Leitsatz

Der Betreiber eines Altenheims, der weder in § 53 Nr. 2 AO bezeichnete Personen aufnimmt noch Personen i.S.d. § 68 BSHG aufnehmen darf, kann die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG nicht beanspruchen.

 

Normenkette

§ 4 Nr. 16 Buchst. d UStG , § 93 Abs. 3 Satz 2 FGO , § 103 FGO , Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der 6. EG-RL

 

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) beanspruchte für Umsätze aus dem Betrieb eines gewerblichen Altenheims in den Jahren 1991 bis 1994 die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG.

Auf ihren Antrag vom 17.7.1990 für den Betrieb eines gewerblichen Altenheims erhielt die Klägerin im Mai 1995 "mit Wirkung vom 1.12.1994" eine "Erlaubnis zum Betrieb eines gewerblichen Altenheims nach dem Heimgesetz". Die Erlaubnis wurde ausdrücklich u.a. mit der Einschränkung erteilt, es "dürfen nur rüstige, in der Bewegungsfreiheit nicht eingeschränkte ältere Menschen aufgenommen werden. Bewohner/innen, die nicht nur vorübergehend pflegebedürftig werden, sind unverzüglich in eine geeignete Einrichtung zu verlegen". Die Klägerin meinte, mindestens 2/3 der Heimbewohner seien über 75 Jahre alt gewesen; deren Pflegebedürftigkeit sei zu unterstellen; sie berief sich auf Vertrauensschutz und zwei entsprechende Ländererlasse.

Das FA und FG hielten die fehlende Erlaubnis zur Aufnahme pflegebedürftiger Personen für entscheidend.

 

Entscheidung

Die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg, weil die Klägerin nicht – wie erforderlich – eine Genehmigung für die Aufnahme dauernd pflegebedürftiger Personen erhalten hatte. Auf die Frage, ob sie ungeachtet der fehlenden Erlaubnis tatsächlich pflegebedürftige Personen aufgenommen hatte, kam es deshalb nicht an.

Vertrauensschutz mit Rücksicht auf die erwähnten Erlasse des Finanzministers des Landes Schleswig-Holstein und des Finanzsenators des Landes Berlin konnte die Klägerin schon deswegen nicht beanspruchen, weil die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben eine besondere Vertrauenssituation zwischen dem Steuerpflichtigen und dem FA voraussetzt. Diese kann nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich nur durch die Erteilung einer verbindlichen Zusage oder Auskunft geschaffen werden, nicht hingegen durch den Erlass allgemeiner Verwaltungsrichtlinien.

 

Hinweis

Nach § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG sind steuerbefreit u.a. "die mit dem Betrieb ... sowie der Altenheime, Altenwohnheime, Pflegeheime ... eng verbundenen Umsätze", u.a. wenn – wie im entschiedenen Fall allein streitig – im vorangegangenen Kalenderjahr mindestens zwei Drittel der Leistungen den in § 68 Abs. 1 BSHG genannten Personen zugute gekommen sind; das sind "Personen, die infolge Krankheit oder Behinderung so hilflos sind, dass sie nicht ohne Wartung und Pflege bleiben können".

Die Befreiungsvorschrift nach § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG betrifft Leistungen, die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden sind. Sie bezweckt die Entlastung der Sozialversicherungsträger als Kostenträger für ihre Versicherten und – insoweit entsprechend – die selbst zahlenden Privatpatienten von der Umsatzsteuer.

Gemeinschaftsrechtliche Grundlage für § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG ist Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der 6. EG-RL; dieser betrifft: "die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen der Altenheime, durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen".

Hierzu hat der EuGH im Urteil vom 10.9.2002, Rs. C?141/00 – Ambulanter Pflegedienst Kügler GmbH – (BFH-PR 2003, 29) entschieden, die Vorschrift räume den Mitgliedstaaten ein Ermessen in der Frage ein, ob sie bestimmten Einrichtungen sozialen Charakter zuerkennen (Rz. 54). Insoweit könne das Bestehen spezifischer Vorschriften berücksichtigt werden, gleich, ob es sich dabei um nationale oder regionale, um Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, um Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit handele. Es könne auch der Umstand beachtet werden, dass Gemeinschaften mit den gleichen Tätigkeiten wie derjenige, der die Steuerbefreiung beansprucht, wegen des mit diesen Tätigkeiten verbundenen Gemeinwohlinteresses bereits in den Genuss einer ähnlichen Steuerbefreiung kommen.

Berücksichtigt werden könne auch der Umstand, dass die Kosten der von der Einrichtung erbrachten Leistungen möglicherweise zum großen Teil von durch Gesetz errichteten Krankenkassen oder von Einrichtungen der sozialen Sicherheit übernommen werden, zu denen die privaten Wirtschaftsteilnehmer vertragliche Beziehungen unterhalten (vgl. Rz. 58).

Mit dem Zweck des § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG, Leistungen, die als eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden dem Gemeinwohl dienen, und dem typisierenden Ziel der Entlastung der Sozialversicherungsträger ließe sich eine Umsatzsteuerbefreiung für Leistungen, die nicht in Übereinstimmung mit ...

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