Leitsatz

Das Vorliegen einer Zahlungsunfähigkeit ist für die Stundungsbedürftigkeit nicht erforderlich.

 

Sachverhalt

Der Kläger erzielte Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit. Im Februar 2012 wurde gegen ihn eine Einkommensteuernachzahlung 2009 sowie eine nachträgliche Vorauszahlung für das IV. Quartal 2011 i. H. v. insgesamt 25.000 EUR festgesetzt. Im März beantragte der Kläger die Stundung gegen Ratenzahlung, da er aufgrund verschiedener von ihm nicht zu vertretender Gründe zur Zahlung in einer Summe nicht in der Lage sei. Das Finanzamt übersandte dem Kläger einen Fragebogen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen. Zudem wurde er aufgefordert zu erklären, warum es ihm nicht möglich sei, einen Kredit aufzunehmen. Der Kläger reichte den Fragebogen ein. Das Finanzamt lehnte nach einigen Diskussionen den Stundungsantrag mit der Begründung ab, dass die vorgebrachten Stundungsgründe persönlicher Natur seien, da sie sich aus den persönlichen wirtschaftlichen Verhältnissen des Klägers ergäben. Allerdings sei die für eine Stundung aus persönlichen Gründen erforderliche Stundungsbedürftigkeit nicht erkennbar, da der Kläger noch über liquide Mittel und ein Wertpapierdepot verfügte. Allerdings wurde von Vollstreckungsmaßnahmen abgesehen, wenn der Kläger die Raten weiter zahlte. Der Kläger legte im Juni 2012 Einspruch ein, da hier entgegen der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung sehr wohl die persönlichen Stundungsgründe gegeben seien. Der Einspruch wurde zurückgewiesen, sodass der Kläger Klage erhob.

 

Entscheidung

Die Klage hatte dahingehend Erfolg, dass das FG die Finanzverwaltung zur Neubescheidung des Stundungsantrags verpflichtete. Nach § 222 AO könne das Finanzamt Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder teilweise stunden, wenn die Einziehung eine erhebliche Härte für den Schuldner bedeuten würde und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet erscheint. Beide Voraussetzungen pflegen sich regelmäßig ganz oder teilweise gegenseitig auszuschließen, sodass eine Abwägung erforderlich sei. Hierbei sei das Ermessen von der Finanzverwaltung im Sachverhalt nicht zutreffend ausgeübt worden. Insbesondere habe die Finanzverwaltung verkannt, dass Zahlungsschwierigkeiten und damit eine erhebliche Härte nicht erst entstehen, wenn keine oder nicht ausreichend liquide Mittel vorhanden sind. Erhebliche Zahlungsschwierigkeiten könnten bereits dann vorliegen, wenn die liquiden Mittel zwar für die Zahlung der Steuerschuld ausreichen würden, dann jedoch private oder berufliche Verbindlichkeiten nicht mehr beglichen werden könnten. Der Beklagte habe hier dargelegt, dass dies der Fall gewesen wäre.

 

Hinweis

Nach § 222 AO kann die Finanzverwaltung Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder teilweise stunden, wenn die Einziehung eine erhebliche Härte darstellt und der Steueranspruch nicht gefährdet erscheint (im Einzelnen Schwarz, AO, § 222 AO Rz. 2 ff.). Beide Voraussetzungen sind häufig konträr (BFH, Urteil, v. 21.8.1973, VIII R 8/68, BStBl 1974 II S. 307), aber gleichwohl grundsätzlich nebeneinander zu erfüllen. Die Entscheidung streicht heraus, dass eine unbillige Härte der Steuerzahlung nicht erst dann vorliegen kann, wenn der Steuerpflichtige zur Zahlung nicht in der Lage ist, sondern bereits dann, wenn zwar die Zahlungen an das Finanzamt geleistet werden könnten, dann aber der Steuerpflichtige nicht in der Lage wäre, kurz- oder mittelfristig fällig werdende notwendige private oder berufliche Zahlungen zu leisten. Diese Auffassung ist sicherlich zutreffend, da es nicht Sinn und Zweck einer Steuerfestsetzung sein kann, den Steuerpflichtigen in die wirtschaftliche Existenzvernichtung zu treiben. Gleichwohl sollte nicht verkannt werden, dass i. d. R. Steuerzahlungen zu leisten sind, auch wenn dies mit Härten beim Steuerpflichtigen verbunden ist, sodass es sich bei der Entscheidung des FG Sachsen um einen Ausnahmefall handeln dürfte.

 

Link zur Entscheidung

Sächsisches FG, Urteil vom 12.02.2014, 8 K 1870/12

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