Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der Aufrechnung mit einem Körperschaftsteuerguthaben nach Insolvenzeröffnung in 2006. Insolvenzrechtliche Begründung des Anspruchs auf Auszahlung eines Teils des Körperschaftsteuerguthabens

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens im April 2006 erfolgten Aufrechnung der vollwirksamen und fälligen Forderung des FA auf Rückzahlung von Insolvenzzulage mit dem im September 2008, also nach Insolvenzeröffnung, festgesetzten Anspruch auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens für 2008 steht das Aufrechnungsverbot des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO nicht entgegen.

2. Der Anspruch auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens ist nicht gem. § 37 Abs. 5 Satz 2 KStG 2006 erst nach Insolvenzeröffnung am 31.12.2006 insolvenzrechtlich begründet, sondern bereits am 31.12.2001.

 

Normenkette

AO § 226; BGB § 387; KStG 2002 § 37 Abs. 5 S. 2, § 36 Abs. 7, § 38; InsO § 96 Abs. 1 Nr. 1, § 38; AO § 38

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.02.2011; Aktenzeichen I R 20/10)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob der Anspruch des Klägers auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens für 2008 durch Aufrechnung des Beklagten erloschen ist.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der X-GmbH (Insolvenzschuldnerin). Das Insolvenzverfahren wurde am 27.04.2006 eröffnet.

Mit Bescheid über die gesonderte Feststellung der Endbeträge gem. § 36 Abs. 7 Körperschaftsteuergesetz (KStG) und Bescheid zum 31.12.2001 über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gem. § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 3 und § 38 Abs. 1 KStG vom 11.03.2005 stellte der Beklagte gegenüber der Insolvenzschuldnerin das Körperschaftsteuerguthaben auf 14.040 EUR fest. In dieser Höhe setzte der Beklagte mit Bescheid vom 25.09.2008, also nach Insolvenzeröffnung, gegenüber dem Kläger den Anspruch auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens fest. Der sich hiernach ergebende Auszahlungsbetrag für 2008 ist mit (1/10 von 14.040 EUR =) 1.404 EUR ausgewiesen.

Zur Auszahlung dieses Betrags an den Kläger kam es jedoch nicht, da der Beklagte gegen die Forderung des Klägers i. H. v. 1.404 EUR eine Forderung auf Rückzahlung von Investitionszulage 2001 aufrechnete, indem er unter dem 01,10.2008 eine interne Umbuchung vornahm und dies dem Kläger mitteilte. Diesbezüglich erließ der Beklagte unter dem 13.11.2008 antragsgemäß einen entsprechenden Abrechnungsbescheid (§ 218 Abs. 2 AbgabenordnungAO –).

Mit seinem gegen diesen Abrechnungsbescheid eingelegten Einspruch machte der Kläger – ausschließlich – geltend, die vom Beklagten erklärte Aufrechnung sei nach § 96 Abs. 1 Nr. 1 Insolvenzordnung (InsO) unzulässig, da die Verpflichtung des Beklagten zur Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens an den Kläger nicht schon vor Insolvenzeröffnung am 27.04.2006 insoivenzrechtlich begründet worden sei. Vielmehr sei der Anspruch auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens insoivenzrechtlich erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet worden, nämlich kraft Gesetzes gem. § 37 Abs. 5 Satz 2 KStG mit Ablauf des 31.12.2006. Die Vorschrift fingiere den ansonsten für eine Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens notwendigen Ausschüttungsbeschluss.

Den gegen den Abrechnungsbescheid eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 12.02.2009 als unbegründet zurück. Die Aufrechnung verstoße nicht gegen § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Die Forderung des Klägers auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens sei insolvenzrechtlich bereits durch den Aufbau des Körperschaftsteuerguthabens unter Geltung des Anrechnungsverfahrens mit Ablauf des 31.12.2001, also vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet worden.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage.

Der Kläger beantragt,

  1. den Abrechnungsbescheid vom 13.11.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.02.2009 aufzuheben und das sich ergebende Körperschaftsteuerguthaben i. H. v. 1.404 EUR auszuzahlen.
  2. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält an seiner bisherigen Rechtsauffassung fest.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

Das Gericht war gem. 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten befugt, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.

Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Abrechnungsbescheid des Beklagten verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die von dem Beklagten erklärte Aufrechnung ist rechtmäßig.

1. Die in § 226 AO i.V.m. § 387 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) genannten, allgemeinen Voraussetzungen einer Aufrechnung lagen im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung des Beklagten am 01.10.2008 vor.

a) Bei den vom Beklagten aufgerechneten, auf Geldzahlungen gerichteten Forderungen hande...

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