Rz. 74

[Autor/Stand] Bei dem Wohnungserbbaurecht handelt es sich um ein Erbbaurecht, das mehreren Personen gemeinschaftlich nach Bruchteilen zusteht, wobei die Anteile in der Weise beschränkt sind, dass jedem der Berechtigten das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung in einem aufgrund des Erbbaurechts errichteten oder zu errichtenden Gebäude eingeräumt wird. Ein Teilerbbaurecht ist gegeben, wenn das Sondereigentum an bestimmten Räumen besteht, die nicht Wohnzwecken dienen (§ 30 WEG). Wegen weiterer Einzelheiten vgl. § 92 BewG Rz. 32.

 

Rz. 75

[Autor/Stand] Die Bewertung von Wohnungs- und Teilerbbaurechten ist für die Grundstücksbewertung nach dem 31.12.1995 und vor dem 1.1.2007 für Zwecke der Erbschaft-/Schenkungsteuer nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt. Wie im Einzelnen gleichwohl eine Bewertung durchgeführt wird, kann den Ausführungen in § 148 (bis 2006) BewG Rz. 106–110 entnommen werden.

 

Rz. 76

[Autor/Stand] Mit dem Jahressteuergesetz 2007[4] wurde hinsichtlich der Bewertung von Wohnungs- und Teilerbbaurechten für Bewertungsstichtage nach dem 31.12.2006 und vor dem 1.1.2009 § 148 Abs. 5 BewG eingeführt. Danach gelten die allgemeinen Regelungen zur Bewertung des Erbbaurechts und des Erbbaurechtsgrundstücks entsprechend für die jeweilige wirtschaftliche Einheit des Wohnungs- bzw. Teilerbbaurechts als auch für das mit dem Wohnungs- oder Teilerbbaurecht belastete Grundstück. Im Einzelnen wird auf die Ausführungen in § 148 BewG Rz. 69 hingewiesen.

 

Rz. 77

[Autor/Stand] Die §§ 192 bis 194 BewG, die durch das Erbschaftsteuerreformgesetz vom 24.12.2008[6] für Bewertungsstichtage nach dem 31.12.2008 eingeführt wurden, enthalten zur Bewertung von Wohnungs- und Teileigentumserbbaurechten keine eigenständigen Regelungen. Dies wurde seitens des Gesetzgebers als nicht notwendig erachtet, welches nicht gleichbedeutend ist mit der Aussage, dass der Zweite Teil des Sechsten Abschnitts des BewG insoweit keine gesetzliche Regelung enthält. Nach § 192 BewG sind in den Fällen, in denen "das Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet" ist, jeweils gesonderte Wertermittlungen für die wirtschaftliche Einheit des Erbbaurechts und für die wirtschaftliche Einheit des Erbbaurechtsgrundstücks durchzuführen. Was im Einzelnen zum Grundstück zählt, richtet sich nach § 176 BewG. Danach gehören u.a. das Erbbaurecht (vgl. § 176 Abs. 1 Nr. 2 BewG), aber nach § 176 Abs. 1 Nr. 3 BewG auch das Wohnungs- und Teilerbbaurecht zum Grundvermögen. Damit gelten bei Wohnungs- und Teilerbbaurechten die Bewertungsgrundsätze der §§ 192 bis 194 BewG gleichermaßen, ohne dass dies ausdrücklich bestimmt sein muss.

 

Rz. 78

[Autor/Stand] Im Rahmen der Bewertung von Erbbaurechtsfällen im Wohnungs- und Teilerbbaurechten stellt sich die Frage, nach welchen Grundsätzen die wirtschaftlichen Einheiten zu bestimmen sind. Dass zivilrechtlich und bewertungsrechtlich zwischen dem Erbbaurechtsgrundstück (§ 194 BewG) und dem darauf lastenden Erbbaurecht (§ 193 BewG) – auch wenn sich dieses als Wohnungs- und Teilerbbaurecht darstellt – unterschieden werden muss und einer separaten Bewertung unterliegt, ist naheliegend.

Die Rechtsprechung folgt der Auffassung der Finanzverwaltung[8] bei der Bestimmung der Anzahl der wirtschaftlichen Einheiten nicht. Mit Urteil vom 30.8.2018[9] hat das FG Münster entschieden (über die Revision hat der BFH bereits geurteilt[10]), dass zwar einerseits zwischen den wirtschaftlichen Einheiten der Erbbaurechte in Form von Wohnungs- und Teilerbbaurechten und dem Erbbaurechtsgrundstück andererseits, welches mit den Erbbaurechten belastet ist, unterschieden werden muss. Jedoch wird das Erbbaurechtsgrundstück als einheitlicher Übertragungsgegenstand angesehen, welcher nicht, analog zu den wirtschaftlichen Einheiten der Wohnungs- und Teilerbbaurechte, in separate wirtschaftliche Einheiten unterteilt werden muss. Zur Begründung führt das FG Münster aus, dass im Grundbuch für das Erbbaurechtsgrundstück ein Grundbuchblatt, für die Wohnungs- und Teilerbbaurechte aber jeweils für jeden Anteil von Amts wegen ein besonderes Grundbuchblatt angelegt wird. Zudem unterscheide § 176 Abs. 1 BewG – in dem es um die Aussage geht, was zum Grundvermögen gehört, – ausdrücklich zwischen Grund und Boden nach Nr. 1 und Wohnungs- und Teilerbbaurecht nach Nr. 3. Letztlich sehe auch das Gesetz eigenständige Bewertungsregelungen für die Bewertung von Erbbaurechten nach §§ 192, 193 BewG und Erbbaurechtsgrundstücken nach §§ 192, 194 BewG vor.

Es erscheint nicht zwingend, das Erbbaurechtsgrundstück in diesen Fällen insgesamt als eine wirtschaftliche Einheit zu bewerten. Die Eigentümer der Wohnungs- und Teilerbbaurechte dürften bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise davon ausgehen, dass sie das auf ihr Eigentum entfallende Erbbaurechtsgrundstück – bei entsprechendem Vertragswillen der Eigentumsparteien - kaufen könnten. Somit ist es durchaus naheliegend, für jede wirtschaftliche Einheit des Wohnungs- und Teilerbbaurechts auch eine "dazugehörende" wirtschaftliche Einheit des Erbbaur...

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