OFD Münster, 25.2.2002, S 2303 - 2 - St 13 - 31

 

I. Haftung des Leistungsempfängers

Wenn dem Leistungsempfänger eine Kopie einer Freistellungsbescheinigung vorliegt, aus der Name, Anschrift und Steuernummer des Leistenden ersichtlich sind, ein Dienstsiegel und eine Sicherheitsnummer enthalten ist und die Gegenleistung innerhalb der angegebenen Gültigkeit der Bescheinigung geleistet wird, ist eine Haftung des Leistungsempfängers grundsätzlich ausgeschlossen. Er ist insbesondere nicht dazu verpflichtet, sich vor jeder Zahlung aufs Neue zu vergewissern, ob die Freistellungsbescheinigung in der Zwischenzeit widerrufen wurde.

Durch die Abfrage beim Bundesamt für Finanzen (BfF) oder durch Anruf beim Ausstellungsfinanzamt kann er sich z.B. in den Fällen über die Richtigkeit der Bescheinigung informieren, in denen ihm Angaben in der Bescheinigung nicht plausibel erscheinen oder unlesbar sind.

Es besteht kein Rechtsanspruch auf eine schriftliche Bestätigung der Freistellungsbescheinigung durch das zuständige FA.

Die Haftung des Leistungsempfängers § 48a Abs. 3 EStG) ist ausgeschlossen, wenn ihm im Zeitpunkt der Gegenleistung eine Freistellungsbescheinigung (in Kopie) vorgelegen hat, auf deren Rechtsmäßigkeit er vertrauen durfte. Er haftet für die nicht oder zu niedrig einbehaltene und abgeführte Abzugsteuer jedoch immer dann, wenn ihm bekannt war, dass die Freistellungsbescheinigung unlauter erwirkt wurde oder ihm dies grob fahrlässig nicht bekannt war. Grobe Fahrlässigkeit ist in diesem Zusammenhang anzunehmen, wenn der Leistungsempfänger die ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen zumutbare Sorgfalt in Bezug auf die Überprüfung der Freistellungsbescheinigung in ungewöhnlichem Maße und in nicht entschuldbarer Weise verletzt hat.

Nur das Unterlassen einer Abfrage im Internet (BfF) oder einer Rückfrage beim FA wirkt nicht haftungsverschärfend. Es müssen weitere Umstände hinzutreten, aus denen sich eine grobe Fahrlässigkeit ergibt.

 

II. Erteilen der Freistellungsbescheinigung

Wenn in der Person und dem steuerlichen Verhalten des Leistenden keine Gründe für eine Begrenzung einer Freistellungsbescheinigung auf einen bestimmten Auftrag oder einen kürzeren Zeitraum vorliegen, ist eine auf drei Jahre befristete Freistellungsbescheinigung zu erteilen. Neben der befristeten können keine auftragsbezogenen Freistellungsbescheinigungen erteilt werden.

Die Einstellung eines Betriebes ist kein Grund, eine Freistellungsbescheinigung zu widerrufen (Ausnahme: Fälle der Gewerbeuntersagung).

Grundsätzlich kann auch einem Insolvenzverwalter eine Freistellungsbescheinigung erteilt werden.

 

III. Bemessungsgrundlage bei ausländischen Leistenden

Gemäß § 48 Abs. 3 EStG ist Bemessungsgrundlage für die Abzugssteuer das Entgelt zuzüglich der Umsatzsteuer.

Erbringt ein ausländischer Unternehmer eine Bauleistung, ist gemäß § 13b UStG der Auftraggeber (Leistungsempfänger) Schuldner der Umsatzsteuer. Diese Umsatzsteuer ist somit nicht Teil des Entgelts. Auf Grund der ausdrücklichen Regelung im § 48 Abs. 3 EStG ist sie aber Teil der Bemessungsgrundlage für den Steuerabzug.

Beispiel:

Bauunternehmer X beauftragt im Januar 2002 die niederländische B-B.V. den Rohbau eines Bürogebäudes zu erstellen. Der Rechnungsbetrag lautet über 100.000 EUR. Eine Freistellungsbescheinigung wurde dem X weder in Kopie noch im Original vorgelegt.

X schuldet gemäß § 13b UStG für diese Leistungsbeziehung eine USt i.H. von 16.000 EUR. Die Abzugssteuer ermittelt sich mit 15 % von (100.000 EUR + 16.000 EUR) und beträgt somit 17.400 EUR.

 

IV. Zuständigkeit bei im Ausland ansässigen Arbeitnehmern mit (Zweit-) Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland

Bezugnehmend auf Tz. 5.b) der Verfügung vom 5.10.2001, S 2303 – 2 – St 13 – 31 wird darauf hingewiesen, dass die beschriebenen Arbeitnehmerfälle an die zentral zuständigen Finanzämter abgegeben werden können. Entscheidend für die Frage der Zuständigkeit ist die Ansässigkeit der Arbeitnehmer i.S. vonArt. 4 OECD-MA.

 

V. Zuständigkeit für das Abzugsverfahren in den Fällen der gesonderten Gewinnfeststellung

Gemäß Tz. 69 des BMF-Schreibens vom 1.11.2001 (BStBl 2001 I S. 804) ist bei natürlichen Personen, die Bauleistungen erbringen, das Wohnsitzfinanzamt für das Steuerabzugsverfahren zuständig. Diese Regelung ist auch dann zu beachten, wenn für die Festsetzung und Erhebung betrieblicher Steuern ein anderes FA zuständig ist. Insbesondere bei den Fällen der gesonderten Gewinnfeststellung ist daher nicht das Betriebsfinanzamt, sondern das Wohnsitzfinanzamt für die Erteilung von Freistellungsbescheinigungen oder für die Durchführung des Abzugsverfahrens zuständig.

Da die angemeldeten Abzugsbeträge vorrangig mit der Lohnsteuer des Leistenden verrechnet werden müssen § 48c Abs. 1 Nr. 1 EStG), ist insoweit eine enge Zusammenarbeit zwischen den Betriebs- und Wohnsitzfinanzämtern geboten.

 

Normenkette

EStG § 48 ff.

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