OFD Erfurt, 23.5.2000, S 7170 A - 11 - St 341

Mit Beschlüssen vom 29.10.1999, 2 BvR 1264/90, BStBl 2000 II S. 155 und vom 10.11.1999, 2 BvR 1820/92, BStBl 2000 II S. 158 hat das BVerfG auf die Verfassungsbeschwerde eines Heileurythmisten und eines medizinischen Fußpflegers entschieden, dass es gegen das Gleichbehandlungsgebot Art. 3 Abs. 1 GG) verstößt, eine ähnliche heilberufliche Tätigkeit i.S.d. § 4 Nr. 14 UStG nur anzunehmen, wenn berufsrechtliche Regelungen existieren.

Die berufsrechtliche Regelung sei kein eigenständiger Differenzierungsgrund, von dessen Vorliegen die Ähnlichkeit mit einer heilberuflichen Tätigkeit i.S.d. § 4 Nr. 14 UStG allein abhängig gemacht werden könnte. Das Fehlen einer berufsrechtlichen Regelung sei für sich genommen noch nicht ausreichend, eine Ähnlichkeit mit einem in § 4 Nr. 14 UStG genannten Beruf zu verneinen und die Berufstätigkeit von der Umsatzsteuerbefreiung auszunehmen. Da Zweck der Befreiungsvorschrift die Entlastung der Sozialversicherungsträger sei, sei die Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 14 UStG nicht zu versagen, wenn die Leistungen in der Regel von den Sozialversicherungsträgern finanziert werden.

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder gilt in Ergänzung der Regelungen inAbschn. 90 UStR 2000 unter Berücksichtigung der o.g. Beschlüsse des BVerfG (und) Folgendes:

Die Umsätze aus der Tätigkeit der in § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG nicht ausdrücklich genannten Heil- und Heilhilfsberufe können nur dann unter die Steuerbefreiung fallen, wenn es sich um eine einem Katalogberuf ähnliche Tätigkeit handelt.

Ein Beruf ist gem.Abschn. 90 Abs. 2 UStR 2000 einem der im Gesetz genannten Katalogberufe ähnlich, wenn das typische Bild des Katalogberufes mit seinen wesentlichen Merkmalen dem Gesamtbild des zu beurteilenden Berufes vergleichbar ist.

Zu den wesentlichen Merkmalen gehören:

  • die Vergleichbarkeit der ausgeübten Tätigkeit,
  • die Vergleichbarkeit der Ausbildung,
  • die Vergleichbarkeit der berufsrechtlichen Regelung über Ausbildung, Prüfung, staatliche Anerkennung sowie der staatlichen Erlaubnis und Überwachung der Berufsausübung.

Ausreichendes Indiz für das Vorliegen einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit ist die Zulassung des jeweiligen Unternehmers bzw. die regelmäßige Zulassung seiner Berufsgruppe gem. § 124 Abs. 2 SGB V durch die zuständigen Stellen der gesetzlichen Krankenkassen.

Die Verfügungen OFD Erfurt vom 16.3.1993 und 27.6.1995, S 7170 A – 01 – St 34 (Anm. d. Red.: entspricht FinMin Thüringen vom 16.6.1995, S 7170 A – 1 – 202), vom 16.6.1997, S 7170 A – 02 – St 342, vom 27.7.1997 und vom 20.8.1997, S 7170 A – 08 – St 342 hebe ich hiermit auf.

Die Leistungen der Heilpädagogen (Verfügung OFD Erfurt vom 27.1.1998, S 7170 A – 08 – St 34 [Anm. d. Red.: entspricht BMF-Schreiben vom 30.10.1997]) sind auch weiterhin nicht von der Umsatzsteuer befreit, da es an einer heilberuflichen Tätigkeit fehlt.

Mit Beschluß vom 10.11.1999, 2 BvR 2861/93, BStBl 2000 II S. 160 hat das BVerfG auf die Verfassungsbeschwerde eines Krankenhauses in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG entschieden, das Gleichbehandlungsgebot Art. 3 Abs. 1 GG) verbiete eine allein nach der Rechtsform eines Unternehmers unterscheidende Umsatzsteuerbefreiung.

Die Rechtsform, in der eine Leistung von einem Unternehmer erbracht wird, sei kein hinreichender Differenzierungsgrund für eine Umsatzsteuerbefreiung. So könne auch ein in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG betriebenes Unternehmen bei Vorliegen der Voraussetzungen die Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 14 UStG in Anspruch nehmen.

Abschn. 88 Abs. 1 Satz 4 UStR 2000 ist insoweit nicht mehr anzuwenden. Abweichend vonAbschn. 93 UStR 2000 ist es nicht erforderlich, dass alle Gesellschafter bzw. Anteilseigner die erforderliche berufliche Qualifikation aufweisen. Auf der Verfügung OFD Erfurt vom 7.4.1995, S 7170 A – 06 – St 34 (Anm. d. Red.: entspricht OFD Magdeburg vom 8.3.1995, S 7170 – 12 – St 242) bitte ich einen entsprechenden Hinweis anzubringen.

Die oben genannten Grundsätze sind in allen noch offenen Fällen anzuwenden.

 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 14

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