OFD Frankfurt, 13.2.2014, S 0181 A - 2 - St 53

Als Ausnahmeregelung zum Gebot der zeitnahen Mittelverwendung (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 AO) lässt § 62 Abs. 1 AO zu, dass eine Körperschaft unter bestimmten Voraussetzungen ihre Mittel ganz oder teilweise einer Rücklage zuführt. § 62 Abs. 3 und 4 AO stellt die Fälle der zulässigen Vermögenszuführung dar.

 

1. Rücklagenbildung

Ergänzend zu AEAO zu § 62 Abs. 2 Tz. 14 und 15 weise ich darauf hin, dass bilanzierende Körperschaften die Rücklagen in ihrer Bilanz offen (getrennt vom übrigen Kapital) ausweisen sollten. Es ist allerdings ausreichend, wenn sich die Rücklagen aus einer Nebenrechnung zum Jahresabschluss ergeben. Nicht bilanzierende Körperschaften haben die Rücklagen neben ihren Aufzeichnungen über ihre Einnahmen und Ausgaben (§ 63 Abs. 3 AO) in einer gesonderten Nebenrechnung auszuweisen.

Hat die Körperschaft, ohne dass die Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 AO vorliegen, Mittel angesammelt, so entspricht die tatsächliche Geschäftsführung nicht dem Erfordernis des § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO. Das Finanzamt kann der Körperschaft gemäß § 63 Abs. 4 AO eine Frist für die Verwendung der Mittel setzen. Die Frist ist nach den Umständen des Einzelfalles zu bemessen, sollte jedoch regelmäßig 2 bis 3 Jahre nicht übersteigen (vgl. auch AEAO zu § 63 Tz. 2.

 

1.1 Rücklagen i.S. des § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO

Die Mittel müssen bei der sogenannten „zweckgebundenen Rücklagen” i.S. des § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO für bestimmte Zweckverwirklichungsmaßnahmen angesammelt werden. Für die Durchführung müssen konkrete Zeitvorstellungen bestehen. Kann für ein bestimmtes Vorhaben noch kein genauer Zeitpunkt für die Durchführung festgelegt werden, ist eine Rücklagenbildung nur zulässig, wenn die Durchführung glaubhaft und bei den finanziellen Verhältnissen der Körperschaft in einem angemessenen Zeitraum möglich ist (AEAO zu § 62 Abs. 1 Nr. 1 Tz. 4. Grundsätzlich sollte ein Zeitraum von 6 Jahren nicht überschritten werden. Das Merkmal ‚erforderlich’ ist – hinsichtlich Grund, Höhe und zeitlichem Umfang – nach objektiven Kriterien des konkreten Falles zu überprüfen (vgl. BFH-Urteil vom 13.9.1989, I R 19/85, BStBl 1990 II S. 28). Nicht ausreichend ist das Bestreben, ganz allgemein die Leistungsfähigkeit der Körperschaft zu erhalten. Desgleichen ist die erstmalige Bildung einer ertragbringenden Vermögenssubstanz aus den Mitteln der Körperschaft zur nachhaltigen Zweckerfüllung nicht erforderlich (vgl. BFH-Urteil vom 13.9.1989, a.a.O.). Die Frist des § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO für die zeitnahe Verwendung von Mitteln kann nicht mit der Begründung verlängert werden, die Überlegungen zur Verwendung der Mittel seien noch nicht abgeschlossen. Dementsprechend kommt mit einer solchen Begründung auch die Bildung einer Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht in Betracht (AEAO zu § 62 Abs. 1 Tz. 3.

Zu den nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO zulässigen Rücklagen gehört auch die sog. Betriebsmittelrücklage für periodisch wiederkehrende Ausgaben in Höhe des Mittelbedarfs für eine angemessene Zeitspanne. Die Berechnung der Höhe der Rücklage ist davon abhängig, in welchem Umfang die Körperschaft regelmäßige Einnahmen erzielt. Insoweit bestimmt sich die Zeitspanne (höchstens bis zu einem Geschäftsjahr) nach den Verhältnissen des jeweiligen Einzelfalles.

Soweit die Körperschaft mehrere Vorhaben gleichzeitig beabsichtigt, sind nebeneinander mehrere Rücklagen nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO zulässig. Desgleichen gilt, wenn neben einer Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO eine Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO gebildet wird.

Die Voraussetzungen für die Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO sind in jedem Prüfungszeitraum erneut zu prüfen.

 

1.2 Wiederbeschaffungsrücklage i.S. des § 62 Abs. 1 Nr. 2 AO

Die Regelung des § 62 Abs. 1 Nr. 2 AO wurde mit dem Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes zum 1.1.2014 eingeführt, zuvor war allerdings eine entsprechende Vorgehensweise in AEAO zu § 58 Nr. 6 Tz. 10 geregelt. Nach AEAO zu § 62 Abs. 1 Nr. 2 Tz. 6 ist es erforderlich, dass tatsächlich eine Neuanschaffung des einzelnen Wirtschaftsguts geplant und in einem angemessenen Zeitraum möglich ist. Eine Einstellung von Mitteln in Höhe der Abschreibungen in die Rücklage wäre z.B. dann nicht gerechtfertigt, wenn ein Fuhrpark verkleinert oder ein Gebäude während unabsehbar langer Zeit nicht durch einen Neubau ersetzt werden soll.

Die Zuführung von Mitteln in Höhe der Abschreibungen dürfte z.B. dann nicht ausreichen, wenn das vorhandene Wirtschaftsgut entweder frühzeitig oder durch ein besseres, größeres und teureres Wirtschaftsgut ersetzt werden soll. Die Zuführung dürfte z.B. dann überhöht sein, wenn die steuerlich zulässigen (Sonder-)Abschreibungen nicht mit dem tatsächlichen Wertverlust übereinstimmen.

 

1.3 Freie Rücklagen i.S. des § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO

Die Rücklagenbildung nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO ist für alle Körperschaften möglich.

Die Rücklagenbildung in Höhe bis zu einem Drittel des Überschusses aus Vermögensverwaltung setzt voraus, dass entsprechende Einnahmen erzielt werden. Auf § 14 Satz 3 A...

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