Leitsatz (amtlich)

Zur Anwendbarkeit des Berufsausbildungsvertragsrechtes (§§ 119 BBiG) auf eine im Angestelltenverhältnis (statt bisher Beamtenverhältnis) durchgeführte Berufsausbildung zum Diplomverwaltungswirt der Fachrichtung Rentenversicherung.

 

Normenkette

MTV Azubi-TgRV-O; BGB §§ 670, 18; BBiG § 5 Abs. 2 Nr. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Erfurt (Urteil vom 14.05.1999; Aktenzeichen 10 Ca 3886/98)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 14.05.1999, 10 Ca 3886/98, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Anwendbarkeit des Thüringer Reisekostengesetzes und der Thüringer Trennungsgeldverordnung. Die danach berechnete Klageforderung ist der Höhe nach unstreitig.

Vom 01.08.1997 bis 31.07.2000 absolvierte die Klägerin bei der beklagten Anstalt des öffentlichen Rechtes eine Berufsausbildung zum Diplomverwaltungswirt der Fachrichtung Rentenversicherung. Die Ausbildung erfolgte in Änderung der bisherigen Praxis nicht mehr im beamtenrechtlichen Vorbereitungsdienst, sondern im Angestelltenverhältnis. Die Klägerin erhielt eine Monatsvergütung von 1.350,00 DM, ab 01.10.1998 1.400,00 DM. Auf den Ausbildungsvertrag vom 27.05.1997 (Bl. 9 bis 15 d. A.) wird Bezug genommen.

Da die Beklagte über keine eigene Bildungseinrichtung verfügt, erfolgte die Ausbildung an der Fachhochschule für Verwaltung, Polizei und Steuerwesen in A./Bildungszentrum R. in Schleswig-Holstein. Die anfallenden Gebühren wurden von der Beklagten getragen. Grundlage der Ausbildung war die dortige Landesverordnung vom 10.07.1996 für die Ausbildung und Prüfung für die Laufbahn des gehobenen Verwaltungsdienstes der Fachrichtung Rentenversicherung bei der Landesversicherungsanstalt S. (Bl. 109 bis 115 d. A.). Danach gliederte sich das dreijährige Fachhochschulstudium in eine insgesamt 24 Monate umfassende fachtheoretische Studienzeit an der Fachhochschule und eine insgesamt 12 Monate umfassende berufspraktische Studienzeiten in der Verwaltung der Ausbildungsbehörde. Ihre berufspraktische Studienzeit absolvierte die Klägerin bei der Beklagte in E.

Die Klägerin schloss ihre Ausbildung erfolgreich ab. Sie hat damit den Hochschulgrad Diplomverwaltungswirt erworben und ist für den gehobenen Verwaltungsdienst befähigt. Inzwischen arbeitet sie als beamte Verwaltungsinspektorin bei der Knappschaft in K.. Die Beklagte hatte für diese Ausbildung insgesamt 117.257,82 DM aufgewendet (Bl. 258 d. A.)

Für ihre fachtheoretische Studienzeit in S. beansprucht die Klägerin Reisekosten (wöchentliche Familienheimfahrten nach M./Thüringen und Kosten für die Unterkunft) sowie Trennungsgeld auf der Grundlage der für Landesbeamte in Thüringen geltenden Regelungen. Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 14.05,1999 mangels Anspruchsgrundlage abgewiesen.

Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

A)

Die Berufung ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Reisekosten und Trennungsgeld.

I.

Das Thüringer Reisekostengesetz und die Thüringer Trennungsgeldverordnung sind nicht einschlägig, weil die Klägerin im Angestelltenverhältnis und nicht im Beamtenverhältnis ausgebildet wurde.

II.

Tarifliche Regelungen fehlen. Die §§ 42 ff BAT-O/Rentenversicherung, die die für Beamte geltenden gesetzlichen Bestimmungen in Bezug nehmen, helfen nicht, da die zum Zwecke der Ausbildung beschäftigte Klägerin vom Geltungsbereich des Tarifvertrages ausgenommen ist (§ 3 Buchst. f BAT-O). Das sieht auch die Klägerin nicht anders. Sie stützt sich deshalb auf § 10 MTV für Auszubildende im Bereich des BAT-O/Rentenversicherung (MTV-Azubi-TgRV-O), missversteht aber dessen § 1 Abs. 1, wonach der Tarifvertrag nur für Personen gilt, die in einem staatlich anerkannten oder einem als staatlich anerkannt geltenden Ausbildungsberuf ausgebildet werden. Die Ausbildung zum Diplomverwaltungswirt ist kein staatlich anerkannter Ausbildungsberuf im Sinne des § 25 Abs. 1 BBiG – sie ist im Verzeichnis nach § 6 BerBiFG nicht aufgeführt – und gilt auch nicht als solche. Gemeint sind damit die schon vor Inkrafttreten des BBiG anerkannten Ausbildungsberufe (§ 108 BBiG). Da die Ausbildung zum Diplomverwaltungswirt bislang im Beamtenverhältnis erfolgte, also außerhalb des BBiG (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 BBiG), war eine tarifliche Regelung nicht möglich und auch nicht erforderlich. Die besonderen Rechtsbeziehungen zum öffentlichen Rechtsträger gewährleisten einen weitgehenden Schutz. Der Wechsel von der öffentlich-rechtlichen zu privatrechtlichen Ausbildung mag Anlass geben, diesen Personenkreis in die tarifliche Regelung einzubeziehen, worauf die Gewerkschaft der Sozialversicherung in ihrer von der Klägerin zur Akte gereichten Stellungnahme hingewiesen hat (Bl. 142 bis 145 d. A.). Eine solche Einbeziehung fehlt bislang.

III.

Auf den Ausbildungsvertrag vom 27.05.1997 lassen sich die Klagansprüche ebenfalls nicht stützen. Nach dessen § 8 Abs. 2 sind Zuschüsse für Verpflegung ...

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