Dem Klageantrag des Pflichtteilsberechtigten, den Erben zu verurteilen, Auskunft über den Bestand des realen und fiktiven Nachlasses durch ein privates Nachlassverzeichnis zu erteilen, fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Pflichtteilsberechtigte bereits verurteilt ist, diese Auskunft durch ein notarielles Nachlassverzeichnis zu erteilen.

OLG Celle v. 17.3.2022 – 6 U 67/21

BGB § 2314

Beraterhinweis Das Gesetz gewährt dem Pflichtteilsberechtigten einen Auskunftsanspruch in vier verschiedenen Stärkegraden:

  1. Vorlage eines privaten Nachlassverzeichnisses ohne Hinzuziehung bei der Aufnahme (§ 2314 Abs. 1 Satz 1 BGB),
  2. Vorlage eines privaten Nachlassverzeichnisses mit Hinzuziehung bei der Aufnahme (§ 2314 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Halbs. 1 BGB),
  3. Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses ohne Hinzuziehung bei der Aufnahme (§ 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB),
  4. Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses mit Hinzuziehung bei der Aufnahme (§ 2314 Abs. 1 Satz 3, Satz 2 Halbs. 1 BGB).

Die verschiedenen Ansprüche stehen dem Pflichtteilsberechtigten nicht alternativ, sondern kumulativ zu, so dass er sie grundsätzlich auch neben- oder hintereinander geltend machen kann (BGH v. 2.11.1960 – V ZR 124/59, BGHZ 33, 373 = NJW 1961, 602; Weidlich in Grüneberg, BGB, § 2314 Rz. 7). Hat der Erbe ein privates Verzeichnis vorgelegt, kann der Pflichtteilsberechtigte danach noch ein notarielles Verzeichnis verlangen, ohne dass es hierfür einer besonderen Begründung bedarf (BGH v. 2.11.1960 – V ZR 124/59, BGHZ 33, 373 = NJW 1961, 602; Weidlich in Grüneberg, BGB, § 2314 Rz. 7). Dies gilt selbst dann, wenn der Erbe die Vollständigkeit des privaten Verzeichnisses eidesstattlich versichert hat (OLG Schleswig v. 25.1.2011 – 3 U 36/10, NJW-RR 2011, 946) oder wenn der Pflichtteilsberechtigte zu dessen Aufnahme hinzugezogen wurde (BGH v. 2.11.1960 – V ZR 124/59, BGHZ 33, 373 = NJW 1961, 602). Auch längerer Zeitablauf und wesentliche Veränderungen im Nachlassbestand reichen zur Annahme eines Rechtsmissbrauchs nicht aus. Hat der Pflichtteilsberechtigte dagegen bereits die Vorlage eines notariellen Verzeichnisses verlangt, kann er danach kein privates Nachlassverzeichnis mehr verlangen. Weil dem privaten Verzeichnis im Verhältnis zum notariellen Verzeichnis keine höhere Richtigkeitsgewähr zukommt, ist ein solches Verlangen rechtsmissbräuchlich (BGH v. 2.11.1960 – V ZR 124/59, BGHZ 33, 373 = NJW 1961, 602).

 

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