Leitsatz

Soweit die Zuwendung von Vorteilen sowie die damit zusammenhängenden Aufwendungen als Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 Satz 1 EStG den Gewinn nicht mindern dürfen, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht, muss auch der subjektive Tatbestand des Strafgesetzes erfüllt sein.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 Satz 1, Abs. 4 EStG, § 11 Abs. 1 Nr. 5, § 15, § 299 Abs. 2, Abs. 3 StGB, § 160 Abs. 1 Satz 1 AO, § 56 Abs. 1, § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO

 

Sachverhalt

Eine Ein-Personen-GmbH & Co. KG hatte Lieferungen an französische Kunden geleistet und überhöht berechnet. Die überfakturierten Beträge wurden als Provisionen an eine Domizil-AG in der Schweiz gezahlt und von dort aus an die Kundenunternehmen bzw. deren Gesellschafter oder deren Angehörige, eventuell zu einem Teil auch an den Gesellschafter-Geschäftsführer der KG weitergeleitet. Ein im Rahmen einer Außenprüfung gestelltes Benennungsverlangen nach § 160 Abs. 1 AO wurde nicht beantwortet.

Das FA erhöhte den Gewinn der KG um die Zahlungen an die Domizilgesellschaft. Das FG wies die gegen die geänderten Gewinnfeststellungsbescheide erhobene Klage mit der Begründung ab, die Zahlungen seien zumindest nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 Satz 1 EStG nicht abzugsfähige Betriebsausgaben. Mit den Zahlungen sei der objektive Tatbestand der Bestechung im geschäftlichen Verkehr nach § 299 Abs. 2 StGB erfüllt. Dies reiche für die Nichtabziehbarkeit aus (Niedersächsisches FG, Urteil vom 13.6.2018, 11 K 11054/16, Haufe-Index 13218724).

 

Entscheidung

Der BFH hob das Urteil auf und verwies das Verfahren an das FG zurück.

Die Feststellungen reichten nicht aus, um zu beurteilen, ob die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 Satz 1 EStG erfüllt seien. Soweit an die Domizil-­AG geleistete Zahlungen an den Geschäftsführer der KG zurückgeflossen seien, fehle es bereits am Betriebsausgabencharakter. Im Hinblick auf die erforderliche Erfüllung des objektiven Tatbestands des § 299 Abs. 2 StGB sei ungeklärt, ob es für die gelieferten Produkte überhaupt Wettbewerber auf dem Markt gegeben habe, die hätten benachteiligt werden können. Ungeklärt sei auch, ob die tatsächlichen Zahlungsempfänger Angestellte oder Beauftragte der Unternehmen i.S.d. § 299 Abs. 2 StGB gewesen seien. Außerdem fehlten Feststellungen zum subjektiven Tatbestand, der entgegen der Auffassung des FG für das Abzugsverbot ebenfalls erfüllt sein müsse.

Auf § 160 AO könne die Klageabweisung nicht ersatzweise gestützt werden, weil sich dem Urteil nicht entnehmen lasse, ob sich das FG mit der Rechtmäßigkeit des Benennungsverlangens des FA beschäftigt und ggf. ein eigenes Benennungsverlangen fehlerhaft unterlassen habe.

 

Hinweis

1. Seit 1996 sollen Schmier- oder Bestechungsgelder ungeachtet ihrer Eigenschaft als Betriebsausgaben die ertragsteuerliche Bemessungsgrundlage nicht mehr mindern. Hierzu ist der Katalog des § 4 Abs. 5 EStG erweitert und ein Abzugsverbot geschaffen worden, das an die Erfüllung des Tatbestands einer Straf- oder Bußgeldnorm anknüpft.

2. Das hiesige Urteil betrifft die bisher streitige Frage, ob auch der subjektive Tatbestand der betreffenden Norm erfüllt sein muss. Der BFH bejaht die Frage und verlangt damit, dass FA und spätestens FG Tatsachen feststellen, aus denen sich der Vorsatz desjenigen ergibt, der den als Betriebsausgabe geltend gemachten Vorteil zugewendet hat.

3. Hinzuweisen ist außerdem auf die Ausführungen des BFH zur Feststellungslast des FA für die Voraussetzungen des Abzugsverbots. Dass das FA die Feststellungslast für steuererhöhende Tatsachen trägt, entspricht allgemeinen Grundsätzen. Zu derartigen Tatsachen gehören auch diejenigen, aus denen ein Abzugsverbot nach § 4 Abs. 5 EStG folgt. Für den hier entschiedenen Fall von Bestechungsgeldern im geschäftlichen Verkehr bedeutet das, dass Zweifel an der Verwirklichung des objektiven und subjektiven Tatbestands der Strafnorm zulasten des FA gehen. Bleiben also Zweifel am Vorsatz des vorteilsgewährenden Unternehmers, sind die Voraussetzungen für das Abzugsverbot nicht erfüllt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 15.4.2021 – IV R 25/18

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