Leitsatz

Wird ein im Ganzen verpachteter Betrieb teilentgeltlich veräußert, setzt sich das Verpächterwahlrecht beim Erwerber fort.

 

Normenkette

§ 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 16 Abs. 2, § 16 Abs. 3 Satz 1, § 6 Abs. 3, § 21 EStG, § 162 AO

 

Sachverhalt

A, die Mutter der Klägerin, war Eigentümerin eines Gebäudes, in dem sich u.a. ein Pensionsbetrieb sowie vermietete Ladenräume und Wohnungen befanden. A führte bis 1970 die Pension selbst. Anschließend verpachtete sie diese an verschiedene Pächter. A erklärte die Einkünfte aus dem Pensionsbetrieb sowie der Vermietung der Ladenräume und Wohnungen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. 1986 übertrug A das Grundstück auf die Klägerin. Dabei erhielt sie unterschiedliche Gegenleistungen, deren Wert indes nicht dem von den Beteiligten angenommenen Wert des übertragenen Grundbesitzes von 2,2 Mio. DM entsprach.

Die Klägerin erklärte zunächst weiterhin Einkünfte aus Gewerbebetrieb und führte die Buchwerte der A fort. Erstmals im Rahmen der ESt-Erklärung 2000, die 2002 beim FA einging, erklärte sie diese Einkünfte als solche aus VuV. Mit Kaufvertrag vom 20.11.2001 veräußerte sie den Grundbesitz zu einem Gesamtkaufpreis von 1.800.000 DM an einen fremden Dritten, wobei der Pensionsbetrieb sofort, die anderen Gebäudeteile im Folgejahr übergingen.

Das FA vertrat die Auffassung, es habe sich bei dem verpachteten Pensionsbetrieb bis 2001 um einen fortgeführten Gewerbebetrieb gehandelt. Es erfasste und verteilte im Wege der Schätzung den Veräußerungsgewinn auf die Streitjahre. Die Klägerin wandte sich gegen die Berücksichtigung eines Veräußerungsgewinns dem Grunde nach. Spätestens die Übertragung des Grundstücks an die Klägerin habe das Verpächterwahlrecht des A beendet. Das FG hat der Klage stattgegeben. Das Verpächterwahlrecht habe A, nicht aber der Klägerin zugestanden (FG München, Urteil vom 28.10.2013, 7 K 2500/10, Haufe-Index 6426707, EFG 2014, 334).

 

Entscheidung

Die Revision des FA war erfolgreich. Der BFH urteilte, die Klägerin habe 1986 einen verpachteten Gewerbebetrieb teilentgeltlich erworben, den sie in den Streitjahren veräußert habe, sodass ein Veräußerungsgewinn dem Grunde nach zu versteuern sei. Da aufgrund der Feststellungen des FG nicht beurteilt werden konnte, in welcher Höhe und in welchem Jahr dieser Gewinn zu erfassen war, wurde die Sache an das FG zurückverwiesen.

 

Hinweis

1. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung hat die Verpachtung eines Betriebs regelmäßig noch nicht dessen Aufgabe und damit auch nicht die Versteuerung der stillen Reserven zur Folge. Die Verpachtung des Gewerbebetriebs ohne Überführung der Wirtschaftsgüter in das Privatvermögen stellt für den Verpächter grundsätzlich die Fortführung des Gewerbebetriebs in anderer Form dar.

Dahinter steht die Überlegung, dass die Verpachtung noch keine endgültige Aufgabe der gewerblichen Tätigkeit ist. Eine Betriebsaufgabe findet nur im Falle einer entsprechenden ausdrücklichen Erklärung statt, die der Steuerpflichtige entweder mit der Verpachtung oder auch zu einem späteren Zeitpunkt abgeben kann. Fehlt eine solche Erklärung, gilt der Betrieb als fortbestehend (vgl. § 16 Abs. 3b EStG).

2. Geht ein bereits verpachteter Betrieb auf einen Rechtsnachfolger über, stellt sich die Frage, ob auch das Verpächterwahlrecht auf diesen übergeht. Die Antwort hängt von der Entgeltlichkeit des Vorgangs ab.

Geht ein verpachteter Betrieb unter Fortbestand des Pachtvertrags unentgeltlich im Wege der Erbfolge oder der Schenkung auf einen Dritten über, so tritt dieser auch hinsichtlich des Wahlrechts, die Betriebsaufgabe zu erklären, in die Rechtsstellung des bisherigen Verpächters ein.

Geht ein verpachteter Betrieb hingegen entgeltlich auf einen Erwerber über, so erlischt das Verpächterwahlrecht. Der Erwerber hat von Beginn an Privatvermögen und erzielt VuV-Einkünfte. Aus Sicht des Veräußerers handelt es sich bei der Veräußerung eines noch nicht aufgegebenen verpachteten Betriebs um eine Betriebsveräußerung i.S.d. § 16 EStG, im Rahmen derer die im Betriebsvermögen enthaltenen stillen Reserven realisiert werden.

3. Wie aber ist die teilentgeltliche Übertragung eines verpachteten Betriebs zu behandeln? Erstaunlicherweise wurde diese Frage bislang höchstrichterlich – soweit erkennbar – noch nicht entschieden.

Nach Auffassung des X. Senats ist die teilentgeltliche Übertragung eines Betriebs in Ansehung des Verpächterwahlrechts der unentgeltlichen Übertragung gleichzustellen. Fortführung und Beendigung des Verpächterwahlrechts folgen danach für den teilentgeltlichen Erwerber des Betriebs denselben Grundsätzen wie für den unentgeltlichen Erwerber.

4. Nur durch die Fortführung des Verpächterwahlrechts auch durch den teilentgeltlichen Erwerber werden die stillen Reserven und deren Versteuerung in systemgerechter Weise dem Veräußerer bzw. Erwerber zugeordnet. Würde – als Kontrollüberlegung – mit dem teilentgeltlichen Erwerb das Verpächterwahlrecht und damit die betriebliche Tätigkeit notwendig enden, gingen alle Wirtschaftsgüter des vormaligen B...

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