Rz. 43

§ 16 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG setzt nach seinem Wortlaut zwar ein gesetzliches Minderungsrecht nach § 437 BGB voraus. Gleichwohl ist die Vorschrift aber auch auf ein vertraglich vereinbartes Minderungsrecht, also eine vertragliche Verpflichtung zur Herabsetzung des Kaufpreises im Fall eines Sach- oder Rechtsmangels, anwendbar (vgl. FG Düsseldorf v. 16.12.2009, 7 K 1745/07 GE, n. v.; Pahlke/Franz, 4. Aufl. 2010, § 16 Rz. 66).

Soweit § 16 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG a. F. darauf abstellt, dass die Herabsetzung (Minderung) "vollzogen" wird, kann diesem Begriff nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts nicht mehr dieselbe Bedeutung beigemessen werden wie zuvor. Anstelle des Vollzugs der Minderung in § 465 BGB a. F. ist – als Gestaltungsrecht – das Minderungsrecht nach § 441 BGB n. F. getreten. Demzufolge wird der Begriff "vollzogen" nunmehr wohl nur noch in dem Sinne zu verstehen sein, dass die Beteiligten das Ergebnis der Minderung tatsächlich eintreten lassen (tatsächliche Kaufpreisminderung).

Unabhängig davon, dass die gesetzestechnische Anpassung des § 16 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG durch Art. 9 des Fünften Gesetzes zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen erst zum 27.7.2002 in Kraft getreten ist, soll sie nach dem Willen der obersten Finanzbehörden der Länder bereits vor dieser Modifizierung im Erlassweg zugunsten der Steuerpflichtigen angewendet werden. Steuerpflichtige sollten sich daher in den einschlägigen Fällen an ihr Finanzamt wenden.

Die Kaufpreisminderung ist "vollzogen", wenn die Beteiligten den Minderungsanspruch geltend gemacht und erfüllt, d. h. den Kaufpreis tatsächlich herabgesetzt haben (vgl. BFH v. 26.8.1992, BStBl II 1993, 58).

Zum Formerfordernis in den Fällen des § 16 Abs. 3 GrEStG siehe FinMin Baden-Württemberg v. 7.8.2002, 3 – S 4543/9.

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