Leitsatz

1. Die für eine Verjährungsunterbrechung nach § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 AO erforderliche Außenwirkung liegt auch dann vor, wenn die Finanzbehörde durch eine BZSt-Online-Anfrage direkt auf die IdNr.-Datenbank zugreift.

2. Zuständigkeitsmängel hindern die Unterbrechungswirkung einer Ermittlungsmaßnahme nicht. Ob die Finanzbehörde, welche die Maßnahme durchgeführt hat, örtlich zuständig war, hat keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Maßnahme in Bezug auf die Verjährungsunterbrechung.

 

Normenkette

§ 228, § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 AO

 

Sachverhalt

In dem Verfahren war streitig, ob rückständige Steuern und Nebenleistungen durch Zahlungsverjährung erloschen waren oder ob die Verjährungsfrist durch eine Online-Wohnsitzanfrage beim BZSt unterbrochen war.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren wies das FG die Klage gegen den hierzu erlassenen Abrechnungsbescheid ab (FG München, Urteil vom 3.4.2019, 1 K 2830/17, Haufe-Index 13475473, EFG 2019, 1808).

 

Entscheidung

Die Revision des Klägers hatte aus den unter den Praxis-Hinweisen dargestellten Gründen keinen Erfolg.

 

Hinweis

1. In der Vergangenheit hat der Senat bereits zur Verjährungsunterbrechung gemäß § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 AO im Fall der Durchführung einer EMA-Anfrage entschieden (BFH, Beschluss vom 17.9.2014, VII R 8/13, BFH/NV 2015, 4, Haufe-Index 7435371). In diesen Fällen war insbesondere die erforderliche Außenwirkung kritisch, da das FA direkt auf eine Meldedatenbank zugegriffen hatte. Nach Auffassung des BFH reicht dies zumindest dann für die erforderliche Außenwirkung aus, wenn die Datenbank allein von den städtischen Meldebehörden betrieben wird und die Finanzbehörde die tatsächliche Durchführung der EMA-Online-Anfrage nachweisen kann.

Ob Entsprechendes auch für den Zugriff auf eine Datenbank des Bundeszentralamts für Steuern (§ 139b Abs. 3 AO) bzw. auf eine andere (zumindest auch) von den Finanzbehörden auf Grundlage des automatisierten Datenabgleichs nach § 139b Abs. 6 bis 8 AO geführte Datenbank gilt, hatte der BFH bislang offengelassen.

2. Im Streitfall wendete der BFH seine Rechtsprechung auf eine konkrete Online-Anfrage in der IdNr.-Datenbank des BZSt an. Diese Datenbank wird vom BZSt geführt und grundsätzlich von den Meldebehörden gespeist (vgl. § 139b AO; vgl. auch die Hinweise für Meldebehörden zur Nutzung der Meldedaten in diversen steuerlichen Verfahren, Unterpunkt "Aufbau der Datenbank", abzurufen unter www.bzst.de).

Da in der BZSt-Datenbank weitgehend nur die Meldedaten der Meldebehörden gespiegelt werden, sah der BFH keinen für die Unterbrechung der Zahlungsverjährung maßgeblichen Unterschied darin, ob die Finanzbehörde Informationen über die Anschrift des Schuldners bei einer Meldebehörde oder dem BZSt erhebt. Beide Stellen sind aus verwaltungsorganisatorischer Sicht Dritte. Bei dem zur Bundesfinanzverwaltung gehörenden BZSt (Bundesoberbehörde gemäß § 1 Nr. 2 FVG) handelt es sich um eine vom einzelnen FA (Landesfinanzbehörde gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 FVG) verschiedene Behörde, auch wenn jeweils Finanzbehörden i.S.v. § 6 Abs. 2 AO vorliegen. An diese Verschiedenheit der Behörden hat der BFH die erforderliche Außenwirkung geknüpft.

3. Zuständigkeitsmängel hindern die Unterbrechung gemäß § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 AO nicht. Ob die Finanzbehörde, die die Maßnahme durchgeführt hat, örtlich zuständig war, hat keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Maßnahme in Bezug auf die Verjährungsunterbrechung. Das ergibt auch Sinn, denn gerade bei unbekanntem Wohnsitz oder Aufenthalt ist es nicht möglich, das zuständige FA vorab zu ermitteln.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 21.12.2021 – VII R 21/19

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