Leitsatz

1. Ein Orchestermusiker kann als Unternehmer gegenüber dem Orchester, in dem er tätig ist, nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. n der 6. EG-RL umsatzsteuerfreie kulturelle Leistungen erbringen (Anschluss an EuGH, Urteil vom 03.04.2003, C‐144/00, Hoffmann, BFH/NV Beilage 2003, 153, Slg. 2003, I‐2921, Änderung der BFH-Rechtsprechung).

2. Für die nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. n der 6. EG-RL erforderliche Anerkennung des Unternehmers reicht eine Bescheinigung über die Erfüllung "gleicher kultureller Aufgaben" i.S.v. § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 2 UStG aus.

 

Normenkette

§ 4 Nr. 20 Buchst. a UStG 1999, Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. n der 6. EG-RL (Art. 132 Abs. 1 Buchst. n MwStSystRL)

 

Sachverhalt

Das FA nahm den Kläger (alleiniger Inhaber, Betreiber und Leiter eines Orchesters, dessen Orchester-Leistungen aufgrund der Bescheinigung der Bezirksregierung X vom November 1998 steuerfrei waren) als Steuerschuldner nach § 13b Abs. 1 Nr. 1 UStG in Anspruch für die Leistungen im Ausland ansässiger freiberuflicher Musiker, die er zur Durchführung der Konzerte verpflichtet hatte.

Auch die Bescheinigung der zuständigen Stelle vom Januar 2006 hielt das FA nicht für ausreichend, obwohl die Musiker namentlich aufgeführt waren und bescheinigt war, dass diese "in ihrer Eigenschaft als Mitglieder des Orchesters, die gleichen kulturellen Aufgaben erfüllen wie die in § 4 Nr. 20a UStG genannten staatlichen und kommunalen Einrichtungen".

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte das FG (FG Köln, Urteil vom 21.08.2008, 7 K 3380/06, Haufe-Index 2068625, EFG 2008, 1919). Für die Auffassung des FA, eine Befreiung komme nur in Betracht, wenn für alle Leistungen der betreffenden Musiker – also nicht nur für die gegenüber dem Kläger für das Orchester erbrachten Leistungen – eine Bescheinigung vorliege, gebe es keine Grundlage.

Dass eine Bescheinigung auch rückwirkend erteilt werden kann, hat der BFH bereits zu § 4 Nr. 21 UStG entschieden (BFH, Urteil vom 20.08.2009, V R 25/08, BFH/NV 2009, 2085, BFH/PR 2010, 19). Auch ist nicht – wie das FA meinte – eine Bescheinigung für jede einzelne Veranstaltung erforderlich.

 

Hinweis

Nach § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 2 UStG sind nicht nur die Leistungen der Orchester, Chöre, Kammermusikensembles etc, die von öffentlich-rechtlichen Trägern unterhalten werden, sondern auch die musikalischen Leistungen der privaten Orchester umsatzsteuerfrei.

Für private Einrichtungen gilt dies jedoch nur, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass das private Orchester die gleichen kulturellen Aufgaben wie ein Orchester einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft erfüllt. Das Mitglied eines Chors, eines Orchesters oder eines Kammermusikensembles ist aber dem Chor, Orchester oder Kammermusikensemble in seiner Gesamtheit nicht gleichartig.

Deren Leistungen sind aber nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. n der 6. EG-RL (Art. 132 Abs. 1 Buchst. n MwStSystRL) steuerfrei, der lediglich voraussetzt, dass es sich um "bestimmte kulturelle Dienstleistungen handelt, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannten Einrichtungen erbracht werden".

Liegt die erforderliche Bescheinigung für das private Orchester vor, sind nach dem Besprechungsurteil des BFH nicht nur die Leistungen des Orchesters selbst, sondern auch die Leistungen steuerfrei, die einzelne Musiker, die als Unternehmer selbstständig tätig sind, als Orchestermitglied gegenüber dem Orchester erbringen. Dies beruht maßgeblich auf dem Urteil des EuGH aus dem Jahr 2003. Aufgrund dieses EuGH-Urteils wurde eine frühere Rechtsprechung, die von der Steuerpflicht der durch einen einzelnen Musiker erbrachten Leistung ausgegangen ist, gegenstandslos.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 18.02.2010 – V R 28/08

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