Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendung des § 42 AO trotz spezieller Missbrauchsvorschriften im UmwStG 2002. Unangemessenheit der Verschmelzung einer Gewinngesellschaft auf eine Verlustgesellschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die im UmwStG normierten Missbrauchstatbestände sind nicht per se abschließend. Vielmehr ist im jeweiligen Fall durch Auslegung zu ermitteln, ob und inwieweit diesen speziellen Missbrauchsvorschriften eine Sperrwirkung im Bezug auf § 42 AO zukommt (entgegen z.B. FG Münster v. 25.10.2006, 1 K 538/03 F).

2. Kommt es zum Übergang eines Verlustvortrags durch eine vom Regelungsbereich der speziellen Missbrauchsverhütungsvorschrift des § 12 Abs. 3 S. 2 UmwStG 2002 nicht erfasste Verschmelzung der Gewinngesellschaft auf die Verlustgesellschaft mit identischen Gesellschaftern, ist aufgrund der Gesamtumstände des Einzelfalls eine missbräuchliche Gestaltung i. S. d. § 42 AO zu prüfen.

3. Dient die Verschmelzung eines wirtschaftlich gesunden und am Markt etabliertes Gewinnunternehmens auf die (Schwester-)Verlustgesellschaft mit bereits eingestelltem Geschäftsbetrieb und abgemeldetem Gewerbe allein dem Zweck der Steuerersparnis, da die untypische Verfahrensweise – von der vermeintlich möglichen Nutzung des Verlustvortrags abgesehen – wirtschaftlich widersinnig erscheint, liegt ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten gem. § 42 Abs. 1 S. 2 AO vor, so dass der Übergang des verbleibenden Verlustvortrags wie bei der wirtschaftlich angemessenen Verschmelzung der Verlustgesellschaft auf die Gewinngesellschaft gem. § 12 Abs. 3 S. 2 UmwStG 2002 ausgeschlossen ist.

 

Normenkette

UmwStG 2002 § 12 Abs. 3 S. 2; AO § 42; KStG § 8 Abs. 4; GewStG § 10a; EStG § 10d

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 18.12.2013; Aktenzeichen I R 25/12)

BFH (Urteil vom 18.12.2013; Aktenzeichen I R 25/12)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Berücksichtigungsfähigkeit eines bei der ursprünglichen Fa. Auto GmbH bestehenden Verlustvortrags bei der Klägerin nach Verschmelzung mit der Fa. Autohaus XYZ GmbH.

Die Klägerin ist eine durch notariellen Vertrag vom 18.11.1997 gegründete GmbH, die Autohandel betreibt. Die Firma der Gesellschaft lautete zunächst „Auto GmbH A-Stadt”. Sie war im Handelsregister des Amtsgerichts T-Stadt unter HR B 000 eingetragen.

Vom Stammkapital i.H.v. 50.000 DM wurden 20.000 DM vom Gesellschafter-Geschäftsführer Herrn Herr Schulze übernommen und 30.000 DM von der ITR-GmbH, vertreten durch Herrn Steuerberater Hans Meier. Gemäß Treuhandvertrag vom 18.11.1997 wurde der genannte Anteil zu 30.000 DM bis zum 05.08.2004 von der ITR-GmbH nach außen hin in ihrem Namen gehalten, im Innenverhältnis jedoch nur als Treuhänderin der Fa. Autohaus Name GmbH & Co. KG mit dem Sitz in B-Burg.

Mit Vertrag vom 25.02.2003 verkaufte Herr Herr Schulze seinen o.g. Geschäftsanteil für 1 EUR an die ITR-GmbH mit dem Nachtrag, dass das vorgenannte Treuhandverhältnis auch für diesen Teil der Stammeinlage gilt. Ab 28.04.2003 übernahm Herr Herr Müller die Geschäftsführung, nachdem bekannt wurde, dass Herr Schulze Gelder der Inhaber veruntreut hatte.

Die Klägerin erwirtschaftete mit ihrem Vertrieb und der Werkstatt für die Automarken FIAT, ALFA und LANCIA mehrere Jahre Verluste. Zum 30.09.2003 kündigte die FIAT Automobil AG den bis dahin bestehenden Händlervertrag mit der Klägerin. Zu diesem Zeitpunkt erfolgte die Gewerbeabmeldung, und der Ort der Geschäftsleitung wurde von A-Stadt nach B-Burg in die Räumlichkeiten der Autohaus Name GmbH & Co. KG verlegt. Das Finanzamt B-Burg übernahm am 12.02.2004 die örtliche Zuständigkeit für die Besteuerung und veranlagte die Klägerin mit Bescheiden vom 06.05.2005 zur Körperschaftsteuer 2003 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO). Der zum 31.12.2003 verbleibende Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer wurde auf 1.493.068 EUR und der vortragsfähige Gewerbeverlust auf 1.457.008 EUR festgestellt.

Eine weitere 100%ige Tochtergesellschaft der Autohaus Name GmbH & Co. KG war die im Jahre 1992 gegründete Firma Autohaus „XYZ” GmbH mit Sitz in XYZ-Stadt (AG Meiningen HR B 11). Das Stammkapital betrug 1 Mio. DM. Die GmbH betrieb erfolgreich ein VW-Autohaus in XYZ-Stadt (z.v.E. 2003 = 265 TEUR, kein Verlustvortrag). Als Geschäftsführer war Herr Herr Köhler bestellt.

Durch notariellen Vertrag vom 27.08.2004 übertrug die o.g. Autohaus „XYZ” GmbH (übertragende Gesellschaft) ihr Vermögen als Ganzes auf die aufnehmende Fa. Auto GmbH A-Stadt (übernehmende Gesellschaft) gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme. Die Übernahme des Vermögens der übertragenden Gesellschaft erfolgte im Innenverhältnis rückwirkend mit Ablauf des 31.12.2003 (Verschmelzungsstichtag).

Die Klägerin – Auto GmbH – stellte ihr Stammkapital auf EUR um und erhöhte dieses sodann von 25.600 EUR um 511.250 EUR auf 536.850 EUR gemäß der Gegenleistung der Übertragung.

In der Gesellschaft...

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