Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 erster Satzteil i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 1 KStG kann eine Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung im Inland und Sitz in einem Mitgliedstaat der EU oder des EWR unter weiteren Voraussetzungen Organgesellschaft für Zwecke einer körperschaftsteuerlichen Organschaft sein. Gleiches gilt für Gewerbesteuerzwecke, denn § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG setzt eine körperschaftsteuerliche Organschaft i. S. d. §§ 14 und 17 KStG voraus.

Das Erfordernis eines Gewinnabführungsvertrags stößt bei EU-Gesellschaften mit Ort der Geschäftsleitung im Inland oftmals auf das praktische Hindernis, dass eine Eintragung am Sitz des abhängigen Unternehmens nicht möglich ist, die Finanzverwaltung dies aber im Zusammenhang mit der Erfüllung der Organschaftsvoraussetzungen verlangt. Vor diesem Hintergrund forderte die EU-Kommission im Rahmen ihrer Befugnisse nach Art. 258 AEUV zuletzt Deutschland auf, Gewinnabführungs- und Verlustübernahmeverträge, die nach dem Recht eines anderen EU- oder EWR-Mitgliedstaates abgeschlossen werden, als gleichwertig anzuerkennen (Pressemitteilung vom 25.07.2019, Punkt 8, https://ec.europa.eu/germany/news/20190725-vertragsverletzungsverfahren; s. a. Geberth, GmbHR 2019, R269).

Unabhängig davon, inwieweit das Recht des VK den Abschluss eines wirksamen, den deutschen Anforderungen genügenden Gewinnabführungsvertrags zulässt: Die im Hinblick auf die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV höchst zweifelhafte Anforderung eines gesellschaftsrechtlich wirksamen Gewinnabführungsvertrags in § 14 i. V. m. § 17 KStG kann i. d. R. in anderen EU-Ländern und mithin auch gegenüber einer britischen Tochtergesellschaft nicht ohne Weiteres erfüllt werden.

Vor diesem Hintergrund werden in der Literatur mit guten Gründen auch schuldrechtliche Verträge mit ähnlichem wirtschaftlichen Gehalt wie ein Gewinnabführungsvertrag für taugliche Ersatzmittel anstelle eines Gewinnabführungsvertrags mit einer EU-Tochtergesellschaft gehalten; zur EU-rechtlichen Problematik s. instruktiv z. B. Brink in Schnitger/Fehrenbacher, § 14 KStG, Rz. 242, 244, zu § 14 KStG m. w. N.; für britische Gesellschaften s. a. Bron, BB 2019, 667, Herbst/Gebhardt, DStR 2016, 1705, 1713.

Die OFD Frankfurt hat auf das von der EU-Kommission angestrengte Vertragsverletzungsverfahren gegenüber Deutschland inzwischen reagiert und lässt unter engen Voraussetzungen auch vergleichbare ausländische Vereinbarungen zu, sofern sie nur – entweder als solche oder als Teil einer Satzungsänderung – in ein dem Handelsregister vergleichbares Register eintragen werden (vgl. RdVfg vom 12.11.2019, S 2770 A-55-St 55, inzwischen ersetzt durch RdVfg vom 09.07.2020, S 2770 A-55-St 55, FMNR527310019).

Eine britische Konzerngesellschaft erfüllt die persönliche Voraussetzung (Sitz in einem EU-Mitgliedstaat) nach dem Brexit bzw. dem Ablauf des Übergangszeitraums jedoch nicht mehr. Dies gilt unbeschadet dessen, dass diese britische Konzerngesellschaft durchaus weiter i. S. v. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG in das Unternehmen eines inländischen Organträgers finanziell eingegliedert sein kann.

Da die Organschaftsregelungen eine Mehrheit der stimmberechtigten Anteile des Organträgers an der Organgesellschaft voraussetzen, unterliegen sie nur den Regelungen der auf die Mitgliedstaaten der EU bzw. des EWR beschränkten Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV bzw. Art. 31 EWRA), nicht jedoch der grundsätzlich auch für Drittstaateninvestitionen greifenden Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV bzw. Art. 40 EWRA; zur Abgrenzung zwischen Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit s. a. Kokott, Das Steuerrecht der Europäischen Union, § 3 Rz. 96 f. m. w. N. aus der EuGH-Rechtsprechung).

Eindeutig ist damit, dass eine britische Kapitalgesellschaft nach Ablauf des vereinbarten Übergangszeitraums selbst dann nicht als Organgesellschaft qualifiziert, wenn sie aufgrund ihrer inländischen Geschäftsleitung nach nationalem Recht (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG) unbeschränkt steuerpflichtig sein sollte und nach der Tie-Breaker-Regelung in Art. 4 Abs. 3 DBA-UK für Abkommenszwecke allein im Inland als steuerlich ansässig gelten sollte.

Dem Wortlaut der genannten Vorschriften des KStG und GewStG ist indes nicht explizit zu entnehmen, dass die Anforderung eines EU- bzw. EWR-Sitzes während der gesamten Vertragsdauer des zugrundeliegenden Gewinnabführungsvertrags vorliegen muss. Deshalb ließe sich vertreten, dass dies nur bei Vertragsschluss zwingend sei mit der Folge, dass ein einmal wirksam mit einer vor dem Brexit mit einer in Deutschland geleiteten britischen Kapitalgesellschaft mit Sitz in Großbritannien zustande gekommener Gewinnabführungsvertrag und die darauf basierende Organschaft nach dem Brexit bzw. nach dem Ablauf des Übergangszeitraums unverändert weiter anzuerkennen sei, sofern nur die übrigen Organschaftsvoraussetzungen, für die das KStG ein ununterbrochenes Vorliegen verlangt, diese Anforderungen erfüllen. Allerdings verbleibt insoweit mangels einschlägiger Rechtsprechung oder auch nur Finanzverwaltungsauf...

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