Rz. 53

[Autor/Stand] Für Bewertungsstichtage bis zum 31.12.2008 war der Wert des Betriebsvermögens durch Anwendung der in § 98a BewG a.F. statuierten Einzelbewertungsmethode zu ermitteln. Dort hieß es, der Wert des Betriebsvermögens werde "in der Weise ermittelt, dass die Summe der Werte, die für die zu dem Gewerbebetrieb gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze (Rohbetriebsvermögen) ermittelt worden sind, um die Summe der Schulden und sonstigen Abzüge gekürzt wird."

 

Rz. 54

[Autor/Stand] Nach Streichung des § 98a BewG a.F. durch Art. 2 Nr. 7 ErbStRG v. 24.12.2008[3] mit Wirkung ab 1.1.2009 richtet sich die Bewertung des Betriebsvermögens im Grundsatz nach dem Unternehmenswert (vgl. § 109 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 BewG i.V.m. § 11 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BewG), welcher nach der schon aus den allgemeinen Bewertungsvorschriften (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 BewG) bekannten Gesamtwertmethode zu ermitteln ist.

 

Rz. 55

[Autor/Stand] Allerdings darf der so ermittelte Unternehmenswert (meist: Ertragswert) die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzüglich der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden und sonstigen Abzüge, d.h. den Substanzwert, nicht unterschreiten (§ 109 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 BewG i.V.m. § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG). Der regelmäßig anzuwendende Grundsatz der Gesamtbewertung findet also seine Grenze in der in § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG angeordneten Mindestbewertung i.H.d. sich aus der Summe der positiven und negativen (gemeinen) Einzelwerte ergebenden Substanzwerts.

Zum Zweck der Ermittlung des Substanzwerts hat der Erwerber von Betriebsvermögen auf amtlichem Vordruck als Anlage zur Feststellungserklärung eine Vermögensaufstellung abzugeben.[5] Dabei ist ohne Belang, nach welcher ertragsteuerrechtlichen Gewinnermittlungsart (z.B. nach §§ 4 Abs. 1, 5 EStG oder nach § 4 Abs. 3 EStG) der Erblasser oder Schenker seinen Gewinn ermittelt hat.[6]

 

Rz. 56

[Autor/Stand] Der Grundsatz der Gesamtbewertung des Betriebsvermögens wird des Weiteren durchbrochen in den Fällen des § 200 Abs. 2 bis 4 BewG (i.V.m. § 109 und § 11 Abs. 2 Satz 4 BewG) und des Sonderbetriebsvermögens.

 

Rz. 57

[Autor/Stand] Der in § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG getroffenen Mindestwertregelung mit der Festlegung des im Einzelbewertungsverfahren zu ermittelnden Substanzwerts als Bewertungsuntergrenze liegt die Vorstellung des Gesetzgebers zugrunde, dass auch ertragsschwache Unternehmen einen Sachwert verkörpern, welcher im Hinblick auf den für die Erbschafts- und Schenkungsbesteuerung maßgebenden Aspekt der (unentgeltlichen) Bereicherung (= Erhöhung der Leistungsfähigkeit) erfasst werden soll.[9]

Ein Teil der Literatur[10] hält diese Mindestwertregelung mit beachtlichen Gründen insoweit für bedenklich, als sie auf der Annahme beruhe, dass auch bei einem niedrigen oder gar negativen Ertragswert des Unternehmens die Einzelveräußerungspreise der einzelnen betrieblichen Wirtschaftsgüter erzielt werden könnten. Dabei werde ausgeblendet, dass die Realisierung dieser Werte "eine echte Liquidation" des Betriebes erfordere. Demzufolge könne nur der "Liquidationswert" – und nicht der Substanzwert (meint: i.S. eines Fortführungswerts) – die Untergrenze der Bewertung bilden, wobei auch die Liquidationskosten abgezogen werden müssten.

 

Rz. 58

[Autor/Stand] Zum "Substanzwert" heißt es in R B 11.5 ErbStR 2019 wie folgt:

„R B 11.5 Substanzwert

(1) Der Substanzwert ist als Mindestwert nur anzusetzen, wenn der gemeine Wert nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren (> R B 199.1 ff.) oder mit einem Gutachtenwert (Ertragswertverfahren oder andere im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nicht steuerliche Zwecke übliche Methode) ermittelt wird. Wird der gemeine Wert aus tatsächlichen Verkäufen unter fremden Dritten im gewöhnlichen Geschäftsverkehr abgeleitet, ist der Ansatz des Substanzwerts als Mindestwert ausgeschlossen.

(2) Dem Grunde nach sind in die Ermittlung des Substanzwerts alle Wirtschaftsgüter einzubeziehen, die nach §§ 95 bis 97 BewG zum Betriebsvermögen gehören.

(3) Bei Einzelunternehmen, Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften im Sinne der §§ 95 bis 97 BewG richtet sich der Umfang des Betriebsvermögens somit nach der Zugehörigkeit der Wirtschaftsgüter zum ertragsteuerlichen Betriebsvermögen am Bewertungsstichtag (> R B 95, 97.1 bis 97.3, 99, 103.1 bis 103.3). Aktive und passive Wirtschaftsgüter gehören auch dann dem Grunde nach zum ertragsteuerlichen Betriebsvermögen, wenn für sie ein steuerliches Aktivierungs- oder Passivierungsverbot besteht. Eine handelsrechtlich gebotene Rückstellung (z.B. Drohverlustrückstellung), die steuerlich nicht passiviert werden darf (§ 5 Abs. 4a Satz 1 EStG), ist bei der Ermittlung des Substanzwerts gleichwohl anzusetzen. Zum Betriebsvermögen gehören auch selbstgeschaffene oder entgeltlich erworbene immaterielle Wirtschaftsgüter (z.B. Patente, Lizenzen, Warenzeichen, Markenrechte, Konzessionen, Bierlieferrechte). Geschäftswert-, firmenwert- oder prax...

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