Die beschriebenen Herausforderungen haben gemeinsam, dass sie so grundlegend für die (künftige) Arbeit in einer Steuerkanzlei sind, dass sie nicht operativ angegangen werden können. Wenig Erfolg versprechend sind also Aktivitäten, die in Richtung Prozessoptimierung oder "effektiveres, schnelleres Arbeiten" gehen: Für sich genommen gibt es hier sicherlich wichtige und sinnvolle Initiativen, im Kerngeschäft und in den Kernprozessen kann man nie gut genug sein. Dennoch: die Herausforderungen, die Kanzleien heute schon spüren und die in naher Zukunft noch stärker werden, können allein so nicht gelöst werden.

Im Raum steht z. B. die grundlegende Frage, wie Steuerkanzleien ihre künftige Zweckbestimmung in einer volldigitalen Gesellschaft und Wirtschaft definieren, und ein dazu passendes Dienstleistungsportfolio am Markt positionieren, mit den entsprechenden Fähigkeiten im Team und den passenden effektiven und entwicklungsfähigen Kernprozessen in der Kanzlei, die selbstverständlich in jeglicher Hinsicht digital sind. Gleichzeit wird die Frage beantwortet werden müssen, welche Zielgruppen und welche Art der Dienstleistungserbringung im Vordergrund steht, um vielleicht nicht nur Mittelständler, sondern auch Freiberufler und kostensensible Unternehmer mit professioneller Dienstleistung Mehrwerte zu bieten, die entsprechende Honorare am Markt generieren. Und auch, dass Mitarbeiter mit dem (Zeit-)Budgetrahmen daraus qualitativ hochwertige Arbeit leisten können und für die Inhaber der Kanzlei dieser Prozess wirtschaftlich erfolgreich ist. Auf die operativen Arbeitsprozesse in der Kanzlei zu schauen, ist hier eine Grundvoraussetzung, der allein aber nicht reicht: Der Ausgangspunkt der Überlegungen muss ein strategischer sein, der die Frage beantwortet, welche Werte für welche Mandanten mit welchen Dienstleistungen in der Kanzlei in Zukunft geschaffen werden sollen. Denn auch die operativen oder krisenbedingten Herausforderungen verlangen häufig Einschnitte und Änderungen, die auch für kurzfristig nötige Anpassungen nur mit Augemaß und dem Blick in die Zukunft praktikabel entschieden und umgesetzt werden können.

Ein klares Bild über die unternehmerischen Intentionen, die mit der Tätigkeit in der eigenen Kanzlei einhergehen, kann in diesem Umfeld am besten auf der Ebene der Vision als Teil des Leitbilds erfolgen, denn hier wird eine langfristige Perspektive von 3 bis 10 Jahren in der Zukunft eingenommen.

 
Praxis-Beispiel

Der Unterschied von Management und Führung

Stephen Covey beschreibt in seinem Weltbestseller "Die 7 Wege zur Effektivität" eindrucksvoll, was den Unterschied zwischen (operativem) Management und Führung ausmacht:

Insbesondere in Situationen, die uns aus der Sicht des Tagesgeschäfts besonders herausfordernd erscheinen, ist die Gefahr groß, in die Aktivitätsfalle zu tappen, und die vermeintliche "Erfolgsleiter" immer schneller immer höher zu steigen und dabei so beschäftigt zu sein und vermeintlich keine Zeit zu haben, nur um später festzustellen, dass die Leiter an der falschen Wand steht.

Für wirkliche Effektivität und persönlichen Erfolg braucht es zwei Fähigkeiten: gutes Management und gute Führung.

  • Management hat dabei den operativen Fokus: Wie kann ich die Dinge am besten erledigen?
  • Führung hat den übergeordneten, visionären und strategischen Fokus: Welche sind die Dinge, die es zu erledigen gilt?

Mit anderen Worten: An welche Wand stellen wir die Leiter (Frage der Führung), die wir dann möglichst effektiv hinaufklettern (Frage des Managements).

Ein weiteres Gleichnis ist eine Menschengruppe, die sich einen Weg durch den Dschungel mit Macheten hackt. Das "Mitarbeiterteam" sind hier die Leute mit Macheten, die Problemlöser, die den Weg durch das Unterholz schlagen. Die Manager sind diejenigen, die hinter ihnen stehen, die Macheten schärfen, die operative Vorgehensweise beschreiben (Qualitätsmanagement), für das Muskelaufbautraining und die Gesundheit und Versorgung und Vergütung des Teams sorgen. Die Anführer sind diejenigen, die auf den höchsten Baum steigen und rufen "Falscher Dschungel! Wir müssen woanders hin!". Mit noch so effektivem Management und exzellenter operativer Arbeit der "Dschungelhacker" mit ihren Macheten ist ohne die richtige Führung – "richtiger Dschungel" – kein Erfolg möglich.[1]

Genau das ist es, was eine Steuerkanzlei heute unter den gegebenen Entwicklungen braucht: eine visionäre Führung, die festlegt und entscheidet, wohin es in Zukunft mit der Kanzlei geht ("Welcher Dschungel?"). Dabei geht es nicht darum, die Zukunft vorhersehen zu können, sondern vielmehr unter klarem Blick auf vorhandene Unsicherheiten Prioritäten und Planken für die Entwicklung zu setzen.

Der Startpunkt für den Weg einer erfolgreichen Steuerkanzlei in die Zukunft muss mehr denn je die Vision (= Teil des Leitbilds) sein, denn diese hilft das Gefühl für die angestrebte Richtung trotz manchmal überbordender Anforderungen aus dem Tagesgeschäft zu behalten und auf Kurs zu bleiben.

Ihre Vision ist der Startpunkt einer erfo...

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