Leitsatz

1. § 1b Abs. 2 Nr. 1 UStG erfasst nur solche motorbetriebenen Landfahrzeuge, die zur Personen- oder Güterbeförderung bestimmt sind.

2. Zur Personenbeförderung bestimmt sind auch solche Fahrzeuge, die von den Erwerbern für Sport- oder Freizeitzwecke verwendet werden.

 

Normenkette

§ 1b, § 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a UStG 2005, Art. 28a Abs. 1 und Abs. 2 6. EG-RL

 

Sachverhalt

Die Klägerin handelte mit Pocket-Bikes (Motorräder, Motorroller, Cross-Bikes und Quads in Miniaturausgabe), die bis 24 kg schwer sind, nicht die Maße 110 cm × 50 cm × 50 cm überschreiten und bei denen die Sitzhöhe etwa bei 40 bis 50 cm liegt. Die Motorisierung besteht aus einem Einzylinder-Zweitaktmotor. Die Höchstgeschwindigkeit liegt teilweise bei über 70 km/h. Die Pocket-Bikes sind in der Bundesrepublik Deutschland nicht für den öffentlichen Straßenverkehr zugelassen. Die Klägerin behandelte die Lieferung der Pocket-Bikes an Privatpersonen in das übrige Gemeinschaftsgebiet als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung neuer Fahrzeuge. Das FA ging demgegenüber von einer Steuerpflicht dieser Lieferungen aus. Einspruch und Klage (Vorinstanz: FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10.5.2011, 5 K 5070/08, Haufe-Index 2705914, EFG 2011, 2021) hatten keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH hob das Urteil des FG auf und gab der Klage statt.

 

Hinweis

1. Steuerfrei ist bei neuen Fahrzeugen die innergemeinschaftliche Lieferung an jeden Erwerber, wenn die hierfür erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind (§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst c UStG).

2. Pocket-Bikes sind neue Fahrzeuge i.S.v. § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c i.V.m. § 1b UStG.

a) Fahrzeuge sind gem. § 1b Abs. 2 Nr. 1 UStG "motorbetriebene Landfahrzeuge mit einem Hubraum von mehr als 48 Kubikzentimetern oder einer Leistung von mehr als 7,2 Kilowatt".
b) Weitergehend verlangt § 1b Abs. 2 Nr. 1 UStG bei richtlinienkonformer Auslegung, dass diese Fahrzeugezur Personen- oder Güterbeförderung entsprechend Art. 2 Abs. 2 Buchst. a (i) MwStSystRL (Art. 28a Abs. 2 Buchst. a der 6. RL) bestimmt sind.

Dies trifft auf Pocket-Bikes zu. Befördern ist die räumliche Fortbewegung von Personen oder Gegenständen, wobei die Art des Beförderungsmittels nicht von Bedeutung ist. Für die Beurteilung ist nicht auf das Motiv und den wirtschaftlichen Sinn ihres Einsatzes, sondern auf ihre tatsächliche Nutzungsmöglichkeit abzustellen. Es kommt nicht darauf an, ob Pocket-Bikes z.B. zur Durchführung sportlicher Wettkämpfe oder zum Umherfahren auf privatem Gelände genutzt werden. Dass die Pocket-Bikes für Erwachsene unbequem sind, spricht gleichfalls nicht gegen ihre Bestimmung zur Ortsveränderung.

c) Eine weitergehende Einschränkung des Fahrzeugbegriffs auf Pkw hat weder im Wortlaut des nationalen Rechts noch dem des Unionsrechts einen Ausdruck gefunden.
 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 27.2.2014 – V R 21/11

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