Hier darf und muss der Steuerberater tätig werden, da die Abgabenordnung mit zu den relevanten und originären Aufgabengebieten des Steuerberaters gehört.

§ 75 AO sieht die Haftung des Betriebsübernehmers für Steuerschulden des Verkäufers vor.[1]

Der Käufer haftet unter ganz bestimmten Voraussetzungen, d. h. wenn die Übereignung eines Unternehmens (oder eines gesondert geführten Betriebs) im Ganzen erfolgt. Im Ganzen wird ein Unternehmen dann übereignet, wenn die wesentlichen Grundlagen des Unternehmens in einem wirtschaftlich einheitlichen Vorgang übergehen, sodass der Käufer in der Lage ist, mit den auf ihn übertragenen Wirtschaftsgütern das gleiche Unternehmen ohne nennenswerte Investitionen fortzuführen.[2] Eine Übereignung liegt vor, wenn der Käufer in der Lage ist, wirtschaftlich wie ein Eigentümer über das Unternehmen zu verfügen. Bei einem Gebrauchtwagenhändler stellen bei den heutigen Marktbedingungen der Name und der Internetauftritt – zusammen mit der E-Mail-Adresse – mit die wesentlichsten Geschäftsgrundlagen eines Betriebs dar, sodass dem Übergang von Geschäftsnamen und Internetauftritt überragende Bedeutung für die Prüfung der Übereignung eines Betriebsteils i. S. d. § 75 AO zukommt.[3]

§ 75 AO ist aber nicht anwendbar, wenn ein "sterbendes" Unternehmen in der Absicht erworben wird, es aufzulösen und abzuwickeln und der Käufer dies auch durchführt oder wenn ein nicht nur kurzfristig stillgelegtes Unternehmen erworben wird, das nur mit größeren Schwierigkeiten fortgesetzt werden kann.

Die Haftung nach § 75 AO trifft den Erwerber ohne Rücksicht darauf, ob er Kenntnis von den Steuerschulden des Rechtsvorgängers hatte.

Inhaltlich ist § 75 AO allerdings auf unternehmensbedingte Steuern (z. B. Lohnsteuer, Umsatzsteuer etc.) beschränkt (nicht steuerliche Nebenleistungen). Zeitlich betrifft § 75 AO nur Steuern, die seit dem Beginn des letzten vor der Übereignung liegenden Kalenderjahrs entstanden sind und innerhalb von einem Jahr nach Anmeldung des Betriebs durch den Erwerber (§§ 137 bis 139 AO) festgesetzt oder angemeldet wurden (s. aber weitergehende Haftung nach § 25 HGB).

§ 75 AO beschränkt sich zugunsten des Käufers auf den Bestand des übernommenen Vermögens. Der Erwerber kann allerdings nicht vom Bestand des übernommenen Vermögens den Kaufpreis für das Unternehmen abziehen.

Für den Umfang der Haftung ist der Bestand des übernommenen Vermögens im Zeitpunkt der Inanspruchnahme seitens des Finanzamts maßgebend. An die Stelle inzwischen veräußerter Gegenstände treten dafür erlangte Surrogate.

Der Steuerberater muss den Käufer-Mandanten darauf hinweisen, dass etwaige interne Freistellungsklauseln zum Schutz des Käufers (§ 25 HGB) vom hinzuzuziehenden Rechtsanwalt im Kaufvertrag aufgenommen werden sollten.

Bittet ein Kaufinteressent das Finanzamt um Auskunft über Rückstände an Betriebssteuern und Steuerabzugsbeträgen, für die eine Haftung infrage kommt, kann die Auskunft nur erteilt werden, wenn der Betriebsinhaber zustimmt (§ 30 Abs. 4 Nr. 3 AO).

[1] BFH, Beschluss v. 17.3.2008, V B 173/06 mit Verweisen auf frühere Entscheidungen; BFH, Urteil v. 14.5.2013, VII R 36/12; BFH, Urteil v. 12.1.2011, XI R 11/08: Wird ein Unternehmen i. S. d. § 75 AO von mehreren Personen zu Miteigentum nach Bruchteilen erworben, haften sie aufgrund der gemeinsamen Tatbestandsverwirklichung als Gesamtschuldner.

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