Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Anwendung der „Opfergrenze” bei der Berechnung der als außergewöhnliche Belastungen abziehbaren Unterhaltsleistungen an die Lebenspartnerin und Mutter des gemeinsamen Kindes

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei der Berechnung, in welcher Höhe der nicht verheiratete Steuerpflichtige den Unterhalt für die mit ihm und dem gemeinsamen Kind in einem Haushalt in einer eheähnlichen Gemeinschaft zusammenlebende Partnerin nach § 33a Abs. 1 EStG abziehen kann, ist die „Opfergrenzen”-Regelung wegen des Wegfalls des Nachrangs in § 1615 l Abs. 3 BGB zum 1.1.2008 nicht mehr anzuwenden. Das gilt auch für Zeiträume vor 2008 (hier: Veranlagungszeitraum 2005).

 

Normenkette

EStG 2005 § 33a Abs. 1 S. 1; BGB § 1603 Abs. 1, § 1615 l Abs. 2-3, § 1609

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.12.2009; Aktenzeichen VI R 64/08)

 

Tenor

1. Der Einkommensteuerbescheid 2005 vom 9. März 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 2006 wird geändert und weitere 4.112 EUR werden als außergewöhnliche Belastungen anerkannt.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten des Klägers vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Abzugsfähigkeit von Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastungen.

Der Kläger lebte im Streitjahr 2005 mit Frau A. in einem gemeinsamen Haushalt in einer eheähnlichen Gemeinschaft. Frau A. und der Kläger sind Eltern des am 2. November 2004 geborenen Kindes B. Der Kläger leistete im Streitjahr Unterhalt i. H. v. 7.680 Euro an Frau A.. Diese erhielt im Streitjahr Lohnersatzleistungen i. H. v. 253 Euro. Sozialhilfe und Arbeitslosengeld II bezog sie im Streitjahr 2005 nicht. Der Kläger hatte im Streitjahr folgende Einnahmen:

– Bruttoarbeitslohn:

21.345 Euro

– Kindergeld:

924 Euro

– Einkommensteuererstattung:

41 Euro

Zwischensumme:

22.310 Euro

Er hatte folgende Ausgaben:

– Werbungskosten:

920 Euro

– Lohnsteuer einschließlich Solidaritätszuschlag:

2.465 Euro

– Arbeitnehmeranteil zur Sozialversicherung

4.388 Euro

Demgemäß hatte der Kläger ein verbleibendes Nettoeinkommen i. H. v. 14.537 Euro.

In seiner Einkommensteuererklärung für 2005 machte der Kläger Unterhaltsleistungen für seine Lebensgefährtin, Frau A. i. H. v. 7.680 Euro geltend.

Mit Einkommensteuerbescheid für 2005 vom 9. März 2006 lehnte das Finanzamt die steuerliche Berücksichtigung dieser Unterhaltszahlungen ab.

Auf den Einspruch des Klägers berücksichtigte das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 2006 steuerliche Unterhaltszahlungen des Klägers an seine Lebensgefährtin i. H. v. 3.489 Euro, setzte die Einkommensteuer auf 1.517 Euro fest und wies im Übrigen den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es aus:

„Die Abziehbarkeit von Unterhaltsaufwendungen als außergewöhnliche Belastung ist folglich nur dann möglich, wenn und soweit der Unterhaltsleistende unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen in der Lage ist, ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts und des Unterhalts für bevorrechtigte Unterhaltsberechtigte die Unterhaltsleistungen zu erbringen.

Die Berechnung der Opfergrenze wird durch das BMF-Schreiben vom 15.09. 1997 (BStBl I S. 826) geregelt.

Danach dürfen die Unterhaltsleistungen einen bestimmten Prozentsatz des Nettoeinkommens nicht übersteigen. Dieser Prozentsatz betragt 1% je volle 500,– EUR des Nettoeinkommens, höchstens 50%. Dieser Prozentsatz ist um je 5%-Punkte für den Ehegatten und für jedes Kind für das der Steuerpflichtige einen Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG, Kindergeld oder andere Leistungen für Kinder erhält, zu kürzen, höchstens jedoch um 25%-Punkte.

Bei der Ermittlung dieses besonders definierten Nettoeinkommens sind alle steuerpflichtigen und steuerfreien Einnahmen (z.B. Kindergeld und vergleichbare Leistungen nach dem SGB), Arbeitnehmersparzulagen sowie etwaige Steuererstattungen, anzusetzen. Abzuziehen sind die gesetzlichen Lohnabzüge (Lohnsteuer, Kirchensteuer, Sozialabgaben) sowie die Werbungskosten (mindestens der Werbungskostenpauschbetrag nach § 9a S. 1 Nr. 1 EStG).

Vorliegend ergibt sich folgende Ermittlung der Opfergrenze:

Einnahme des Klägers im Streitjahr:

Bruttoarbeitslohn:

21.345,– Euro

Kindergeld für 1 Kind

924,– Euro

Einkommensteuererstattung (Soli)

41,– Euro

Zwischensumme

22.310,– Euro

Abzüglich:

Werbungskosten:

920,– Euro

Lohnsteuer inkl. Solidaritätszuschlag:

2.465,– Euro

Arbeitnehmeranteil Sozialversicherungsbeitrag:

4.388,– Euro

Verbleibendes Nettoeinkommen:

14.537,– Euro

Davon 1% je volle 500,– EUR max. 50%

29%

Abzgl. 5% für jedes Kind

5%

Verbleiben

24%

Somit beträgt die Opfergrenze im vorliegenden Fall 3.488,– Euro (24% des Nettoeinkommens).”

II.

Mit sei...

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