Rz. 43

[Autor/Stand] Nach § 13a Abs. 1 ErbStG bleibt der Wert von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften i.S.d. § 13b Abs. 2 ErbStG insgesamt außer Ansatz (Verschonungsabschlag), wenn der Erwerb begünstigten Vermögens i.S.d. § 13b Abs. 2 ErbStG zzgl. der Erwerbe i.S.d. § 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG insgesamt 26 Mio. Euro nicht übersteigt. Nach § 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG sind nämlich bei mehreren Erwerben begünstigten Vermögens i.S.d. § 13b Abs. 2 ErbStG von derselben Person innerhalb von zehn Jahren bei der Anwendung des § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG die früheren Erwerbe nach ihrem früheren Wert dem letzten Erwerb hinzuzurechnen. Durch den Verweis auf § 13b Abs. 2 ErbStG wird jedoch deutlich, dass mit "insgesamt außer Ansatz" natürlich nur 85 % des begünstigten Vermögens gemeint sind. Zu beachten ist, dass sich – im Gegensatz zu § 13a Abs. 1 ErbStG a.F. – der Verschonungsabschlag bei Einhaltung der sog. Verwaltungsvermögensquote von bis zu 50 % nicht mehr auf das dem Grunde nach begünstigungsfähige Vermögen, sondern nur noch auf das begünstigte Vermögen als Teilmenge des begünstigungsfähigen Vermögens bezieht.[2]

 

Rz. 44

[Autor/Stand] In jedem Fall folgt aus der Regelungstechnik des Gesetzgebers, dass der Verschonungsabschlag von Amts wegen vorgenommen wird. Es bedarf also insoweit keines Antrages. Anders ist dies für den Fall der Option vorgesehen, in der der Erwerber 100 % des begünstigten Vermögens steuerfrei erwerben möchte. Hier sieht § 13a Abs. 10 ErbStG ein Antragserfordernis vor.

 

Rz. 45

[Autor/Stand] Wird der Verschonungsabschlag gewährt, bleiben die Regelungen des § 10 Abs. 6 Sätze 4 und 5 ErbStG zu beachten. Danach können Schulden, soweit sie mit begünstigtem Vermögen in Zusammenhang stehen, nur insoweit berücksichtigt werden, als das Vermögen der Besteuerung unterworfen wird.

 

Rz. 46

[Autor/Stand] Der Verschonungsabschlag ist vorrangig und bei jeder Zuwendung begünstigten Vermögens zu berücksichtigen. Ob der Abzugsbetrag des § 13a Abs. 2 ErbStG in Anspruch genommen werden kann, spielt für den Verschonungsabschlag keine Rolle. Weil für die Bestimmung des begünstigten Vermögens das "Alles-oder-Nichts-Prinzip" mit seinen Grenzwerten von 50 % bzw. 10 % nicht mehr gilt (vgl. § 13b Abs. 2 Satz 1, § 13a Abs. 8 Nr. 3 ErbStG a.F.) bedeutet dies, dass bei der Regelverschonung immer 15 % des begünstigten Vermögens sofort zu versteuern sind; das nicht begünstigte Verwaltungsvermögen muss ohnedies immer und ohne Verschonungsabschlag versteuert werden.[6]

 

Rz. 47

[Autor/Stand] Der Verschonungsabschlag wird allerdings nur dann gewährt, wenn der Erwerb begünstigten Vermögens (§ 13b Abs. 2 ErbStG) insgesamt eine Grenze von 26 Mio. Euro nicht übersteigt (§ 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG). Dabei handelt es sich um eine Freigrenze, nicht um einen Freibetrag.[8] Es ist also nicht so, dass bei höheren Erwerben ein Teilbetrag von 26 Mio. EUR immer begünstigt wäre. Im Gegenteil, in solchen Fällen greift insgesamt die greift die Abschmelzungsregelung des § 13c ErbStG oder ggf. die Verschonungsbedarfsprüfung nach § 28a ErbStG.[9] Der Gesetzgeber hat sich – vermutlich – bei der Grenze von 26 Mio. Euro an der höchsten Tarifstufe des geltenden Steuertarifs orientiert (§ 19 Abs. 1 ErbStG). Hierzu findet sich dann in der Gesetzesbegründung der Hinweis, dass "etwa 1 Prozent der Erwerbe begünstigten Vermögens (...) oberhalb von 26 Mio. Euro liegen".[10] Unter Berücksichtigung des neuen Kapitalisierungsfaktors für das vereinfachte Ertragswertverfahren (§§ 203, 205 Abs. 11 BewG) dürfte der Anteil noch deutlich niedriger liegen.[11] Dies bedeutet, dass in mehr als 99 % aller Fälle eine konkrete Verschonungsprüfung (weiterhin) nicht stattfindet. Die mit dem Abschmelzungs- bzw. Erlassmodell verbundenen Auflagen greifen somit nur in weniger als 1 % aller Fälle tatsächlich ein. Dies ist verfassungsrechtlich nicht unbedenklich.[12] Das BVerfG hat in seiner Entscheidung zum ErbStG (in Zusammenhang mit der Lohnsummenregelung) ausgeführt, dass eine Regelung, die bei über 90 % der übertragenen Betriebe keine Anwendung findet, zur Rechtfertigung der steuerlichen Verschonung grundsätzlich nicht geeignet ist.[13] Faktisch war es so – und darauf hatte der BFH bereits in seinem Vorlagebeschluss hingewiesen, dass weit über 90 % aller Betriebe in Deutschland nicht mehr als 20 Beschäftigte aufweisen und damit die Lohnsummenregelung im Regelfall für die steuerliche Verschonung nach §§ 13a und 13b ErbStG a.F. keine Rolle spielte.[14] Damit wurde die vom Gesetzgeber vorgesehene Ausnahmeregelung tatsächlich zum Normalfall. Die verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Ausnahme konnte damit natürlich nicht mehr greifen. Hierfür konnte es auch nicht darauf ankommen, dass – wirtschaftlich betrachtet – über 80 % der Beschäftigten im Jahr 2008 in Betrieben tätig waren, für welche die Lohnsummenregelung Anwendung fand, und dass außerdem die größten Unternehmen, die weniger als 1 % aller Unternehmen ausmachen, rund 65 % der...

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