehrleistung ist insoweit nicht i. S. v. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG auf Kosten des Zuwendenden bereichert (vgl. BFH v. 12.4.1989, BStBl II 1989, 524, und BFH v. 14.7.1982, BStBl II 1982, 714). Ob ein zwischen den Parteien geschlossener Vertrag Elemente der gemischten Schenkung enthält, ist anhand der im Vertrag begründeten gegenseitigen Leistungspflichten zu ermitteln (BFH v. 30.3.1994, BStBl II 1994, 580). Demzufolge ist grunderwerbsteuerrechtlich der Erwerb eines Grundstücks aufgrund gemischter freigebiger Zuwendung nur hinsichtlich des unentgeltlichen Teils des Erwerbsvorgangs nach § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG steuerfrei, denn im Umfang des Austauschverhältnisses ist keine Grundstücksschenkung unter Lebenden i. S. d. ErbStG gegeben (vgl. BFH v. 22.10.1980, BStBl II 1981, 172). Der entgeltliche Erwerbteil unterliegt deshalb als Gegenleistung der Grunderwerbsteuer.

 
Praxis-Beispiel

A überträgt ein Grundstück an B. Der dafür vereinbarte Preis beträgt 80.000 EUR. Tatsächlich hat das Grundstück aber einen Verkehrswert von 200.000 EUR. A ist sich dieses Missverhältnisses bewusst und will B diesen Mehrwert ohne Gegenleistung zukommen lassen.

Der Grundstückserwerb unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG im Umfang des entgeltlichen Teils des Rechtsgeschäfts der Grunderwerbsteuer. Bemessungsgrundlage für die Steuer gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ist der vereinbarte Kaufpreis von 80.000 EUR. Der unentgeltliche Teil des Rechtsgeschäfts (Wert 120.000 EUR) ist steuerfrei nach § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG i. V. m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.

Entsprechende Vereinbarungen treten in aller Regel nur unter nahen Angehörigen auf, sodass häufig auch noch der entgeltliche Teil des Rechtsgeschäfts nach einer anderen Befreiungsvorschrift (z. B. § 3 Nr. 6 GrEStG) und damit der gesamte Rechtsvorgang steuerfrei bleibt.

Ob im Einzelfall ein Missverhältnis zwischen dem Wert des hingegebenen Grundstücks und der dafür vereinbarten Gegenleistung besteht, muss anhand der gemeinen Werte der beiden wechselseitigen Leistungen festgestellt werden (BFH v. 25.9.1953, BStBl III 1953, 308). Der Zuwendende braucht die Dimension dieses Missverhältnisses nicht genau zu kennen; es genügt für die Annahme einer freigebigen Zuwendung, dass ihm das bestehende Missverhältnis bewusst war. Das Finanzamt hat die Feststellungslast sowohl für das objektive Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung als auch für den subjektiven Bereicherungswillen des Zuwendenden zu tragen, es sei denn, dieses Missverhältnis ist so offenkundig und die Kenntnis des Zuwendenden über dieses Missverhältnis liegt nach den Umständen des konkreten Falles auf der Hand (vgl. BFH v. 5.12.1990, BStBl II 1991, 181 und v. 10. 9. 1986, BStBl II 1987, 80).

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