BMF, 09.02.1998, IV B 2 - S 1909 - 5/98

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Der Tausch von Anteilen an Kapitalgesellschaften stellt aus steuerlicher Sicht eine Veräußerung der hingegebenen und einen entgeltlichen Erwerb der erhaltenen Anteile dar. Die Veräußerung führt grundsätzlich zur Aufdeckung der in den hingegebenen Anteilen enthaltenen stillen Reserven. Der dabei erzielte Veräußerungsgewinn unterliegt insbesondere dann der Besteuerung, wenn die hingegebenen Anteile zu einem Betriebsvermögen gehören und keine Rücklage nach § 6 b EStG gebildet wird, wenn sie i.S. des § 21 UmwStG einbringungsgeboren sind, wenn sie einer wesentlichen Beteiligung i.S. des § 17 EStG zuzurechnen sind oder wenn ein Spekulationsgeschäft i.S. von § 23 EStG vorliegt. Im Betriebsvermögen sind die erhaltenen Anteile mit ihren Anschaffungskosten, die dem gemeinen Wert der hingegebenen Anteile entsprechen, zu bewerten. Im Privatvermögen ist der gemeine Wert der erhaltenen Anteile maßgebend (vgl. BFH-Urteil vom 7.7.1992, VIII R 54/88, BStBl 1993 II S. 331). Nach den Grundsätzen des sog. Tauschgutachtens des BFH vom 16.12.1958, I D 1/57 S (BStBl 1959 III S. 30) ist der Tausch von Anteilen an Kapitalgesellschaften § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG) in besonderen Fällen als ein ertragsteuerlich unbeachtlicher Wechsel des Beteiligungsgegenstands anzusehen. Die Grundsätze des Tauschgutachtens sind auf den Tausch anderer Wirtschaftsgüter oder von Beteiligungen an Personengesellschaften nicht übertragbar (vgl. BFH-Urteil vom 8.7.1992, XI R 51/89, BStBl 1992 II S. 946).

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Nach dem Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die Anwendung der Grundsätze des Tauschgutachtens folgendes:

 

I. Allgemeines

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Das Tauschgutachten behandelt den echten Tausch, bei dem die Vertragspartner wechselseitig aus ihrem Vermögen Beteiligungen übertragen. Außerdem werden Fälle der Einbringung angesprochen, in denen Anteile an einer Kapitalgesellschaft in eine andere Kapitalgesellschaft eingelegt werden und der Stpfl. als Gegenleistung Anteile an der anderen Kapitalgesellschaft erlangt (Tausch einer unmittelbaren gegen eine mittelbare Beteiligung; vgl. BFH-Urteil vom 2.11.1965, I 169/63 U, BStBl 1966 III S. 127), dabei ist im Gegensatz zu den § 20 UmwStG und§ 23 UmwStG nicht erforderlich, daß es sich bei den erhaltenen Anteilen um neue Anteile handelt (vgl. Rdn. 21).

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Für den echten Tausch und für die Fälle der Einbringung gelten dieselben Grundsätze (Rdn. 5 bis 17); in den Einbringungsfällen sind aber zusätzlich besondere Voraussetzungen zu beachten (Rdn. 18 bis 24). In Fällen des echten Tauschs sind die erhaltenen Anteile mit dem Buchwert und in den Fällen des § 21 UmwStG oder § 17 EStG mit den Anschaffungskosten der hingegebenen Anteile zu bewerten. Wegen der Bewertung in Fällen der Einbringung wird auf die Ausführungen unter Rdn. 23 und 24 hingewiesen.

 

II. Nämlichkeit von Anteilen an Kapitalgesellschaften

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Nach den Grundsätzen des Tauschgutachtens des BFH führt der Tausch von Anteilen an Kapitalgesellschaften nicht zu einer Gewinnverwirklichung, wenn die hingegebenen und die erhaltenen Anteile bei wirtschaftlicher Betrachtung wert-, art- und funktionsgleich sind (Nämlichkeit der Anteile). Setzt der Stpfl. die erhaltenen Anteile in seiner Handelsbilanz mit dem Buchwert der hingegebenen Anteile an, so ist dies für sich allein kein Indiz für die Nämlichkeit.

 

1. Wertgleichheit

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Wertgleichheit liegt vor, wenn sich die gemeinen Werte der hingegebenen und der erhaltenen Anteile entsprechen. Wird neben den eingetauschten Anteilen eine zusätzliche Leistung in Bar- oder Sachmitteln erbracht, so ist dennoch Wertgleichheit der Anteile anzunehmen, wenn es sich bei der zusätzlichen Leistung lediglich um einen Spitzenausgleich handelt, der nicht mehr als 10 % des gemeinen Werts der höherwertigen Beteiligung betragen darf. Soweit ein Spitzenausgleich geleistet wird, ist der Vorgang als Veräußerungs- und Anschaffungsgeschäft zu behandeln. Zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns ist vom Spitzenausgleich der Teil des Buchwerts der hingegebenen Anteile abzuziehen, der dem Verhältnis des Spitzenausgleichs zum gemeinen Wert der hingegebenen Anteile entspricht. In Höhe des geleisteten Spitzenausgleichs liegen nachträgliche Anschaffungskosten auf die Anteile vor. Beträgt die zusätzliche Leistung mehr als einen Spitzenausgleich, stellt auch der Tausch der Anteile insgesamt ein Veräußerungs- und Anschaffungsgeschäft dar (vgl. Rdn. 1).

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Die Wertgleichheit kann nicht dadurch erreicht werden, daß ein einheitlicher Vorgang in einen gewinneutralen Tausch (mit oder ohne Spitzenausgleich) und eine Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft gegen Entgelt aufgespalten wird.

 

2. Art- und Funktionsgleichheit

Die Art- und Funktionsgleichheit der Anteile ist nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten i.d.R. anzunehmen, wenn

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a) vor und nach dem Tausch eine in etwa gleich große Einflußnahme auf die geschäftlichen Belange des Unternehmens, an dem die Beteiligung besteht, möglich ist. Beim Tausch von A...

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