Die Testierfreiheit gestattet es dem Erblasser prinzipiell, seine gesetzlichen Erben von der Erbfolge auszuschließen. Den nächsten Verwandten wird aber eine Mindestbeteiligung am Wert des Nachlasses durch das Pflichtteilsrecht gesichert. Das Pflichtteilsrecht besteht, wenn eine pflichtteilsberechtigte Person durch Verfügung von Todes wegen (Testament, Erbvertrag) von der Erbfolge ausgeschlossen ist.

Pflichtteilsberechtigt sind gem. § 2303 Abs. 1 Satz 1 BGB zunächst die Abkömmlinge des Erblassers. Gem. § 2303 Abs. 2 Satz 1 BGB steht das Pflichtteilsrecht auch dem Ehegatten des Erblassers und den Eltern des Erblassers zu. Daneben ist der eingetragene Lebenspartner gem. § 10 Abs. 6 LPartG pflichtteilsberechtigt. Das Pflichtteilsrecht der Eltern des Erblassers ist allerdings ein eingeschränktes, denn es kommt nur zum Tragen, wenn kein Abkömmling vorhanden ist, der Erbe oder Pflichtteilsberechtigter[1] ist.[2] Die Eltern sind damit nicht pflichtteilsberechtigt, wenn der Erblasser über Abkömmlinge verfügt, also aus Sicht der Eltern Enkel oder Großenkel, die vom Erblasser abstammen, vorhanden sind.

Das Pflichtteilsrecht führt zu einem Geldanspruch gegen den Erben bzw. die Miterben, der nach § 2317 Abs. 1 BGB mit dem Erbfall entsteht und eine Nachlassverbindlichkeit nach § 1967 Abs. 2 BGB darstellt. Das Pflichtteilsrecht gewährt anders als das Erbrecht keine dingliche Beteiligung am Nachlass, sondern nur einen obligatorischen (schuldrechtlichen) Anspruch. Der volle Pflichtteilsanspruch beläuft sich nach § 2303 Abs. 1 Satz 2 BGB auf den halben Wert des gesetzlichen Erbteils.

Muss ein Alleinerbe oder eine Erbengemeinschaft Pflichtteilsschulden i. S. d. § 2303 BGB begleichen, gilt das sinngemäß, was hinsichtlich des Vermächtnisses ausgeführt ist. Der Pflichtteilsberechtigte wird nicht Mitunternehmer bzw. Miteigentümer des geerbten Betriebs. Er hat lediglich einen schuldrechtlichen Geldanspruch gegen den oder die Erben. Die Erfüllung dieser Verbindlichkeit führt weder beim Erben zu Anschaffungskosten für den im Erbwege erlangten Betrieb noch beim Pflichtteilsberechtigten zu einem Veräußerungserlös[3], der Erbe muss nach § 6 Abs. 3 Satz 3 EStG die Buchwerte des Erblassers fortführen.[4]

 
Praxis-Beispiel

Buchwerte fortführen

Erblasser V hinterlässt ein gewerbliches Einzelunternehmen (Buchwert 300.000 EUR, Verkehrswert: 1 Mio. EUR). Bei gesetzlicher Erbfolge hätten ihn seine Ehefrau M und sein Sohn S zu je ½ beerbt. V hat jedoch durch Testament seine Ehefrau zur Alleinerbin eingesetzt. S verlangt seinen Pflichtteil von 250.000 EUR.

M ist Alleinerbin des Einzelunternehmens geworden und muss das Kapitalkonto des V fortführen. Obwohl sie ihrem Sohn 250.000 EUR auszahlen muss, erwirbt sie das Einzelunternehmen nicht zu ¼ entgeltlich. Bei der Pflichtteilsschuld handelt es sich um eine private Erbfallschuld. S erzielt keinen Veräußerungsgewinn.

Das Entgelt für den Verzicht auf den Pflichtteil unterliegt nicht der Besteuerung, da es sich bei der Regulierung der Vermögensnachfolge um einen erbrechtlich, bürgerlich-rechtlich und steuerrechtlich unentgeltlichen Vorgang handelt. Anders verhält es sich aber bei den Zinsen, die für die Stundung der Ausgleichsforderung aus dem Pflichtteilsverzicht gezahlt werden. Diese sind nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG als Einnahmen aus Kapitalvermögen steuerpflichtig.[5]  Im Urteilsfall hatten sich Eheleute wechselseitig zu Erben eingesetzt und mit ihren 4 Kindern einen Pflichtteilsverzichtsvertrag gegen Barabfindung geschlossen, der nebst 5 % Zinsen erst nach dem Ableben des letztversterbenden Elternteils ausgezahlt werden sollte. Rund 20 Jahre später erfolgte jedoch die Auszahlung plus Zinsen vorzeitig. Die für die abgelaufenen Jahre entstandenen Zinsen sind als Kapitaleinkünfte steuerbar.

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