Leitsatz

Der Betriebshof ist keine erste Tätigkeitsstätte eines Müllwerkers, wenn dieser sich dort jeweils lediglich umkleidet, die Ansage der Einsatzleitung anhört, das Tourenbuch, die Fahrzeugpapiere und die Fahrzeugschlüssel abholt und danach mit seinen Kollegen die Blinker sowie die Beleuchtung des Müllfahrzeugs kontrolliert (Anschluss an BFH, Urteil v. 21.9.2021, VI R 25/19).

 

Sachverhalt

Das Verfahren befand sich im zweiten Rechtsgang (Rückverweisung durch BFH, Urteil v. 2.9.2021, VI R 25/19). Die Beteiligten streiten über das Vorliegen einer ersten Tätigkeitsstätte und die Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen bei auswärtiger beruflicher Tätigkeit bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Jahres 2016 (Streitjahr).

Der Kläger muss nach Weisung des Arbeitgebers morgens zum Betriebshof des Arbeitgebers kommen, um sich nach dem Umkleiden die Ansage der Einsatzleitung anzuhören, in den Tourenraum zu gehen, das Tourenbuch sowie die Fahrzeugpapiere und die Fahrzeugschlüssel abzuholen und mit zwei anderen Kollegen die Beleuchtung des Fahrzeugs zu kontrollieren. Das Finanzamt sah den Betriebshof des Arbeitgebers als erste Tätigkeitsstätte des Steuerpflichtigen an und versagte den begehrten Werbungskostenabzug von Verpflegungsmehraufwendungen.

 

Entscheidung

Die Klage ist begründet. Der Kläger ist dem Betriebshof und damit einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung seines AG im Streitjahr dauerhaft zugeordnet gewesen. Nach Auffassung des FG hat er dort allerdings nicht in ausreichendem Umfang Tätigkeiten tatsächlich ausgeführt, die er arbeitsrechtlich schuldete und die eine erste Tätigkeitsstätte nach § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG begründet hätten. Die vom BFH geäußerte Unklarheit zu den tatsächlichen Abläufen während der vom Kläger geschilderten Anwesenheitszeit auf dem Betriebshof konnten durch die ergänzenden Angaben des Klägers ausgeräumt werden. Insgesamt rechtfertigen die tatsächlich vom Kläger auf dem Betriebsgelände vorgenommenen Tätigkeiten die Annahme einer ersten Tätigkeitsstätte daher nicht, da sich gegenüber den festgestellten keine zusätzlichen vorgenommenen Tätigkeiten des Klägers ergeben haben, als die bereits im ersten Rechtsgang festgestellten Tätigkeiten, die aus Sicht des BFH in seiner Revisionsentscheidung als Tätigkeiten von untergeordnetem Gewicht nicht zur Annahme einer ersten Tätigkeitsstätte ausreichten.

 

Hinweis

Die Rechtsansicht des BFH, dass die im ersten Rechtsgang bereits festgestellten Tätigkeiten für eine erste Tätigkeitsstätte nicht ausreichen, war im Streitfall gemäß § 126 Abs. 5 FGO bindend. Das FG hat die Revision nicht zugelassen, da nach Auffassung des FG eine über den Einzelfall hinausgehende klärungsbedürftige Rechtsfrage nicht vorlag.

 

Link zur Entscheidung

FG Berlin-Brandenburg, Gerichtsbescheid v. 16.06.2022, 16 K 4259/17

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