rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Fehlerhafte Ermessensausübung bei der Stundung von Grunderwerbsteuer; Berücksichtigung einer verspäteten Abgabe von Einkommensteuererklärungen und einer unklaren Rechtslage

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das Verhalten eines Steuerschulders bei Steuerarten, um deren Stundung es nicht geht, ist zwar geeignet, die Annahme einer gewissen allgemeinen steuerlichen Unzuverlässigkeit zu begründen; es steht einem konkreten Stundungsbegehren jedoch so fern, dass es allenfalls zur Abrundung des Gesamtbildes, nicht aber als tragendes Argument für eine Stundungsunwürdigkeit des Steuerschuldners verwendet werden kann. Ist dieses Verhalten bei einer anderen Steuerart - hier: Verletzung der Steuererklärungspflichten - ursächlich für verspätete Steuerzahlungen, kann dies das FA grundsätzlich bei der Entscheidung über die Stundungswürdigkeit in Betracht ziehen.

2. Das FA übt sein Ermessen bei der Prüfung der Stundungswürdigkeit eines Grunderwerbsteuerschuldners fehlerhaft aus, wenn dieser in gutem Glauben die Grunderwerbsteuer wegen unklarer Rechtslage nicht in die Finanzierung aufgenommen hat und das FA bei den Ermessenserwägungen darüber hinweggeht und lediglich einen pauschalen Vorwurf erhebt.

 

Normenkette

AO 1977 § 222 S. 1; FGO § 102

 

Tatbestand

Umstritten ist die Stundung von Grunderwerbsteuer.

Die Klägerin erwarb mit Vertrag vom 13. April 1995 die auf dem Vermögensgesetz (VermG) beruhenden Ansprüche auf Rückübertragung des Grundstücks X-Straße 23 gegen eine – bereits vollzogene – Zahlung von 108.000 DM. Der Beklagte setzte mit Bescheid vom 8. Juli 1998 gegen die Klägerin Grunderwerbsteuer in Höhe von 2.160 DM. fest. Mit Schreiben vom 27. November 1998 beantragte die Klägerin die Stundung des Betrages bis zum Erhalt einer Erwerbsunfähigkeitsrente. Sie fügte den Fragebogen zur Feststellung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse bei und wies darauf hin, dass sie monatlich 50 DM zahlen könne.

Der Beklagte lehnte den Stundungsantrag mit Verwaltungsakt vom 3. März 1999 ab, weil die Klägerin die angeforderten Unterlagen bezüglich der Rente nicht vorgelegt habe; es sei anzunehmen, dass die Rente abgelehnt worden und mithin der Steueranspruch gefährdet sei.

Mit Schreiben vom 11. März 1999 legte die Klägerin Einspruch gegen die Ablehnung der Stundung ein. Sie begründete den Einspruch damit, dass sie keine Aufforderung, Unterlagen vorzulegen, erhalten habe, und bat um nochmalige Prüfung des Stundungsantrages. Wiederum bot sie eine Ratenzahlung von 50 DM monatlich an. Der Beklagte erhielt Kenntnis davon, dass die Klägerin inzwischen gegen die Rentenbehörde wegen der Erwerbsunfähigkeitsrente ein Klageverfahren betrieb.

Im Verlauf des Einspruchsverfahrens wurde der Klägerin vorgehalten, dass sie die Einkommensteuererklärung für 1997 trotz mehrmaliger Mahnung nicht eingereicht habe und dass die betreffenden Besteuerungsgrundlagen hätten geschätzt werden müssen; auch habe sie die sich daraus ergebende Einkommensteuer nicht bezahlt. In den Vorjahren sei es ebenfalls regelmäßig erforderlich gewesen, die Besteuerungsgrundlagen für die Einkommensteuer zu schätzen, bevor die Klägerin ihrer Erklärungspflicht nachgekommen sei. Die Klägerin verwies demgegenüber auf ihren schlechten Gesundheitszustand und bat um Verständnis dafür, dass sie gesundheitlich nicht in der Lage sei, die Steuererklärung einzureichen.

Der Einspruch wurde mit der Begründung zurückgewiesen, die Klägerin sei nicht stundungswürdig, da sie wiederholt ihren Erklärungs- und Zahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen sei. Neben dem bereits gegenüber der Klägerin angesprochenen steuerlichen Fehlverhalten sei zu beanstanden, dass die Besteuerungsgrundlagen der Klägerin im Dezember 1999 auch für das Jahr 1998 hätten geschätzt werden müssen. Ferner habe die Klägerin zwar eine Ratenzahlung angeboten, aber nicht erbracht. In dem Gesamtverhalten der Klägerin liege ein Verstoß gegen das Interesse der Allgemeinheit an einer pünktlichen Zahlung der Steuern. Ein weiterer Pflichtenverstoß liege darin, dass die Klägerin der Entrichtung des Kaufpreises höhere Priorität als der Steuerzahlung eingeräumt habe. Ein Grundstückserwerber müsse die Grunderwerbsteuer in seine finanzielle Dispositionen einbeziehen. Da bereits die Voraussetzungen für die Stundungswürdigkeit nicht vorlägen, brauche auf die Stundungsbedürftigkeit nicht näher eingegangen werden. Eine erhebliche Härte im Sinne des § 222 der Abgabenordnung (AO) könne „nach Aktenlage” nicht festgestellt werden.

Mit der Klage begehrt die Klägerin weiterhin eine Stundung der Grunderwerbsteuer bis zum Abschluss des Klageverfahrens vor dem Sozialgericht wegen der Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente. Sie trägt dazu vor, dass sie die Einkommensteuererklärung krankheitsbedingt nicht habe abgeben können; sie werde dies jedoch im Sommer 2000 nachholen. Die festgesetzte Grunderwerbsteuer beruhe auf dem Erwerb eines Grundstückes, welches ihr vom Amt für offene Vermögensfragen zugesprochen worden sei. Ihr sei seinerzeit ...

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