Leitsatz

Übernimmt das Finanzamt bei der Bearbeitung einer Einkommensteuererklärung falsch übermittelte Lohndaten des Arbeitgebers, obwohl der Steuerbürger seinen Lohn korrekt erklärt hat, darf der Steuerbescheid nach Ansicht des Niedersächsischen FG später nicht im Wege des § 129 AO geändert werden.

 

Sachverhalt

Die klagenden Eheleute übermittelten ihre Einkommensteuererklärung 2012 via Elster (ohne Authentifizierung) und reichten den unterschriebenen Papierausdruck beim Finanzamt nach. Auf der Anlage N des Ehemannes hatten sie (zutreffend) einen Bruttoarbeitslohn von 41.046 EUR und einbehaltene Lohnsteuer von 4.605 EUR erklärt. Der Arbeitgeber des Ehemannes hatte dem Finanzamt allerdings im Verfahren Elster Lohn I falsche Daten zur elektronischen Lohnsteuerbescheinigung übermittelt (Bruttoarbeitslohn von 27.364 EUR und Lohnsteuer von 3.070 EUR). Das Finanzamt berücksichtigte im Rahmen der Veranlagung zunächst die falschen Lohndaten des Arbeitgebers; 2 Monate später erkannte es aber seinen Fehler und änderte den Steuerbescheid nach § 129 AO. Durch den nachträglichen Ansatz des höheren Arbeitslohns ergab sich eine Steuernachzahlung.

 

Entscheidung

Das Niedersächsische FG kam im Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung zu dem Ergebnis, dass der Bescheid nicht im Wege des § 129 AO geändert werden durfte. Nach dieser Änderungsvorschrift können die Finanzbehörden Schreib- und Rechenfehler, sowie ähnliche offenbare Unrichtigkeit jederzeit berichtigen, wenn der Fehler in ihrer Sphäre entstanden ist. Die Übernahme fehlerhaft übertragener Lohnsteuerdaten wertete das FG jedoch weder als Schreib- oder Rechenfehler, noch als ähnliche offenbare Unrichtigkeit.

Vorliegend hatten die Eheleute ihre Daten korrekt in der Steuererklärung angegeben. Im Zuge der Veranlagung hatte der Bearbeiter die elektronisch übermittelten Erklärungsdaten abgerufen, wobei das Programm der Finanzbehörde im Rahmen einer maschinellen Probeberechnung die übermittelten Daten des Arbeitgebers mit den übermittelten Daten des Steuerbürgers abgleicht. Sofern es dabei - wie vorliegend - zu Abweichungen kommt, wird dem Bearbeiter folgender Bearbeitungshinweis ausgegeben: "Bei [dem Steuerpflichtigen] weichen die Daten der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung von den erklärten Werten ab [...]. Bitte prüfen". Der Sachbearbeiter wurde also deutlich auf die vorliegende Divergenz zwischen den übermittelten Lohndaten hingewiesen, was nach Auffassung des FG ein Grund hätte sein müssen, die fehlende Stimmigkeit der Daten zu überprüfen.

 

Hinweis

Die Entscheidung steht im Widerspruch zum Urteil des FG Münster v. 24.2.2011, 11 K 4239/07 E, wonach eine Bescheidänderung in einem solchen Fall im Wege des § 129 AO möglich ist. Das FG Niedersachen hat die Revision zugelassen, sodass das letzte Wort nun beim BFH liegen wird.

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Beschluss vom 28.07.2014, 3 V 226/14

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