Kommentar

Auch ein Freiberufler – hier ein Ingenieur mit Spezialwissen auf dem Gebiet der Sphärogußtechnik – kann grundsätzlich seinen Betrieb im ganzen veräußern oder aufgeben und dafür die Tarifvergünstigungen des § 18 Abs. 3 EStG , § 16 Abs. 1 , 3 und 4 EStG , § 34 Abs. 1 EStG in Anspruch nehmen ( Veräußerungsgewinn ).

An einer Betriebsveräußerung oder -aufgabe fehlt es jedoch, wenn der Ingenieur einem Eisen- und Stahlwerk, für das er bereits laufend beratend tätig war, 1984 „seine gesamten Erfahrungen und sein Wissen, um einen Sphärogußbetrieb aufzubauen”, gegen eine Einmalvergütung von 270.000 DM zur Verfügung stellt . Die Vergütung ist vielmehr laufende Betriebseinnahme.

Unerheblich ist, daß der Ingenieur durch die Prognose, er sei unheilbar krank, zu der Übertragung veranlaßt wird.

Es ist jedoch zu prüfen, ob die Einmalvergütung, die mit 3 Schecks bezahlt wurde, bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG schon 1984 insgesamt zugeflossen ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 26.04.1995, XI R 86/94

Anmerkung:

Das Finanzgericht hatte darauf abgestellt, daß Wissen und Erfahrungen eines Freiberuflers „höchstpersönlich” seien und deswegen nicht übertragen werden könnten. Wenn aber, wie der BFH zu Recht unterstellt, auch ein Freiberufler – insbesondere ein Ingenieur – ein veräußerbares Know-how bilden kann, ist die Erwägung des Finanzgerichts hinfällig. Die Folgerung des BFH, eine Übertragung eines technischen Know-how sei wegen der besonderen Umstände des Streitfalls (fehlende schriftliche Fixierung, kein Konkurrenzverbot) nicht anzunehmen, überzeugt indessen ebenfalls nicht. Der Steuerpflichtige erhielt immerhin eine hohe Einmalvergütung von 270.000 DM anstelle der bisherigen laufenden Vergütung von jährlich 8.000 DM . Man hätte gewünscht, daß der BFH dem Finanzgericht aufgegeben hätte, den Sachverhalt näher aufzuklären. Der BFH lehnt es zwar zu Recht ab, den dem Steuerpflichtigen prognostizierten nahen Tod zu berücksichtigen. Er hätte jedoch in Rechnung stellen müssen, daß Know-how regelmäßig durch mündliche Mitteilung übertragen und das Konkurrenzproblem durch einen Wissensvorsprung ausgeglichen wird.

Betriebsaufgabe

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