rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Prüfung der 66 %-Grenze des § 21 Abs. 2 EStG bei einem Angehörigenmietvertrag anhand der Vergleichsmiete einer weiteren vom Steuerpflichtigen im selben Haus fremdvermieteten Wohnung und nicht anhand des örtlichen Mietspiegels

 

Leitsatz (redaktionell)

Für die Beurteilung, ob bei Vermietung einer Wohnung an einen Angehörigen die Miete mindestens 66 % der ortsüblichen Miete beträgt und deswegen insgesamt von einer entgeltlichen Vermietung im Sinne des in § 21 Abs. 2 EStG 2015 (i.d.F. des Steuervereinfachungsgesetzes 2011, BGBl I 2011 S. 2131) auszugehen ist, kann auf die Miete abgestellt werden, die der Steuerpflichtige für eine weitere, vergleichbare, im selben Haus liegende und an einen Dritten fremdvermietete Wohnung verlangt. Es besteht zumindest im Bereich des § 21 Abs. 2 EStG 2015 kein absoluter Vorrang einer Ermittlung einer ortsüblichen Miete mit Hilfe des örtlichen Mietspiegels; das gilt auch dann, wenn sich die Berücksichtigung des örtlichen Mietspiegels zugunsten des Vermieters auswirken würde.

 

Normenkette

EStG § 21 Abs. 2 Sätze 1-2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.02.2021; Aktenzeichen IX R 7/20)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beklagte zu Recht von einer nur teilentgeltlichen Vermietung im Sinne des § 21 Abs. 2 Satz 1 EStG ausgeht und ob er die durch die Klägerin erklärten Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung zu Recht nur in Höhe von 64,01 % berücksichtigt hat.

Die Klägerin vermietete eine von ihr im Jahre 2011 erworbene 57 qm (Blatt 78 ESt-Akte) große Eigentumswohnung mit Einbauküche im ersten Obergeschoss des Objektes A-Straße in A-Stadt seit dem 01.06.2015 an ihre Tochter zum einem Mietpreis in Höhe von monatlich 300 EUR zuzüglich einer Nebenkostenpauschale in Höhe von 70 EUR. Die Klägerin vermietete eine ebenfalls 57 qm große, mit einer Einbauküche ausgestattete, Wohnung im zweiten Obergeschoss desselben Gebäudes an den Fremdmieter für einen Mietzins in Höhe von monatlich 500 EUR zuzüglich einer Nebenkostenpauschale in Höhe von 78 EUR.

Im Einkommensteuerbescheid 2015 vom 29.06.2017 berücksichtigte der Beklagte – unter Anwendung des § 21 Abs. 2 Satz 1 EStG – die durch die Klägerin erklärten Werbungskosten in Höhe von insgesamt 3.553 EUR nur mit einem Anteil von 64,01 % also in Höhe von insgesamt 2.276 EUR und setzte positive Vermietungseinkünfte in Höhe von 314 EUR statt des der durch die Klägerin erklärten Negativbetrags in Höhe von 963 EUR an. Denn die zwischen der Klägerin und ihrer Tochter vereinbarte Miete von 370 EUR für 57 qm betrage nur 64,01 % und damit weniger als 66 % der ortsüblichen Miete von 578 EUR/Monat. Als Maßstab für die Ortsüblichkeit zog der Beklagte die Miete für die vergleichbare, im selben Haus liegende, durch die Klägerin fremdvermietete Wohnung heran.

Nach erfolglosem Einspruch verfolgt die Klägerin ihr Begehren mit der Klage weiter und macht geltend:

Entgegen der Auffassung des Beklagten sei die ortsübliche Miete grundsätzlich anhand des örtlichen Mietspiegels festzustellen, wobei jeder der innerhalb der angegebenen Preisspanne liegenden Mietwerte als „ortsüblich” anzusehen sei, nicht nur der Mittelwert (vgl. BFH-Urteil vom 11.09.2007 IX B 4/07, BFH/NV 2007, 2291). Der Vergleich könne also nicht mit nur einer Wohnung erfolgen. Ausgehend von der Typisierung in § 21 Abs. 2 EStG hätten Rechtsprechung, Verwaltung und Literatur den untersten Wert innerhalb eines Mietspiegels anerkannt, woran sich auch der Beklagte orientieren müsse. Der Ansatz eines Werts einer vergleichbaren Wohnung (auch innerhalb eines MFH-Objekts) komme danach erst in Ansatz, falls kein Mietspiegel vorhanden sei. Als ortsübliche Miete laut Mietspiegeltabelle gelte im Streitfall ein unterer Rand der Preisspanne von 6,09 EUR je qm. Bei 58 qm Wohnfläche ergebe sich eine übliche Kaltmiete von 353,22 EUR (Blatt 2 FG-Akte).

Unter ortsüblicher Miete verstehe die Finanzverwaltung nach R 21.3 EStR die für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung zu zahlende ortsübliche Markmiete, welche neben der ortsüblichen Kaltmiete auch die nach der Betriebskostenverordnung umlagefähigen Kosten umfasse. Der BFH folge mit seinem Urteil vom 10.05.2016 (IX R 44/15, BFHE 254, 31, BStBl II 2016, 835) dieser Rechtsauffassung. In der Vergleichsberechnung berücksichtige der Beklagte unrichtigerweise nur die jeweilige Kaltmiete. Beide Wohnungen verfügten über eine Gasheizung, das Gas für die Wärme werde direkt beim Mieter abgerechnet, so auch bei der Mieterin der streitbefangenen Wohnung. Entsprechend der Gasrechnung für 2015 betrügen die monatlichen Gaskosten 49 EUR. Beim Vergleich der „Warmmiete” sei dieser Betrag mit einzubeziehen, ansonsten würde man die Kaltmiete vergleichen. Ausgehend von einer ortsübliche Kaltmiete von monatlich 353,22 EUR zuzüglich vereinbarter Nebenkosten von 70 EUR sowie der zusätzlich zu berücksichtigenden direkt beim Mieter abgerechneten Kosten in Höhe von 49 EUR für Wärme ergebe sich im Streitfall eine ortsübliche Warmmiete in Höhe von 472,22 EUR. Die ver...

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