BMF, 16.12.2016, III C 2 - S 7107/16/10001

Anwendungsfragen des § 2b UStG

Bezug: BMF-Schreiben vom 19.4.2016, BStBl 2016 I S. 481

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Durch Artikel 12 des Steueränderungsgesetzes 2015 vom 2.11.2015 (BGBl 2015 I S. 1834, BStBl 2015 S. 846) wurden die Regelungen zur Unternehmereigenschaft von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPöR) neu gefasst. § 2 Absatz 3 UStG wurde aufgehoben und § 2b neu in das Umsatzsteuergesetz eingefügt. Die Änderungen treten am 1.1.2017 in Kraft. Die Neuregelung wird von einer Übergangsregelung in § 27 Absatz 22 UStG begleitet, auf deren Grundlage eine jPöR dem Finanzamt gegenüber erklären kann, das bisher geltende Recht für sämtliche vor dem 1.1.2021 ausgeführte Leistungen weiterhin anzuwenden.

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Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die Anwendung von § 2b UStG Folgendes:

 

I. § 2b Absatz 1 Satz 1 UStG

 

1. Juristische Personen des öffentlichen Rechts

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JPöR im Sinne von § 2b Absatz 1 UStG sind insbesondere die Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände, Zweckverbände), die öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften, die Innungen, Handwerkskammern, Industrie- und Handelskammern, die staatlichen Hochschulen und sonstige Gebilde, die auf Grund öffentlichen Rechts eigene Rechtspersönlichkeit besitzen. Dazu gehören neben Körperschaften auch Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, z.B. Rundfunkanstalten des öffentlichen Rechts und Universitätsklinika in der Rechtsform von Anstalten des öffentlichen Rechts. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen kirchliche Ordensgemeinschaften jPöR sind, vgl. das BFH-Urteil vom 8.7.1971, V R 1/68, BStBl 1972 II S. 70. Auf ausländische jPöR ist die Vorschrift des § 2b UStG analog anzuwenden. Ob eine solche Einrichtung eine jPöR ist, ist grundsätzlich nach deutschem Recht zu beurteilen. Das schließt jedoch nicht aus, dass für die Bestimmung öffentlich-rechtlicher Begriffe die ausländischen Rechtssätze mit herangezogen werden.

 

2. Unternehmereigenschaft der juristischen Person des öffentlichen Rechts

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Für die Beurteilung der Unternehmereigenschaft von jPöR sind die allgemeinen Regelungen des § 2 Absatz 1 UStG maßgeblich. Danach sind jPöR grundsätzlich als Unternehmer anzusehen, wenn sie selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen (wirtschaftliche Tätigkeit) ausüben. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, welcher Art die entsprechenden Einnahmen sind. Auch Leistungen, für die als Gegenleistung Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erhoben werden, können wirtschaftliche Tätigkeiten im Sinne des § 2 Absatz 1 UStG sein.

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Sind jPöR wirtschaftlich im Sinne von § 2 Absatz 1 UStG tätig, gelten sie jedoch gleichwohl nicht als Unternehmer, soweit sie Tätigkeiten ausüben, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen (§ 2b Absatz 1 Satz 1 UStG). Dies gilt nicht, sofern eine Behandlung der jPöR als Nichtunternehmer im Hinblick auf diese Tätigkeiten zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde (§ 2b Absatz 1 Satz 2 UStG).

 

3. Tätigkeiten im Rahmen der öffentlichen Gewalt

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Als Tätigkeiten, die einer jPöR im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, kommen nur solche in Betracht, bei denen die jPöR auf Grundlage einer öffentlich-rechtlichen Sonderregelung tätig wird. Die öffentlich-rechtliche Sonderregelung kann sich dabei aus einem Gesetz, einer Rechtsverordnung, einer Satzung, aus Staatsverträgen, verfassungsrechtlichen Verträgen, Verwaltungsabkommen, Verwaltungsvereinbarungen, öffentlich-rechtlichen Verträgen sowie aus der kirchenrechtlichen Rechtsetzung ergeben. Erbringt eine jPöR in Umsetzung einer öffentlich-rechtlichen Sonderregelung Leistungen in privatrechtlicher Handlungsform und damit unter den gleichen rechtlichen Bedingungen wie private Wirtschaftsteilnehmer, werden diese Tätigkeiten gleichwohl nicht von § 2b UStG erfasst.

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Beispiele:

  • Eine Gemeinde betreibt ein Freibad zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe der Daseinsvorsorge. Die Benutzung des Freibades durch die Badegäste erfolgt auf privatrechtlicher Grundlage; daher ist die Tätigkeit der Gemeinde umsatzsteuerbar.
  • Die Hochschule A überlässt der Hochschule B (jeweils selbständige jPöR) Messzeiten an einem innovativen Großgerät gegen Zahlung einer Kostenersatzpauschale. Die Kooperation erfolgt auf Grundlage einer im Hochschulgesetz des Landes vorgesehenen öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvereinbarung und deshalb im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Sonderregelung. Schließen die Beteiligten hingegen einen privatrechtlichen Vertrag über die Nutzung des Großgeräts, liegt keine Tätigkeit im Rahmen der öffentlichen Gewalt vor.

a) Öffentlich-rechtliche Satzungen

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Öffentlich-rechtliche Satzungen werden von jPöR zur Regelung ihrer eigenen Angelegenheiten erlassen (z.B. Gemeindesatzungen, Satzungen von berufsständischen Organisationen, Sozialversicherungsträgern, Hochschulen, Zweckverbänden, Anstalten des öffentlichen Rechts oder Stiftungen des öffentlichen Re...

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