A. Grundaussagen der Vorschrift

I. Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

[Autor/Stand] § 82 BewG entspricht im Grundgedanken dem § 37 BewDV 1934. Diese Vorschrift sah eine Ermäßigung bzw. Erhöhung des nach dem Jahresrohmietverfahren ermittelten Werts wegen Vorliegens besonderer Umstände tatsächlicher Art vor. Auch nach dem Regierungsentwurf zu § 82 BewG (§ 52d BewG des Entwurfs) sollten sowohl die Gründe, die zu einer Ermäßigung, als auch die Gründe, die zu einer Erhöhung des Grundstückswerts führen, erschöpfend im Gesetz genannt werden.[2] Als solche waren für eine Ermäßigung ursprünglich nur die Merkmale baulicher Zustand und Notwendigkeit baldigen Abbruchs vorgesehen. Der Finanzausschuss des Bundestages folgte dem jedoch nicht, weil nach seiner Auffassung auch andere Umstände tatsächlicher Art als Ermäßigungsgründe in Betracht kommen können. Entsprechend wurde eine offene Formulierung für Ermäßigungsgründe in den durch den Bundestag verabschiedeten Gesetzestext des BewG 1965 aufgenommen.[3] Für die Gründe einer Erhöhung des Wertes (Grundstücksgröße, Nutzung zu Reklamezwecken) wurde eine entsprechende Notwendigkeit nicht gesehen.

 

Rz. 1a

[Autor/Stand] Nach dem Gesetz zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts (Grundsteuer-Reformgesetz – GrStRefG)[5] ist keine zu § 82 BewG entsprechende Regelung für die Bewertung des Grundstücks im Rahmen des Ertragswertverfahrens vorgesehen. Vielmehr werden im Rahmen der Grundsteuerreform grundsätzlich für die zu § 82 BewG entsprechenden Anlässe in § 253 Abs. 2 BewG Vervielfältiger auf der Grundlage der im Einzelfall zu ermittelnden Restnutzungsdauer festgelegt. Sind nach der Bezugsfertigkeit des Gebäudes Veränderungen eingetreten, die die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes wesentlich verlängert haben, ist von einer der Verlängerung entsprechenden Restnutzungsdauer auszugehen (§ 253 Abs. 2 Satz 4 BewG). Die Restnutzungsdauer eines noch nutzbaren Gebäudes beträgt mindestens 30 % der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer (§ 253 Abs. 2 Satz 5 BewG). Bei einer bestehenden Abbruchverpflichtung für das Gebäude ist die Restnutzungsdauer abweichend von den Sätzen 3 bis 5 auf den Unterschiedsbetrag zwischen der tatsächlichen Gesamtnutzungsdauer und dem Alter des Gebäudes am Bewertungsstichtag begrenzt (§ 253 Abs. 2 Satz 6 BewG). Während in § 82 BewG sämtliche wertmindernden Umstände bzw. werterhöhende Umstände nur bei bestimmten Fallgruppen zu berücksichtigen sind, kehrt sich dies in der Neuregelung des § 253 Abs. 2 BewG um.

[Autor/Stand] Autor: Knittel, Stand: 01.04.2020
[2] BT-Drucks. IV/1488, "Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes", 68.
[3] BT-Drucks. IV/3508, "Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (14. Ausschuss) über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes – Drucksache IV/1488", 39.
[Autor/Stand] Autor: Knittel, Stand: 01.04.2020
[5] Gesetz zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts (Grundsteuer-Reformgesetz – GrStRefG) vom 26.11.2019, BGBl. I 2019, 1794.

II. Allgemeines

 

Rz. 2

[Autor/Stand] Nach dem zur Grundstückswertermittlung anzuwendenden Reinertragsverfahren ergibt sich der Grundstückswert gemäß § 78 Satz 2 BewG grundsätzlich durch Anwendung des maßgeblichen Vervielfältigers (§ 80 BewG) auf die Jahresrohmiete (§ 79 BewG), ggf. korrigiert um die außergewöhnliche Grundsteuerbelastung (§ 81 BewG). Dies gilt jedoch nur für die Fälle, in denen bei dem einzelnen Grundstück keine besonderen Umstände tatsächlicher Art vorliegen, die eine Erhöhung bzw. Ermäßigung dieses Werts rechtfertigen. Vor diesem Hintergrund bestimmt § 82 BewG ergänzend, dass der durch Anwendung eines Vervielfältigers auf die Jahresrohmiete ermittelte und ggf. um die außergewöhnlichen Grundstücksbelastungen korrigierte Wert gemäß §§ 7881 BewG noch abschließend zu ermäßigen bzw. zu erhöhen ist, wenn gesetzlich zulässige wertmindernde bzw. werterhöhende Umstände vorliegen. Durch diese Bewertungsmethode soll in einem vereinfachten, typisierten Verfahren der Bodenwert wie auch der Gebäudewert bzw. Verkehrswert in einem Rechenschritt ermittelt und so der gemeine Wert des jeweiligen Grundstücks annähernd abgebildet werden.[2]

 

Rz. 3

[Autor/Stand] Wesentlicher und in § 82 Abs. 1 bzw. § 82 Abs. 2 BewG kodifizierter Grundgedanke bei der Beurteilung von im Einzelfall für eine Wertkorrektur zu berücksichtigenden Umstände ist, dass, soweit die wertmindernden bzw. werterhöhenden Umstände bereits in der Jahresrohmiete bzw. der üblichen Miete (§ 79 BewG) oder im Vervielfältiger (§ 80 BewG) zum Ausdruck gekommen sind, eine Ermäßigung bzw. Erhöhung wegen dieser Umstände ausscheidet. Daher können alle Umstände, die bereits im Rahmen der Festlegung des Vervielfältigers pauschal bzw. bei der Festlegung der Miete berücksichtigt worden sind, nicht noch einmal durch einen Abschlag nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls berücksichtigt werden.

 

Rz. 4

[Autor/Stand] Die Gründe, die zu einer Ermäßigung oder Erhöhung des Grundstückswerts führen können, sind in § 82 BewG im Einzelnen ausdrücklich aufgeführt. Z...

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