BMF, 18.12.2019, III C 2 - S 7243/19/10001 :002

 

I.

Seit dem 1. Juli 2015 sind Saunaleistungen mit dem Regelsteuersatz zu besteuern (BMF-Schreiben vom 28. Oktober 2014, BStBl 2014 I S. 1439), während die unmittelbar mit dem Betrieb eines Schwimmbads verbundenen Umsätze nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG ermäßigt zu besteuern sind.

Werden in einem Schwimmbad oder einer ähnlichen Einrichtung neben der Gelegenheit zum Schwimmen weitere Leistungen (wie z. B. Nutzung von Sauna, Solarium oder Geräten zur Steigerung der Fitness) angeboten, gelten für die Aufteilung eines einheitlichen Gesamtentgelts auf die dem ermäßigten Steuersatz bzw. dem Regelsteuersatz unterliegenden Leistungen folgende Grundsätze:

 

1. Schwimmbad im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG

Nach Abschnitt 12.11 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 UStAE muss ein Schwimmbad im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG dazu bestimmt und geeignet sein, eine Gelegenheit zum Schwimmen zu bieten. Dies setzt voraus, dass insbesondere die Wassertiefe und die Größe des Beckens das Schwimmen oder andere sportliche Betätigungen ermöglichen (vgl. BFH-Urteil vom 28. August 2014, V R 24/13, BStBl 2015 II S. 194). Die sportliche Betätigung muss nicht auf einem bestimmten Niveau oder in einer bestimmten Art und Weise, etwa regelmäßig oder organisiert oder im Hinblick auf die Teilnahme an sportlichen Wettkämpfen, ausgeübt werden.

Erfasst werden sowohl Hallen- als auch Freibäder. Es ist unerheblich, ob es sich um Freibäder an natürlichen Gewässern oder um solche mit künstlichem Wasserbecken handelt. Auch der konzessionierte Seebadestrand einer Kurverwaltung kann sich als Betrieb eines Schwimmbads darstellen (FG Schleswig-Holstein vom 19. Dezember 1984, IV 61/83, rkr., EFG 1985, 419). Hauptbestandteil einer derartigen Anlage sind Bereiche zum Baden, Schwimmen, Schwimmsport sowie für andere Wassersportarten wie Wasserball, Springen und Tauchen. Darüber hinaus können zusätzlich weitere Möglichkeiten für sportliche Betätigungen wie z. B. Tischtennisplatten, Fußballwiese, Beachvolleyballfeld angeboten werden, ohne den Charakter eines begünstigungsfähigen „Schwimmbads” zu beeinträchtigen.

 

2. Leistungsumfang und Bemessungsgrundlage

Ob es sich bei den neben der Gelegenheit zum Schwimmen angebotenen weiteren Leistungen (wie z. B. Nutzung von Sauna, Solarium oder Geräten zur Steigerung der Fitness) um selbständige, getrennt zu beurteilende Leistungen oder – zusammen mit der Schwimmbadnutzung – um eine einheitliche Leistung handelt, ist nach den allgemeinen Regelungen zur Einheitlichkeit der Leistung (vgl. Abschnitt 3.10 Abs. 2 und Abs. 3 UStAE) zu beurteilen. Danach ist das Wesen des fraglichen Umsatzes zu ermitteln, um festzustellen, ob der Unternehmer dem Abnehmer gegenüber mehrere selbständige Hauptleistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt. Nach der Rechtsprechung ist dabei auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen. Entscheidend ist der wirtschaftliche Gehalt der erbrachten Leistungen. In der Regel ist jede Leistung als selbständige Leistung zu betrachten. Zur Abgrenzung gelten folgende Grundsätze:

a) Einheitliche Leistung

Eine einheitliche, nicht aufteilbare Leistung ist anzunehmen, wenn deren einzelne Faktoren so ineinandergreifen, dass sie bei natürlicher Betrachtung hinter dem Ganzen zurücktreten. Eine Leistung ist als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen (EuGH-Urteil vom 22. Oktober 1998, C-308/96 und C-94/97, Madgett und Baldwin). Besteht der wirtschaftliche Gehalt der Leistungen z. B. in der Bereitstellung der Nutzung sämtlicher Leistungen eines Sport- und Freizeitzentrums, so erwirbt der Leistungsempfänger das Recht, dieses Angebot in seiner Gesamtheit in Anspruch zu nehmen. Dabei ist unerheblich, ob und in welchem Umfang der Leistungsempfänger die ihm zur Verfügung gestellten Einrichtungen und Leistungen auch tatsächlich in Anspruch nimmt. In diesem Fall liegt eine einheitliche Leistung vor, die durch die Möglichkeit, alle Einrichtungen zu nutzen, geprägt wird (BFH-Urteil vom 8. September 1994, V R 88/92, BStBl 1994 II S. 959, Rn. 16). Mit einer solchen Leistung wendet der Betreiber dem Empfänger das Recht zu, die Einrichtungen und die damit verbundenen Nutzungsmöglichkeiten in der Gesamtheit in Anspruch zu nehmen. Die insoweit einheitliche Leistung überschreitet den in § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG gesetzten Rahmen (BFH-Urteil vom 28. Januar 1999 – V R 88/98, Rn. 12) In diesem Fall ist das gesamte Nutzungsentgelt mit dem Regelsteuersatz zu versteuern.

Beispiel 1:

Ein Schwimmbad verkauft ausschließlich Eintrittsberechtigungen, die den Kunden den freien Zutritt zum gesamten Schwimmbad- und Saunabereich erlauben (23 EUR).

Lösung:

In diesem Fall erwirbt der Leistungsempfänger das Recht, sämtliche Leistungsangebote der Schwimmbad- und Saunaeinrichtung als Ganzes zu nutzen. Nach den vorgenannten Grundsätzen l...

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