Leitsatz

Für die Aufteilung der in die Selbstkosten einzustellenden Aufwendungen bei der unentgeltlichen Wertabgabe ist entgegen anderer Finanzgerichtsrechtsprechung die Marktwertmethode anzuwenden.

 

Sachverhalt

Zwischen den Beteiligten ist strittig, in welcher Höhe die Bemessungsgrundlage einer unentgeltlichen Abgabe von Wärme aus einer Biogasanlage anzusetzen ist und ob der Vorsteuerabzug aus Gutschriften über Maislieferungen und anschließender Rücklieferung der Gärreste zu gewähren ist. Die nachfolgenden Ausführungen konzentrieren sich auf die Thematik der Bemessungsgrundlage der unentgeltlichen Wertabgabe.

Der Kläger betreibt seit dem Jahr 2005 eine Biogasanlage, die bis zum Jahr 2011 um ein Gärrestendlager, ein weiteres Blockheizkraftwerk (BHKW), ein Fahrsilo und ein Satelliten-BHKW auf dem Hof des Nachbarn erweitert wurde. Den erzeugten Strom veräußerte er in den Jahren 2009 bis 2011 an einen örtlichen Energieversorger. Die vom BHKW in dieser Zeit erzeugte Wärme verwendete er zum einen für private Zwecke, nämlich für das Beheizen des privaten Wohnhauses und des ebenfalls privat genutzten sogenannten Altenteilerhauses, und zum anderen für die an den Betriebsleiter vermietete Wohnung. Darüber hinaus wurde Wärme an eine Gesellschaft (KG) zur Getreidetrocknung veräußert, an der er auch beteiligt war. Ab November 2011 wurde Wärme auch an den Nachbarhof verkauft. Das Finanzamt vertrat nach einer Außenprüfung die Auffassung, dass die Höhe der Umsatzsteuer für die unentgeltlichen Wertabgaben sowie den Verkauf der Wärme an die KG (Mindestbemessungsgrundlage) nicht zutreffend ermittelt worden sei. Im Klageverfahren stellte sich dann insbesondere die Frage, ob die Selbstkosten im Verhältnis der Marktpreise von Wärme und Strom aufzuteilen sind (sog. Marktwertmethode) oder im Verhältnis der produzierten Gesamtenergie in kWh (Strom und Wärme), also nach der sog. energetischen Aufteilungsmethode, die gemäß den Berechnungen des Finanzamtes zu einem deutlich höheren Wertansatz geführt hatte.

 

Entscheidung

Die Klage hatte überwiegend Erfolg. Das Finanzgericht hat zunächst bestätigt, dass für den Ansatz der unentgeltlichen Wertabgabe die Selbstkosten zugrunde zu legen sind, da sich ein Einkaufspreis nicht ermitteln ließ, schließlich war der Betrieb des Klägers nicht an ein Fernwärmenetz angeschlossen. Da sich die beiden Erzeugnisse Wärme und Strom hinsichtlich ihrer Nutzbarkeit und Verwertbarkeit deutlich unterscheiden, kommt eine Ermittlung/Aufteilung der Selbstkosten trotz der gleichen Bemessung in kWh nach dem Verhältnis der insgesamt erzeugten kWh nicht in Betracht. Im Rahmen der exakten Berechnung der Aufteilungsquote ist der Marktwert so zu ermitteln, wie er sich aus einer aktuellen Studie (Preise für die Abgabe von Wärme aus Biogasanlagen an Dritte, Agrar-Betrieb 2018, S. 12-15) ergeben hat. Danach ist ein bundesweit durchschnittlicher Arbeitspreis von Wärme aus Biogasanlagen als Mittelwert von 2,93 Cent/kWh ermittelt worden, der im Wege der Rundung mit 3 Cent/kWh zugrunde gelegt wird. Nicht sachgerecht sind insoweit die vom Finanzamt ermittelten "Marktpreise" von Fernwärme nach den Veröffentlichungen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (sog. Energiedaten), da diese nicht nur die Preise für Fernwärme aus Biogasanlagen, sondern z. B. auch Fernwärmelieferungen aus Kohle- und Gaskraftwerken umfassen.

 

Hinweis

Die Darstellung der gesamten Feinheiten des Streitfalles würde den Rahmen sprengen. Nur so viel: Das FG Münster hat den Rechtsauffassungen des FG Niedersachsen (FG Niedersachsen, Urteil vom 12.7.2018, 11 K 276/17) und des FG Baden-Württemberg (FG Baden-Württemberg, Urteil v. 9.2.2017, 1 K 755/16) widersprochen. Die beiden letztgenannten Gerichte hatten die Auffassung vertreten, dass eine Aufteilung der Selbstkosten für mehrere Gegenstände, wie hier Strom und Wärme, nach der energetischen Aufteilungsmethode zu erfolgen habe, also nach den insgesamt produzierten kWh. Das FG Münster hat jedoch deutlich herausgearbeitet, dass auch für die Bemessung der unentgeltlichen Wertabgabe die Grundsätze des BFH zur Vorsteueraufteilung nach § 15 Abs. 4 UStG (vgl. BFH, Urteil v. 16.11.2016, V R 1/15), also eine Aufteilung nach der Marktwertmethode, anzuwenden sind. Deshalb ist dieses FG-Urteil insbesondere für die Abwehrberatung von besonderer Bedeutung und sollte bereits während laufender Betriebsprüfungen geltend gemacht werden.

Der BFH hat nun im Revisionsverfahren darüber zu entscheiden, ob die Bemessungsgrundlage für die Abgabe von Wärme aus einer Biogasanlage tatsächlich nach der Marktwertmethode zu ermitteln ist oder ob die Selbstkosten im Verhältnis der erzeugten Mengen an elektrischer und thermischer Energien in der einheitlichen Messgröße kWh aufzuteilen sind (sogenannte energetische Aufteilungsmethode). In diesem Zusammenhang ist zu entscheiden, wie der Begriff der Selbstkosten auszulegen ist und ob die Auslegung Aufschluss darüber gibt, nach welcher Methode eine Aufteilung der Selbstkosten bei der Herstellung...

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