Leitsatz

1. Eine Reduzierung des Geschäftsbetriebs auf einen geringfügigen Teil der bisherigen Tätigkeit verbunden mit einer späteren Ausweitung auf eine völlig andersartige, wieder sehr viel umfangreichere Tätigkeit kann einen mit einer Einstellung und Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs i.S.v. § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 a.F. wirtschaftlich vergleichbaren Sachverhalt begründen, der zu einem Verlust der wirtschaftlichen Identität nach § 8 Abs. 4 Satz 1 KStG 1996 a.F. führt.

2. Überwiegend neues Betriebsvermögen i.S.d. § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 a.F. liegt vor, wenn das zugegangene Aktivvermögen das vorher vorhandene Restaktivvermögen übersteigt.

Dies ist anhand einer gegenständlichen Betrachtungsweise zu ermitteln; eine Verrechnung von Zu- und Abgängen zu einem betragsmäßigen Saldo ist nicht vorzunehmen (Bestätigung der Senatsurteile vom 13.08.1997, I R 89/96, BStBl II 1997, 829 und vom 08.08.2001, I R 29/00, BStBl II 2002, 392; Abweichung vom BMF-Schreiben vom 17.06.2002, BStBl I 2002, 629 i.V.m. BMF-Schreiben vom 16.04.1999, BStBl I 1999, 455 Tz. 09).

3. Die Zuführung auch von Umlaufvermögen kann jedenfalls dann zu neuem Betriebsvermögen i.S.d. § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 a.F. führen, wenn sie mit einem Branchenwechsel verbunden ist.

4. § 8 Abs. 4 KStG 1996 a.F. schließt den Verlustabzug vom Zeitpunkt der Anteilsübertragung an aus. Zuvor festgestellte Verlustvorträge sind deshalb nur insoweit für den Verlustabzug heranzuziehen, als dieser vom anteiligen Gesamtbetrag der Einkünfte vorzunehmen ist, der auf den Zeitraum bis zur Anteilsübertragung entfällt (gegen BMF-Schreiben vom 16.04.1999, BStBl I 1999, 455 Tz. 33).

 

Normenkette

§ 8 Abs. 4 KStG 1996 a.F.

 

Sachverhalt

Gegenstand des Unternehmens der Klägerin, einer GmbH, war zunächst die Fertigung von Bodenbelägen, von Fassadenelementen sowie der Handel mit diesen Erzeugnissen. Alleingesellschafterin war die B-GmbH & Co. KG.

Zum 31.12.1995 wies das Anlagevermögen der Klägerin einen Buchwert von ca. 2,6 Mio. DM auf. Das Umlaufvermögen wies einen Buchwert von rd. 1,1 Mio. DM auf. Im Wirtschaftsjahr 1995 betrug die Gesamtleistung der Klägerin 3,4 Mio. DM, wobei sie einen Jahresfehlbetrag von rd. 2,5 Mio. DM erwirtschaftete.

Anfang 1996 übernahm eine weitere GmbH von der Klägerin deren gesamtes Anlagevermögen einschließlich der Betriebs- und Geschäftsausstattung, den Firmenwert, den Kundenstamm und das Know-how, sämtliche Verträge sowie das Vorratsvermögen zu einem Kaufpreis von insgesamt 3,5 Mio. DM. Die Erwerberin führte den bisher von der Klägerin unterhaltenen laufenden Geschäftsbetrieb in den bisherigen Betriebsräumen fort. Vereinbart wurde außerdem, dass die Klägerin für einen Teilbereich der übernommenen Produktion gegen eine Umsatzprovision auch weiterhin den Vertrieb wahrnahm. Eigene Geschäftsräume und weitere Arbeitnehmer hatte die Klägerin nicht mehr.

Im September 1996 veräußerte die B-GmbH & Co. KG ihre Anteile an der Klägerin zu 75 % bzw. 25 % an C und D, die mit einem Anteil von ebenfalls 75 % bzw. 25 % Kommanditisten der E-GmbH & Co. KG waren. Anlagevermögen gab es nicht mehr, nur noch Vorräte mit einem Buchwert von rund 110 000 DM sowie Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände mit einem Buchwert von rd. 3,2 Mio. DM.

Im Oktober 1996 änderte die E-GmbH Firma und Sitz sowie den Unternehmensgegenstand. Die E-GmbH & Co. KG firmierte nunmehr als GbR und verpachtete als Besitzgesellschaft ihren Betrieb an die Klägerin. Lediglich das Vorratsvermögen mit einem Buchwert von ca. 5,8 Mio. DM wurde auf die Klägerin übertragen.

Das FA behandelte den verbleibenden Verlustabzug als nur noch bis zur Höhe des sich aus dem Zwischenabschluss auf den 30.06.1996 ergebenden Gewinns als abzugsfähig. Die hiergegen gerichtete Klage war erfolglos (EFG 2005, 899).

 

Entscheidung

Der BFH hat das FG bestätigt:

Er sah den Tatbestand des § 8 Abs. 4 KStG a.F. teilweise in Gestalt des Regelbeispiels in Satz 2 (Anteilsveräußerung; Zuführung neuen Betriebsvermögens bei Zugrundelegung der gegenständlichen Betrachtungsweise und bezogen auch auf das prägende Umlaufvermögen), teilweise in Gestalt des Grundtatbestands in Satz 1 (die der Einstellung und Wiederaufnahme vergleichbare Fortführung des Geschäftsbetriebs) als gegeben an.

Mit dem danach eingetretenen Verlust der wirtschaftlichen Identität sperre § 8 Abs. 4 KStG a.F. den Abzug des festgestellten Verlusts, und zwar insoweit, als er anteilig auf den Zeitraum bis zur Anteilsübertragung am 5.9.1996 entfalle. Auf die "Vollendung" des Identitätsverlusts mit Zuführung des neuen Betriebsvermögens komme es nicht an.

 

Hinweis

Das Urteil knüpft ohne Wenn und Aber an das Urteil (ebenfalls) vom 05.06.2007, I R 106/05 an, das früher veröffentlichungsreif wurde und Ihnen deswegen bereits im Dezember-Heft der BFH-PR (2007, 460) vorgestellt worden ist.

1. Wegen des strengen Regelungsverständnisses, das der BFH der verlustabzugsvernichtenden Zuführung neuen Betriebsvermögens in § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG unterwirft, hat sich infolgedessen nichts geändert. Es genüg...

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