Leitsatz

1. Bei der Errichtung eines gemischt genutzten ­Gebäudes richtet sich die Vorsteueraufteilung im Regelfall nach dem objektbezogenen Flächenschlüssel.

2. Vorsteuerbeträge sind aber dann nach dem (objektbezogenen) Umsatzschlüssel aufzuteilen, wenn erhebliche Unterschiede in der Ausstattung der verschiedenen Zwecken dienenden Räume bestehen.

 

Normenkette

§ 15 Abs. 4 UStG 1999 i.d.F. des StÄndG 2003, Art. 17 Abs. 1, 2 und 5, Art. 19 Abs. 1 der 6. EG-RL

 

Sachverhalt

Die Klägerin errichtete ein Gebäude, das sie teils steuerpflichtig und teils steuerfrei vermietete. Sie begehrte die Vorsteueraufteilung nach dem objektbezogenen Umsatzschlüssel. Das FA akzeptierte demgegenüber nur eine Aufteilung nach dem Flächenschlüssel, der zu einer geringeren Vorsteuerquote führte. Das FG (FG Münster, Urteil vom 8.12.2009, 15 K 5079/05 U, Haufe-Index 2296330, EFG 2010, 604) gab der Klage statt, da die gesetzlich angeordnete Subsidiarität des Umsatzschlüssels gegen das Unionsrecht verstoße.

 

Entscheidung

Der BFH hob das Urteil des FG auf und verwies die Sache an das FG zurück. Der Vorrang des Flächenschlüssels verstoße nicht gegen das Unionsrecht, gelte aber nur unter dem Vorbehalt einer im Wesentlichen gleichen Ausstattung. Ob diese vorliege, sei im zweiten Rechtsgang zu prüfen.

 

Hinweis

1.MwStSystRL und UStG enthalten voneinander abweichende Regelungen zur Vorsteueraufteilung aus Eingangsleistungen, die der Unternehmer wie z.B. bei der teilweisen steuerpflichtigen und teilweisen steuerfreien Vermietung eines Gebäudes nur anteilig für zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze verwendet. Während das Unionsrecht eine gesamtumsatzbezogene Aufteilung vorschreibt, dabei allerdings abweichende Sonderregelungen zulässt, sieht § 15 Abs. 4 UStG eine Aufteilung nach wirtschaftlicher Zurechnung vor (Wäger, BFH/PR 2014, 94).

2.Im Nachgang zu dem auf Vorlage durch den BFH ergangenen EuGH-Urteil vom 8.11.2012, C-511/10, BLC Baumarkt (UR 2012, 968) hatte der BFH entschieden, dass § 15 Abs. 4 UStG insoweit unionsrechtskonform ist, als die dort vorgesehene Aufteilung von Vorsteuerbeträgen für nach § 15a UStG berichtigungspflichtige Vorsteuerbeträge gilt (BFH vom 22.8.2013, V R 19/09, BFHE 243, 8, BFH/PR 2014, 94). Der BFH sah diese Einschränkung als erforderlich an, da die Mitgliedstaaten nach der EuGH-Rechtsprechung vom Regelaufteilungsmaßstab der Richtlinie nur in bestimmten Fällen abweichen dürfen.

Folge dieser Betrachtungsweise war, dass der durch § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG angeordnete Ausschluss des objektbezogenen Umsatzschlüssels zugunsten des objektbezogenen Flächenschlüssels nur für die ­der Vorsteuerberichtigung (§ 15a UStG) unterlie­genden Vorsteuerbeträge aus Anschaffungs- und Herstellungskosten als richtlinienkonform angesehen wurde, während sich der Unternehmer in Bezug auf andere Vorsteuerbeträge wie z.B. aus Erhaltungsaufwendungen auf den Regelvorsteueraufteilungsmaßstab des Unionsrechts berufen konnte. Danach sind die Vorsteuerbeträge entsprechend dem Gesamtumsatz des Unternehmens aufzuteilen.

3. Nach durchaus herber Kritik an seinem Urteil vom 22.8.2013 hat der V. Senat des BFH seine Beurteilung gegenüber dieser erst kürzlich veröffentlichten Entscheidung geändert.

a) Der BFH sieht die Vorsteueraufteilung durch wirtschaftliche Zurechnung nach § 15 Abs. 4 UStG nunmehr als in vollem Umfang als richtlinienkonform an. Dies beruht darauf, dass er jetzt davon ausgeht, dass die wirtschaftliche Zurechnung entgegen bislang h.M. auch eine Vorsteueraufteilung nach dem Gesamtumsatz des Unternehmens entsprechend dem Regelvorsteueraufteilungsmaßstab der Richtlinie ermöglicht.
b) Hauptstreitpunkt ist die durch § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG angeordnete Subsidiarität der umsatzbezogenen Vorsteueraufteilung zugunsten des Flächenschlüssels als nicht umsatzbezogener Aufteilungsmethode. Nach dem Wortlaut der Vorschrift greift diese Subsidiarität bereits dann ein, wenn eine nicht umsatzbezogene Aufteilung möglich ist. Der BFH legt dies nunmehr im Hinblick auf die EuGH-Rechtsprechung einschränkend dahingehend aus, dass dem Flächenschlüssel nur dann Vorrang zukommt, wenn er präziser ist.

Dies bejaht der BFH für den Regelfall, macht zugleich aber eine erhebliche Einschränkung. Nach dem Urteil des BFH ist der Flächenschlüssel nur unter dem Vorbehalt einer im Wesentlichen gleichen Ausstattung präziser. Bestehen demgegenüber erhebliche Ausstattungsunterschiede, kommt es zur umsatzbezogenen Vorsteueraufteilung.

c) § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG enthält eigentlich kein Rangverhältnis zwischen unterschiedlichen umsatzbezogenen Aufteilungsmethoden. Da der BFH die Aufteilung nach dem Gesamtumsatz nunmehr als weiteren Anwendungsfall von § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG ansieht, stellt sich aber die Frage, wie die gesamtumsatzbezogene von der objektumsatzbezogenen Vorsteueraufteilung abzugrenzen ist. Auch dies stellt der BFH in insoweit erweiternder Auslegung von § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG unter einen Präzisionsvorbehalt. Danach hat die Vorsteueraufteilung bei z.B. ungleicher Ausstattung eines Gebäud...

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