BMF, 27.1.2021, III C 4 - S 6405/21/10001 :001
Für Versicherungen im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 5 in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Versicherungsteuerrechts und zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 3. Dezember 2020 (BGBl 2020 I S. 2659) gilt Folgendes:
A. Gesetzliche Regelungen (§ 4 Abs. 1 Nr. 5 i. V. m. Abs. 2 VersStG, § 12 Abs. 3 VersStG, § 1 Abs. 6 VersStDV) – Grundsatz
[1] |
Personenversicherungen, durch die im Fall der Krankheit, der Pflegebedürftigkeit, der Berufs- oder der Erwerbsunfähigkeit oder der verminderten Erwerbsfähigkeit Ansprüche auf Kapital-, Renten- oder sonstige Leistungen begründet werden, sind von der Steuer befreit, sofern diese Ansprüche der Versorgung der natürlichen Person, bei der sich das versicherte Risiko realisiert (Risikoperson), oder der Versorgung von deren nahen Angehörigen im Sinne des § 7 des Pflegezeitgesetzes (PflegeZG) oder von deren Angehörigen im Sinne des § 15 der Abgabenordnung (AO) dienen. |
[2] |
Demgegenüber sind Versicherungen, durch die Ansprüche auf Kapital-, Renten- oder sonstige Leistungen im Fall des Todes, des Erlebens oder des Alters begründet werden, unabhängig davon, wem die Versicherungsleistung zustehen soll, nach wie vor generell versicherungsteuerfrei (§ 4 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe a VersStG). |
B. Anwendungsfragen im Hinblick auf die Neuregelung gegliedert nach Themenbereichen
I. Anwendungszeitpunkt und Definition von „Vertragsschluss” (§ 12 Abs. 3 VersStG)
1. Stichtag
[3] |
§ 4 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe b VersStG findet Anwendung auf Versicherungsverträge, die nach dem 31. Dezember 2021 geschlossen werden. Auf Versicherungsverträge, die vor dem 1. Januar 2022 geschlossen worden sind, ist § 4 Nr. 5 VersStG in der Fassung des Artikels 1 Nr. 4 des Gesetzes vom 5. Dezember 2012 (BGBl 2012 I S. 2431) anzuwenden. |
2. „Vertragsschluss”
[4] |
Als Vertragsschluss i. S. d. § 12 Abs. 3 VersStG gilt jede erstmalige Absicherung eines bestimmten Risikos der Risikoperson durch den Versicherer. |
[5] |
Bei Gruppenversicherungsverträgen gilt im Hinblick auf die Risikoperson als Datum des Vertragsschlusses der Tag, an dem die Risikoperson in den Gruppenversicherungsvertrag aufgenommen worden ist. |
[6] |
Maßgebend ist der zivilrechtliche Vertragsschluss, d.h. der Zeitpunkt des Zustandekommens der Vereinbarung durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen. |
[7] |
Beispiel:Arbeitgeber A betreibt ein Unternehmen zum Bau von Spezialmaschinen. Er beschäftigt vier Spezialkräfte, für die er am 1. Juli 2020 einen Gruppenversicherungsvertrag abgeschlossen hat, mit dem das Risiko der Berufsunfähigkeit der vier Schlüsselkräfte als Gruppenmitglieder abgesichert wird. Den Gruppenmitgliedern (Risikopersonen) wurde kein Bezugsrecht auf die Versicherungsleistung eingeräumt. Vielmehr soll mit der Versicherung der wirtschaftliche Schaden des A ausgeglichen werden, der durch die Berufsunfähigkeit einer Schlüsselkraft entsteht, einschließlich etwaiger Kosten für die Nachbesetzung des Schlüsselkraftpostens. Nach dem in § 12 Abs. 3 VersStG geregelten Stichtag stellt A eine fünfte Spezialkraft ein und vereinbart mit dem Versicherer die Aufnahme dieser Person als weiteres Mitglied in den Gruppenversicherungsvertrag. Ergebnis: Der Anteil des Versicherungsentgelts, der auf die vier bisherigen Risikopersonen entfällt, ist weiterhin von der Steuer befreit, weil die Zahlung des Versicherungsentgelts insoweit auf einem vor dem Stichtag geschlossenen Vertrag beruht, auf den § 4 Nr. 5 VersStG a. F. Anwendung findet. Die Aufnahme der fünften Spezialkraft in den Gruppenversicherungsvertrag stellt hingegen einen (neuen) Vertragsschluss im Sinne des § 12 Abs. 3 VersStG dar, auf den § 4 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe b VersStG anzuwenden ist. Da die Voraussetzungen der Steuerbefreiungsnorm nicht erfüllt sind, weil der Risikoperson die Versicherungsleistung weder unmittelbar noch mittelbar zu Gute kommen soll, ist der Anteil des Versicherungsentgelts, der auf das neue Gruppenmitglied entfällt, steuerpflichtig. Da der Gruppenversicherungsvertrag im Hinblick auf das fünfte Gruppenmitglied versicherungsteuerpflichtig ist, hat A als Versicherungsnehmer dem Versicherer diesen versicherungsteuerrechtlich relevanten Umstand mitzuteilen (§ 4 Nr. 1 VersStDV). Der Versicherer kann beim Versicherungsnehmer die nachzuentrichtende Versicherungsteuer einfordern bzw. im Versicherungsfall die Leistung entsprechend kürzen (§ 9 Abs. 7 VersStG). Siehe zu dieser Thematik auch die Ausführungen unter Punkt III. |
3. Änderung eines vor dem Stichtag geschlossenen Vertrages
[8] |
Änderungen eines Versicherungsvertrages können sich auf unterschiedliche Vertragselemente beziehen:
|
Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?
Jetzt kostenlos 4 Wochen testen