Entscheidungsstichwort (Thema)

Vermittlung von stillen Beteiligungen oder Kommanditbeteiligungen an Anlageunternehmen. „vertriebsunterstützende Leistungen” eines Regionaldirektors. keine Steuerbefreiung als dem Absatz von Finanzprodukten dienende Vermittlungsleistungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Aus § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG ergibt sich keine allgemeine Steuerbefreiung für Vertriebsleistungen, die dem Absatz von Finanzprodukten dienen. Die Steuerfreiheit beschränkt sich vielmehr auf die Vermittlung der in der Vorschrift sowie den ihr zugrunde liegenden unionsrechtlichen Regelungen bezeichneten Finanzdienstleistungen.

2. Ein Regionaldirektor, der als Ansprechpartner für die unter ihm tätigen Vertriebsmitarbeiter fungiert und darüber hinaus die Kapitalanlagegesellschaft, für die er tätig ist, auf Messen usw. repräsentiert, ohne jedoch an Vermittlungsleistungen seiner Vertriebspartner teilzunehmen, erbringt lediglich „vertriebsunterstützende Leistungen”, die nicht als Vermittlungsleistungen i. S. v. § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG steuerfrei sind.

3. Es bestehen keine durchdringenden Zweifel darüber, inwiefern der dem eigentlichen Vertrieb übergeordnete Organisator im Rahmen einer mehrstöckigen Vertriebsstruktur eine steuerfreie Leistung i. S. v. § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG erbringt.

4. Liegt keine Vermittlungstätigkeit vor, kann sich die Steuerfreiheit der Vermittlung auch nicht aus einer von Vermittlungserfolgen abhängigen Vergütungsregelung ergeben.

 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 8 Buchst. f; EGRL 112/2006 Art. 135 Abs. 1 S. 1 Buchst. f

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 28.02.2018; Aktenzeichen V B 145/16)

BFH (Beschluss vom 28.02.2018; Aktenzeichen V B 145/16)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Umsatzsteuerpflicht bzw. -freiheit von Umsätzen, die der Kläger im Rahmen eines Verkaufs-/Vertriebssystems in den Kalenderjahren 2006 bis 2008 erzielt hatte.

Der Kläger arbeitete in den Streitjahren 2006 – 2008 als sog. Regionaldirektor auf der Grundlage eines Handelsvertretervertrages. Zu diesem Zweck hatte er mit der A GmbH am 3. März 2003 eine „Vertriebsvereinbarung” geschlossen. Ausweislich des Vertragsgegenstandes (§ 1) initiiert die A GmbH, die sich nachfolgend als Auftraggeberin oder AG bezeichnet, Beteiligungsangebote in Form von atypisch stillen Beteiligungen und Kommanditbeteiligungen für Anlageunternehmen „Produkte”). Die „Auftraggeberin” ist Herausgeberin eines Emmissionsprospektes, der die Beteiligungsangebote enthält, die der jeweilige Finanzvermittler Anlegern anbietet, die einen Zeichnungsschein unterzeichnen.

Nach § 3 der Vertriebsvereinbarung ist der jeweilige Vertriebsmitarbeiter „Geschäftspartner”) selbständiger Unternehmer und Kaufmann. Er handelt im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Er hat seine Tätigkeit frei zu gestalten und ist Weisungen des Auftraggebers nicht unterworfen. Er darf für die A GmbH oder das jeweilige Anlageunternehmen keine rechtsverbindlichen Erklärungen abgeben und tritt ausschließlich als Vermittler auf.

Dieser Betriebsvereinbarung (Blatt 79 bis 81 der Gerichtsakte) sind weitere Anlagen beigefügt, Anlage 1a „atypisch stille Beteiligung” sowie Anlage 1b „Kommanditbeteiligung” enthalten Provisionsvereinbarungen. Diese Anlagen enthalten unter dem Passus § 1 „provisionspflichtige Geschäfte „unter der Nr. 2 die Regelung: „Soweit diese Vergütung mehrwertsteuerpflichtig ist, ist sie als Bruttovergütung, also inklusiv der jeweiligen gesetzlichen Mehrwertsteuer zu verstehen. Mit Zahlung der Vergütung sind sämtliche Ansprüche des Geschäftspartners aus der jeweiligen Zeichnung abgegolten.”

Daneben hat die A GmbH mit dem Kläger eine weitere Vertriebsvereinbarung „Anlage RD”) geschlossen, die dem Gericht lediglich als Muster vorliegt. Nach dieser „Anlage RD” ist der Regionaldirektor befugt, den Titel „Regionaldirektor der A” zu führen. Gemäß § 4 dieser Anlage vermittelt er allein oder zusammen mit in seinem Gebiet tätigen Vertriebspartnern die von der A (gemeint ist hier die A GmbH) vertriebenen Anlagen. Ihn trifft die Pflicht, in seinem Gebiet mit den Vertriebspartnern der A zusammenzuarbeiten und diese zu unterstützen. Er hat – so § 4 Nr. 2 der Anlage RD – den Vertriebspartnern potenzielle Anleger zuzuführen, sie bei ihren Vermittlungsleistungen zu unterstützen und die von ihnen vermittelten Anlagen gemäß Ziff. 4 zu prüfen. In Umsetzung dieser Pflichten soll er

  • potenzielle Anlegerdaten erwerben oder in anderer Weise erlangen und den jeweiligen Regionalleitern und/oder Vertriebspartnern vor Ort zuweisen,
  • regelmäßig zusammen mit Regionalleitern und/oder Vertriebspartnern potenzielle Anleger aufsuchen,
  • regelmäßig Kundenveranstaltungen mit Geschäftsführern der A Landesdirektion B GmbH als Redner organisieren,
  • als Repräsentant der A vor Ort eine Büroorganisation für Anfragen von Vertriebspartnern und Kunden vorhalten,
  • Regionalleitern und/oder Vertriebspartnern Musteranschreiben an Kunden zur V...

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