OFD Hannover, 7.2.2005, S 0500 - 898 - StO 151

 

1. Allgemeines

Bei der Durchführung von Vollstreckungsmaßnahmen kommt es in der Praxis immer wieder zu Handlungen des Vollstreckungsschuldners oder von Dritten, die nichtsteuerliche Straftatbestände erfüllen. Solche Handlungen stehen oft im Zusammenhang mit steuerlichen Straftatbeständen, denn die handelnden Personen verfolgen den Zweck der Vereitelung, Verhinderung oder Verzögerung des Vollstreckungserfolgs.

Daneben werden gelegentlich bei der Durchführung von Vollstreckungsmaßnahmen Kenntnisse erlangt, die auf ein steuerunehrliches Verhalten des Vollstreckungsschuldners im Steuerfestsetzungsverfahren schließen lassen.

Es stellt sich die Frage, wie bei den einzelnen, in Betracht kommenden Fallgestaltungen, auch im Hinblick auf § 30 AO, zu verfahren ist.

 

2. Steuerhinterziehung

Nach § 370 Abs. 1 AO begeht Steuerhinterziehung, wer gegenüber der Finanzbehörde unrichtige oder unvollständige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen macht oder die Finanzbehörde über steuerlich erhebliche Tatsachen pflichtwidrig in Unkenntnis lässt und dadurch Steuern verkürzt oder einen nicht gerechtfertigten Steuervorteil erlangt. Nach § 370 Abs. 4 AO sind Steuern namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden. Nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, wenn sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden.

Steuerhinterziehung kann folglich nicht nur im Steuerfestsetzungsverfahren, sondern auch im Vollstreckungsverfahren begangen werden, wenn nämlich dem Vollstreckungsschuldner auf Grund eines vorsätzlichen Tuns oder Unterlassens nicht gerechtfertigte Steuervorteile gewährt wurden.

Nicht gerechtfertigt ist jeder Steuervorteil, den der Steuerpflichtige bei richtiger Rechtsanwendung auf den wirklichen Sachverhalt nicht beanspruchen konnte. Hierzu reicht jedes täuschende Verhalten aus, das darauf abzielt, die zwangsweise Einziehung einer fälligen Steuer zu vermeiden, zu verzögern oder zu schmälern. Es genügt z.B., wenn das FA über die wirtschaftliche Lage des Vollstreckungsschuldners, sein Einkommen oder seine Vermögensverhältnisse getäuscht wurde. Das gilt auch, wenn der Vollziehungsbeamte auf Grund unrichtiger Angaben von einer Sachpfändung abgesehen hat. Das Delikt kann auch durch einen Dritten, z.B. gesetzlicher Vertreter, begangen werden.

Zur allgemeinen Information wird auf die Anweisungen für das Straf- und Bußgeldverfahren (Steuer) – AStBV (Steuer) 2004 – verwiesen (BStBl 2003 I S. 654).

Insbesondere bei folgenden Verhaltensweisen kann eine Steuerhinterziehung im Beitreibungsverfahren vorliegen:

  1. Täuschung des Vollziehungsbeamten über das Vorhandensein pfändbarer Gegenstände durch falsche Angaben oder das pflichtwidrige Unterlassen von Angaben,
  2. Aufhebung oder Einschränkung von Sach- oder Forderungspfändungen auf Grund falscher Angaben,
  3. Hingabe einer für den Vollstreckungsschuldner erkennbar wertlosen Sicherheit, wenn dadurch Vollstreckungsaufschub oder die Freigabe einer bereits gepfändeten Sache oder Forderung gewährt wurde,
  4. unwahre Angaben des Drittschuldners über eine gepfändete Forderung,
  5. Einziehung einer dem FA abgetretenen Forderung, bevor der Zessionar benachrichtigt werden konnte,
  6. unrichtige Angaben in der eidesstattlichen Versicherung nach § 284 AO, wenn richtige oder vollständige Angaben, die der Vollstreckungsschuldner zu machen verpflichtet ist, dem FA die Möglichkeit eines Zugriffs auf gegenwärtige Vermögensgegenstände des Schuldners eröffnet hätten,
  7. Hingabe eines ungedeckten Schecks, wenn der Vollstreckungsschuldner bei der Übergabe trotz besseren Wissens zum Ausdruck bringt, dass der Scheck bei Vorlage eingelöst wird. Am Vorsatz fehlt es jedoch, wenn unvorhersehbare Umstände den Scheck platzen lassen. Vorsatz liegt regelmäßig vor, wenn der Steuerpflichtige wusste, dass bei Vorlage des Schecks keine Deckung vorhanden sein werde.

Widerstand durch Drohung und/oder Gewalt gegen Vollstreckungsmaßnahmen und Flucht vor Vollstreckung stellen für sich allein gesehen kein täuschendes (steuerunehrliches) Verhalten dar und erfüllen daher nicht den Tatbestand der Steuerhinterziehung.

 

3. Allgemeine Straftaten

a) Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 StGB)

Nach § 113 StGB wird bestraft, wer einem zur Vollstreckung berufenen Amtsträger bei einer ihm obliegenden Diensthandlung mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt Widerstand leistet oder ihn dabei tätlich angreift.

Widerstand sind alle Handlungen des Vollstreckungsschuldners oder eines Dritten, die den Vollziehungsbeamten zur Aufgabe seines Vorgehens zwingen sollen, unabhängig davon, ob sie diesen Zweck erreichen.

Gewalt ist tätiges, gegen den Amtsträger gerichtetes Handeln, namentlich mit körperlicher Kraft. Drohung mit Gewalt ist gegeben, wenn der Täter erkennen lässt, dass er bei weiterem Vorgehen des Vollziehungsbeamten Gewalt anwenden werde. Der Täter braucht die Drohung nicht wörtlich auszusprechen, es genügt, wenn sie seinem Verhalten schlüssig zu entnehmen ist...

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