Leitsatz

Führt ein Unternehmer Bauleistungen an einen Unternehmer aus, der selber solche Leistungen ausführt, geht die Steuerschuld nach § 13b UStG auf den Leistungsempfänger über. Entgegen den Verwaltungsanweisungen soll dies auch bei nur gelegentlichen Bauleistungen des Leistungsempfängers gelten.

 

Sachverhalt

Die Klägerin bezog Bauleistungen von einem Unternehmer und unterwarf diese Leistungen bei sich der Besteuerung nach § 13b UStG, da sie im Vorjahr selber mehr als 10 % Bauleistungen ausgeführt hatte. Im Folgejahr wurden erhaltene Bauleistungen von demselben Vertragspartner nicht der Regelung des § 13b UStG unterworfen, obwohl der leistende Unternehmer weiterhin ohne gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer abrechnete.

Nach einer Prüfung vertrat die Klägerin die Auffassung, dass sie im Jahr vor dem Prüfungszeitraum nicht mehr als 10 % ihrer Ausgangsleistungen im Bereich der Bauleistungen ausgeführt hatte und gegenüber dem leistenden Unternehmer auch keine Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG verwendet hätte. Der beigeladene leistende Unternehmer vertrat hingegen die Auffassung, dass zwischen den Beteiligten Einverständnis über die Abrechnung nach § 13b UStG bestanden hatte.

 

Entscheidung

Das Gericht sah die Klage als zulässig, aber unbegründet an. Die Klägerin ist zur Steuerschuldnerin nach § 13b UStG geworden, da sie Bauleistungen erhalten hatte und nach außen hin erkennbar auch Bauleistungen erbringen wollte. Nach der Auffassung des Gerichts kommt es nicht darauf an, dass der Leistungsempfänger nachhaltig Bauleistungen erbringt.

Die Finanzverwaltung [1] geht vereinfachend davon aus, dass der Leistungsempfänger ein "bauleistender Unternehmer" ist, wenn er im vorangegangenem Jahr mehr als 10 % seiner steuerbaren Umsätze (seit dem 1.1.2010 seiner "Weltumsätze") im Bereich der Bauleistungen erbracht hat. Alternativ könnte der Nachweis auch durch die Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG geführt werden. Dabei soll es nicht zu beanstanden sein, wenn die Vertragsparteien sich auf die Besteuerung nach § 13b UStG verständigen, selbst wenn die Voraussetzungen nicht vorliegen.

Das Finanzgericht Münster wendet sich grundsätzlich gegen die von der Finanzverwaltung aufgestellten Abgrenzungsregelungen [2] und geht davon aus, dass die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger auch dann übergeht, wenn dieser nur gelegentlich selber Bauleistungen am Markt ausführt. Nur in den Fällen, dass der Leistungsempfänger überhaupt keine Bauleistungen am Markt ausführt, soll nach Auffassung des Gerichts der leistende Unternehmer der Steuerschuldner bleiben. Begründet wird diese Auffassung durch das Gericht mit dem Willen des Gesetzgebers, in möglichst hohem Umfang die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger zu übertragen sowie mit dem Gesetzeswortlaut, aus dem eine Beschränkung auf nachhaltige Bauleistungen nicht zu entnehmen ist.

Da es somit auch nicht auf eine Verständigung zwischen den Vertragsparteien ankommt, ist der Kläger nach Auffassung des Gerichts Steuerschuldner für die ihm gegenüber ausgeführten Bauleistungen geworden.

 

Hinweis

Gegen das Urteil ist Revision zugelassen worden, da es der Auffassung der Finanzverwaltung widerspricht und abweichende Meinungen in der Literatur sowie der Rechtsprechung vorliegen.

Das Gericht begründet seine Auffassung auch mit Praktikabilitätsgründen, dass es für die Vertragsparteien schwierig sei, festzustellen, ob der Leistungsempfänger mehr als 10 % seiner Umsätze im Bereich der Bauleistungen ausführt. Auch der Nachweis über die Bauabzugssteuerbescheinigung wird von dem Gericht nicht als sinnvoll angesehen, da dies quasi ein Wahlrecht darstellen würde.

Ob eine von dem Gericht angenommene Übertragung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger in allen Fällen der Ausführung von Bauleistungen durch den Leistungsempfänger zu sinnvolleren Ergebnissen führen würde, kann aber aus Sicht der Praxis bezweifelt werden.

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Gerichtsbescheid vom 01.09.2010, 5 K 3000/08 U

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