Rz. 734

[Autor/Stand] Der Erwerb eigener Anteile durch eine Kapitalgesellschaft ist für die AG in § 71 f. AktG und für die GmbH in § 33 GmbHG geregelt. Die AG darf nur Eigenanteile, die nicht zur Einziehung bestimmt sind, von höchstens 10 % des Grundkapitals erwerben. Bei der GmbH besteht eine Höchstgrenze nicht. Bei beiden Gesellschaftsformen ist jedoch Voraussetzung für den Erwerb von Eigenanteilen, dass der Erwerb unter Einsatz freier Rücklagen möglich ist. Zum Begriff "Freies Vermögen" grundlegend BGH vom 30.9.1996[2]. Ob Eigenanteile "echte Vermögenswerte" sind oder "Wirtschaftsgüter ohne Wert", ist handelsrechtlich und steuerrechtlich umstritten.[3] L. Schmidt[4] plädiert dafür, dass Eigenanteile nur Korrekturposten zum Eigenkapital sind.[5] Nach BGH[6] ruhen die Mitgliedschaftsrechte für eigene Anteile (§ 71b AktG). Eigenanteile wurden bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens als bewertungsfähige Wirtschaftsgüter behandelt, wenn sie weder zur Einziehung bestimmt noch nach den Verhältnissen vom Bewertungsstichtag unveräußerlich sind.[7] Wegen der Maßgeblichkeit der Bilanzansätze für die Bewertung des Betriebsvermögens wirkt sich die ertragsteuerliche Kontroverse seit 1.1.1993 unmittelbar hier aus.[8] Nach dem BFH[9] sind eigene Anteile aktivierungs- und im Grundsatz abschreibungsfähig, nur wirkt sich die Abschreibungsfähigkeit in seltenen Fällen gewinnmindernd aus. Eingezogene Anteile sind dagegen mit der Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses vernichtet (anders bei Ausschließungsbeschluss[10]). Aus solchen Anteilen hat der bisherige Gesellschafter auch für die Vergangenheit keinen vom Stammrecht getrennten verselbständigten Gewinnanspruch mehr, wenn der Beschluss der Gesellschafterversammlung über die Feststellung des Jahresabschlusses und die Gewinnverwendung im Zeitpunkt der Wirksamkeit der Einziehung noch nicht gefasst war.[11] Zur Bilanzierung eigener Aktien s. Kessler/Suchan[12] und Schmidbauer[13].

 

Rz. 735

[Autor/Stand] Eigenanteile einer Kapitalgesellschaft bis 10 % des Nennkapitals werden weder bei der Ermittlung des Vermögenswerts noch bei der Ermittlung des Ertragshundertsatzes berücksichtigt (R 107 Abs. 1 ErbStR 2003). Vermögen und Ertrag der Gesellschaft sind nur den Anteilen im Fremdbesitz gegenüberzustellen. Die Eigenanteile werden damit wie Fremdanteile bewertet. Durch dieses vereinfachte Verfahren werden schwierige Berechnungen vermieden. Nach früherer Regelung (Abschn. 87 VStR 1972) sollte jedoch ohne Rücksicht auf die Höhe der Eigenanteile so verfahren werden. Bei Eigenanteilen von mehr als 10 % des Nennkapitals führte dies dazu, dass der gemeine Wert der Anteile in einem unverhältnismäßigen Ausmaß anstieg. Der BFH hat deshalb einer Anregung der Literatur folgend in diesen Fällen eine besondere Berechnungsweise vorgenommen[15], die in spätere Richtlinienfassungen übernommen wurde. Um die Schwierigkeiten dieser Berechnung zu vermeiden, sieht R 107 Abs. 2 ErbStR 2003 (ebenso schon Abschn. 15 Abs. 2 VStR 1995) vor, dass der Wert der Eigenanteile mit Hilfe eines Zuschlags ermittelt wird, der aus einer in den Richtlinien enthaltenen Tabelle abgelesen werden kann. Die Höhe des Zuschlags hängt von dem Umfang der Eigenanteile ab. Sie wird auch danach unterschieden, ob die Anteile Einfluss auf die Geschäftsführung haben oder nicht.

 

Rz. 736

[Autor/Stand] Danach ist wie folgt zu verfahren:

a) In einem ersten Rechenschritt ist der vorläufige gemeine Wert der eigenen Anteile so zu ermitteln, dass die eigenen Anteile bei der Berechnung des Vermögens der Gesellschaft nicht angesetzt werden. Die Bezugsgröße "Nennkapital" bleibt jedoch unverändert. Der Ertragshundertsatz ist wie bei der Regelbewertung durch das Verhältnis "Jahresertrag zum gesamten Nennkapital" auszudrücken.
b) In einem zweiten Rechenschritt ist der so ermittelte vorläufige gemeine Wert um einen Zuschlag zu erhöhen, der der Tabelle in R 107 ErbStR 2003 zu entnehmen ist. Das Ergebnis stellt den gemeinen Wert der eigenen Anteile dar.
c) Mit diesem gemeinen Wert sind die eigenen Anteile bei der Ermittlung des Vermögens für die Berechnung des gemeinen Werts der Fremdanteile an der Gesellschaft anzusetzen.[17]

In Anlehnung an H 107 gelten folgende Beispiele zur Berechnung des gemeinen Werts von Eigenanteilen:

 
Stammkapital 100 000 EUR
eigene Anteile 20 000 EUR
Vermögen nach Ausscheiden des Ansatzes der Eigenanteile im Betriebsvermögen 255 000 EUR
Jahresertrag 20 000 EUR
Vermögenswert 255 %
Ertragshundertsatz 20 %
 
a) Berechnung bei eigenen Anteilen mit Einfluss auf die Geschäftsführung (Regelbewertung)
Zwischenwert 241,40 %
Zuschlag bei eigenen Anteilen in Höhe von 20 % des Stammkapitals (15,7 % von 241,4 %) = + 37,90 %
gemeiner Wert der eigenen Anteile 279,30 %
abgerundet (= Wertansatz bei der Bewertung der GmbH) 279 %
 
b) Berechnung bei eigenen Anteilen ohne Einfluss auf die Geschäftsführung
Zwischenwert 241,40 %
Abschlag 10 %   ./. 24,14 %
    217,26 %
Zuschlag bei eigenen Anteilen in Höhe von 20 % des Stammkapitals (13,9 % von 217,26 ...

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