rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Übertragung des hälftigen Behinderten-Pauschbetrags bei der Einzelveranlagung von Ehegatten

 

Leitsatz (redaktionell)

§ 26a Abs. 2 Satz 2 EStG lässt bei der Einzelveranlagung von Ehegatten die Übertragung des hälftigen Behinderten-Pauschbetrags eines Ehegatten auf den anderen Ehegatten zu.

 

Normenkette

EStG § 26a Abs. 2 S. 2, §§ 33b, 33 Abs. 1-2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.12.2017; Aktenzeichen III R 2/17)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Frage, ob der Kläger im Rahmen einer Einzelveranlagung einen hälftigen Behinderten-Pauschbetrag seiner Ehefrau beanspruchen kann.

Der verheiratete Kläger beantragte bei der Veranlagung der Einkommensteuer 2014 die Einzelveranlagung. Übereinstimmend mit seiner Ehefrau beantragte er Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen sowie die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse, Dienstleistungen und Handwerkerleistungen gemäß § 26a Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) aufzuteilen.

Der Beklagte versagte im Einkommensteuerbescheid 2014 vom 15. Januar 2014 die hälftige Berücksichtigung des Behinderten-Pauschbetrages der Klägerin bei dem Kläger. Im Rahmen des angestrengten Einspruchsverfahrens begründete das Finanzamt seine Haltung damit, dass eine hälftige Aufteilung des Behinderten-Pauschbetrages auf die Ehegatten nach aktueller Rechtslage nicht möglich sei. Der Betrag stelle keine „Aufwendungen” dar und falle deshalb nicht unter die Regelung des § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG. Der Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b EStG sei an persönliche Voraussetzungen gekoppelt, die im vorliegenden Fall nur die Ehefrau erfülle. Der Pauschbetrag werde bei der Einzelveranlagung daher auch nur bei ihr berücksichtigt. Mit Entscheidung vom 10. März 2016 hat der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Mit der vorliegenden Klage beansprucht der Kläger weiterhin die hälftige Berücksichtigung des Behinderten-Pauschbetrages bei der Einkommensteuer 2014 bei sich. Er trägt insoweit vor, dass die gesetzliche Regelung des § 26a Abs. 2 Satz 1 und 2 EStG sich auf Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und Steuerermäßigungen nach § 35a EStG und nicht – wie der Beklagte meine – auf die damit verbundenen Aufwendungen beziehe. Denn diese könnten auch sehr viel höher sein als die zulässigen Abzugsbeträge.

Unabhängig davon handelte es sich bei außergewöhnlichen Belastungen um Aufwendungen i.S.d. § 33 Abs. 1 EStG, also um – im Vergleich zur überwiegenden Mehrheit der Steuerpflichtigen gleicher Verhältnisse – größere, zwangsläufige Aufwendungen. Zwangsläufig seien die Aufwendungen, denen sich der Steuerpflichtige aus rechtlichen, tatsächlichen und sittlichen Gründen nicht entziehen könne (§ 33 Abs. 2 EStG). Auch eine Behinderung führe – im Vergleich zu anderen Steuerpflichtigen – zu größeren – auch tatsächlichen Gründen – zwangsläufigen Mehraufwendungen für Betroffene und Angehörige.

In § 33b EStG habe der Gesetzgeber für Behinderte eine Vereinfachungsregelung für deren Mehraufwand in Form von Pauschbeträgen geschaffen. In § 33b Abs. 1 Satz 1 EStG gehe es um Aufwendungen für die Hilfe bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens. Für Pflege und erhöhten Wäschebedarf Behinderter könnten hierfür „anstelle einer Steuerermäßigung nach § 33” ein Pauschbetrag nach Abs. 3 geltend gemacht werden (§ 33b Abs. 1 Satz 1 EStG). Mit „Pauschbetrag” seien also Aufwendungen in vereinfachter, pauschalierter Form ohne gesonderte Nachweise angesprochen. Die Argumentation des Finanzamts gehe daher fehl.

In der bis zum 31. Dezember 2012 geltenden Fassung des § 26a Abs. 2 EStG habe man Sonderausgaben nach § 9c und außergewöhnliche Belastungen i.S.d. §§ 33 bis 33b in Höhe des bei einer Zusammenveranlagung in Betracht kommenden Betrags bei beiden Veranlagungen jeweils zur Hälfte abziehen können, wenn die Ehegatten nicht gemeinsam eine andere Aufteilung beantragt hätten. Der ursprüngliche Entwurf des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 (BR-Drs. 54/11) habe vorgesehen, dass Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und Steuerermäßigungen nach § 35a EStG hälftig aufzuteilen seien. Auf Antrag hätte eine abweichende wirtschaftliche Aufteilung möglich sein sollen.

Die Entwurfsfassung habe gelautet: „Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und die Steuerermäßigungen nach § 35a EStG werden den Ehegatten jeweils zur Hälfte zugerechnet.”

Wie auch in der bis zum 31. Dezember 2012 gültigen Fassung habe der Entwurf nicht die Bezeichnung „Aufwendungen” verwendet. Auch bestimmte außergewöhnliche Belastungen würden nicht von der hälftigen Aufteilung ausgenommen.

Auf Anregung und Vorschlag des Bundesrates habe man später der wirtschaftlichen Aufteilung vor der hälftigen Aufteilung den Vorrang eingeräumt (Hinweis auf die Begründung der BR-Drs. 54/11). Hintergrund hierfür sei die Überlegung gewesen, dass bei der hälftigen Aufteilung die Hälfte der Beträge nicht berücksichtigt würde, wenn nur einer der Ehegatten eine Erklä...

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