Leitsatz

Eine nicht den realen Wertverhältnissen entsprechende Verschmelzung, zu deren Durchführung das Kapital der aufnehmenden Kapitalgesellschaft um den Nominalwert der Anteile der übertragenden Kapitalgesellschaft erhöht wird, kann – anteilig – zu einer nach § 17 Abs. 1 S. 2 EStG steuerbaren verdeckten Einlage des Wirtschaftsguts "Geschäftsanteil" zugunsten neuer, im Zuge der Verschmelzung gewährter Geschäftsanteile führen, wenn die steuerpflichtige natürliche Person sowohl am Über­nehmenden wie auch an der Anteilseignerin der übertragenden Kapitalgesellschaft maßgebend beteiligt ist.

 

Normenkette

§ 17 Abs. 1, Abs. 2 EStG, §§ 55 ff., §§ 57c ff. GmbHG, § 5, § 55 UmwG, §§ 11 bis 13 UmwStG, § 1, § 3 KapErhStG, § 266, § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB

 

Sachverhalt

Vereinfachen stellt sich der sehr komplexe Fall, in den z.T. in den Praxis-Hinweisen eingeführt wurde, wie folgt dar: K ist direkt zu ½ an der B-GmbH beteiligt und über die BV zu ½ an der A-GmbH. Wird nun die A auf die B verschmolzen und das Kapital der B um 100 000 EUR erhöht, erhält die BV nun einen Anteil an der B von ¼ (Geschäftsanteil von 50 000 EUR).

Damit erhält sie aber einen Wertzuwachs. Denn ihr Anteil ist nun 1,25 Mio. EUR wert, während er vor der Verschmelzung lediglich 50 000 EUR umfasste. Das ist eine Wertsteigerung von 1,2 Mio. EUR. Durch sein Mitwirken an dieser Verschmelzung legt K in die BV einen Teil seines Geschäftsanteils ein und muss die Differenz zu seinen Anschaffungskosten versteuern. Im Beispiel sind das 1,2 Mio. EUR.

FA und FG (FG Köln, Urteil vom 26.05.2009, 8 K 335/07, Haufe-Index 2197550, EFG 2009, 1459) kamen zu dem nämlichen Ergebnis, allerdings mit dem etwas falschen Umweg über eine Einlage von Bezugsrechten.

 

Entscheidung

Trotz dieses Rechtsfehlers konnte der BFH die Vorentscheidung bestätigen.

 

Hinweis

Was ist eigentlich eine nicht verhältniswahrende Verschmelzung? Bei einer verhältniswahrenden Verschmelzung wird das Umtauschverhältnis der Anteile anhand der realen Werte festgelegt (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 3 UmwG). Eine Verschmelzung, die dieses Verhältnis nicht wahrt, liegt vor, wenn das Kapital der aufnehmenden Gesellschaft um den Nominalwert der Anteile der übertragenden Gesellschaft erhöht wird und dementsprechend als Gegenleistung für die Übertragung neue Anteile an die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft ausgegeben werden, obschon dies den realen Wertverhältnissen nicht entspricht. So verhält es sich, wenn die GmbH A auf die GmbH B verschmolzen wird, beide Stammkapitale 100 000 EUR betragen, der Verkehrswert von A gleich dem Nominalwert ist, der gemeine Wert von B aber 5 Mio. EUR beträgt. Dann bekommt der Gesellschafter von A im Zuge der Verschmelzung Anteile an B, die viel mehr wert sind als seine bisherigen Anteile an der A.

1. Dies ist die Ausgangssituation der Grundsatzentscheidung des BFH, die sich mit den Folgen einer derartigen nicht verhältniswahrenden Verschmelzung auseinandersetzen musste. Was ist in diesen Fällen das steuerrechtliche Problem? Es rührt daraus, dass die Gesellschafter der aufnehmenden Gesellschaft identisch sind mit den Anteilseignern der Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft. Nehmen wir K. Er ist an der aufnehmenden Gesellschaft B beteiligt. Gleichzeitig beherrscht er eine niederländische BV, die an der übertragenden Gesellschaft A maßgebend beteiligt ist. Die Frage, die sich stellt, ist die, ob K durch sein Mitwirken an der nicht verhältniswahrenden Verschmelzung der BV etwas zuwendet, etwas einlegt.

2. Nach § 17 Abs. 1 S. 2 EStG steht nämlich die Einlage von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft der Veräußerung von Anteilen gleich. FA und FG haben eine Einlage bejaht und den Fall über Bezugsrechte gelöst. K habe mit der Kapitalerhöhung ein Bezugsrecht erworben und diese Anwartschaft i.S.d. § 17 Abs. 1 S. 3 EStG in die BV eingelegt.

3. Nun entstehen aber keine Bezugsrechte, wenn das Kapital einer Gesellschaft im Zuge einer Verschmelzung erhöht wird. Dies folgt aus einer komplizierten Paragrafenkette (siehe § 55 Abs. 1, § 69 Abs. 1 UmwG; § 57j, § 57c Abs. 4 GmbHG), versteht sich aber von selbst: denn die durch die Kapitalerhöhung entstehenden Anteile sollen ja den Gesellschaftern der übertragenden Gesellschaft zustehen, als Gegenleistung dafür, dass die Gesellschaft A ihr Vermögen der Gesellschaft B überträgt.

4. Wenn nun aber keine Bezugsrechte entstehen, wird nichts eingelegt. Diese Schlussfolgerung hat der BFH nicht gezogen. Im Gegenteil. Dieser Fall gab ihm Gelegenheit für eine innovative, systematisch eigentlich vorrangige Lösung: Verdeckt eingelegt wird der Geschäftsanteil direkt.

5. Mit der Kapitalerhöhung und der Ausgabe neuer Anteile kommt es nicht nur zu dem eben beschriebenen Wertetransfer. Vielmehr führt eine Kapitalerhöhung zu einer Abspaltung der durch den alten Gesellschaftsanteil verkörperten Substanz und damit zur Abspaltung eines Teils des "Geschäftsanteils" i.S.d. § 17 Abs. 1 S. 3 EStG. Dieser Anteil ist steuerrechtlich wiederum als Geschäftsanteil ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge