Zusammenfassung

 
Überblick

Zur Sicherung eines kontinuierlichen Erklärungseingangs und ordnungsgemäßen Veranlagungsverfahrens steht den Finanzämtern mit dem Verspätungszuschlag ein besonderes Instrument zur Verfügung. Er hat präventiven Charakter und kommt in Betracht, wenn der Steuerpflichtige eine erforderliche Steuererklärung nicht oder nicht rechtzeitig abgibt.

Mit dem StModernG v. 18.7.2016 wurden die gesetzlichen Grundlagen des Verspätungszuschlags in § 152 AO völlig umgestaltet. Bei der Erstellung der ESt-Erklärung ist für – auch durch Lohnsteuerhilfevereine – beratene und nicht beratene Steuerpflichtige die Neufassung des § 152 AO seit dem Veranlagungszeitraum 2018 relevant (AEAO zu § 152, Nr. 1 Satz 1). Für die Mandantschaft kommt zusätzlich die gesetzliche Fristverlängerung bis zum letzten Tag des Monats Februar des Zweitfolgejahres zum Tragen, vorbehaltlich der Möglichkeit für die Finanzverwaltung, Steuererklärungen schon vorab anzufordern (§ 149 Abs. 4 AO).

Die wesentliche Änderung der Neu- im Vergleich zur Altregelung des § 152 AO besteht darin, dass die Festsetzung des Verspätungszuschlags sowohl dem Grunde nach in vielen Fällen als auch der Höhe nach in allen Fällen nicht mehr im Ermessen des Finanzamts steht (Ausnahme: Fälle des § 152 Abs. 8 AO, insbesondere vierteljährlich und monatlich abzugebende USt- und LSt-Anmeldungen).

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Der Verspätungszuschlag ist in § 152 AO gesetzlich geregelt. Umfangreiche Regelungen finden sich im AEAO zu § 152 AO.

1 Aufbau des § 152 AO

Nach § 152 AO erfolgt die Festsetzung eines Verspätungszuschlags in vielen Fällen, ohne dass hierfür ein Ermessensspielraum besteht oder es einer Ermessensentscheidung bedarf. Zudem wird die Bemessung des Verspätungszuschlags in der überwiegenden Zahl der Fälle gesetzlich festgelegt und so geregelt, dass die Berechnung ausschließlich automationsgestützt erfolgen kann.

Der § 152 AO hat folgenden Aufbau:

  • Abs. 1: "Kann"-Regelung (Ermessensausübung)
  • Abs. 2: "Muss"-Regelung (kein Ermessen)
  • Abs. 3: Ausnahmen zur "Muss"-Regelung
  • Abs. 4: Mehrere verpflichtete Personen – Gesamtschuldner
  • Abs. 5–7: Berechnungsvorgaben und gesetzliche Billigkeitsregelung in Abs. 5 Satz 3 AO ("Rentnerfälle")
  • Abs. 8: Ausnahmeregelung für unterjährige Anmeldungen und Lohnsteuer-Jahresanmeldungen gem. § 41a Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz EStG
  • Abs. 9: Bemessung bei Nichtabgabe der Steuererklärung
  • Abs. 10: Höchstbetrag 25.000 EUR
  • Abs. 11: Verbindung mit dem Steuerbescheid
  • Abs. 12: Korrekturvorschrift
  • Abs. 13: Anwendungsbereich (nicht für Zoll)

2 "Kann"-Regelung (Abs. 1)

Sie gilt als Grundregel für die Fälle, in denen die "Muss-Regelung" des § 152 Abs. 2 AO nicht anzuwenden ist. "Kann-Fälle" betreffen demnach zum einen Steuererklärungen, u. a. ESt-Erklärungen, wenn diese zwar verspätet, aber vor dem 1.3. des Zweitfolgejahres abgegeben wurden. Ein Verspätungszuschlag kann festgesetzt werden, wenn eine gesetzliche oder behördliche Frist für die Abgabe einer Steuererklärung nicht eingehalten worden ist, wobei eine eventuelle (ggf. auch rückwirkende) Fristverlängerung nach § 109 AO zu berücksichtigen ist.

Zum anderen gibt es eine ermessensabhängige Festsetzung in den Konstellationen des § 152 Abs. 3 AO. Dabei handelt es sich um die Rückausnahmen der "Muss"-Regelung des Abs. 2.[1]

Ermessenskriterien sind die Häufigkeit und die Dauer der Fristüberschreitung, die Höhe des Zahlungsanspruchs aus der Steuerfestsetzung sowie der individuelle Verschuldensgrad. Bei unverschuldeter Fristversäumnis ist von der Festsetzung eines Verspätungszuschlags abzusehen. Das Verschulden eines Bevollmächtigten ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen. Die Entschuldigungsgründe sind glaubhaft zu machen. Es gelten die Grundsätze der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.[2]

Das Versäumnis ist regelmäßig dann nicht entschuldbar, wenn Steuererklärungen wiederholt nicht oder nicht fristgemäß abgegeben oder von der Finanzbehörde antragsgemäß bewilligte Fristverlängerungen nicht eingehalten wurden.[3]

3 "Muss"-Regelung (Abs. 2) und Ausnahmen davon (Abs. 3)

In Fällen, in denen Steuererklärungen, die sich auf ein Kalenderjahr (also u. a. ESt-Erklärungen) oder einen gesetzlich bestimmten Zeitpunkt beziehen, nicht binnen 14 Monaten nach Ablauf des Besteuerungszeitraums oder bei Vorabanforderungen[1] nicht bis zu dem in der Anordnung bestimmten Zeitpunkt abgegeben wurden, ist nach § 152 Abs. 2 AO ein Verspätungszuschlag (ohne Ermessensentscheidung) festzusetzen.

Unerheblich ist, ob ein "Beraterfall"[2] vorliegt oder der Steuerpflichtige seine Steuererklärung selbst erstellt. Ebenso wenig spielt eine Rolle, aus welchen Gründen die Frist versäumt wurde.

Nach § 152 Abs. 3 AO unterbleibt ausnahmsweise trotz Fristüberschreitung die Festsetzung eines Verspätungszuschlags bei

  • Fristverlängerung, auch rückwirkend.
  • Steuerfestsetzung von 0 EUR oder negativer Steuer.
  • "Erstattungsfällen", weil die festgesetzten Vorauszahlungen und Abzugsbeträge die festgesetzte Steuer übersteigen. Aus Vereinfachungsgründen bleibt unberücksichtigt, ob die festgesetzten Vorauszahlunge...

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