Rz. 578

[Autor/Stand] Bei der Umwandlung von Gesellschaften geht das Vermögen einer Anteile haltenden Gesellschaft kraft Gesetzes auf die übernehmende Gesellschaft über (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG). Im maßgebenden Zeitpunkt der registerlichen Eintragung des Rechtsträgerwechsels (§ 20 Abs. 1 vor Nr. 1 UmwG) erlischt zugleich die übertragende Gesellschaft (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 UmwG). Ereignet sich somit ein mit dem Ausscheiden eines Gesellschafters einhergehender Anteilsübergang, steht, auch wenn dies bislang noch nicht erprobt wurde, durchaus die Anwendung des § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG im Raum.[2]

 

Beispiel:

Die A-GmbH und die B-GmbH sind Gesellschafter der T-GmbH.

Fall 1: Die A-GmbH wird auf die B-GmbH verschmolzen.

Fall 2: Die A-GmbH wird auf die T-GmbH verschmolzen.

Mit dem Ausscheiden der A-GmbH aus der T-GmbH kommt es hier zu einem Übergang ihrer Geschäftsanteile auf einen anderen Gesellschafter (Fall 1) bzw. die Gesellschaft (Fall 2: Erwerb eigener Anteile).

 

Rz. 579

[Autor/Stand] Man findet beide Fallvarianten im Tatbestand des § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG – einer Vorschrift, die zwar "in erster Linie" Erwerbsvorgänge i.S.d. § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB fokussieren mag,[4] demnach aber auch weitere Anteilserwerbe als fiktive Schenkungen erfasst, die mit dem lebzeitigen Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Gesellschaft verknüpft sind; dies wird insb. im Vergleich mit der einst zeitgleich erlassenen, fast identisch formulierten Norm des § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG deutlich (s. Rz. 551).[5] Dass der ausscheidende Gesellschafter, anders als bei der Anwachsung, aber ebenso wie im Todesfall, mit der Umwandlung seine Existenz verliert, spricht daher nicht gegen § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG. Vor allem mit Blick auf die ursprüngliche Fassung des § 7 Abs. 7 ErbStG ist es nicht unwichtig, dass der umwandlungsbedingte Rechtsträgerwechsel – übrigens auch der Erwerb des Gesellschaftsvermögens durch Anwachsung auf den letzten Gesellschafter einer Personengesellschaft – zivilrechtlich als erbgangsgleiche Gesamtrechtsnachfolge bezeichnet wird,[6] die "auf Grund ... gesellschaftsvertraglicher Grundlage" erfolgt (s. Rz. 551, 560).[7] Die Vorschrift wurde als Spezialvorschrift konzipiert, um ursprünglich ausdrücklich solche Vermögensumschichtungen als fiktive Schenkungen zu besteuern.[8] Die spätere Änderung ihres Wortlauts hat daran nichts geändert (s. Rz. 552), sondern durch den Verzicht auf eine gesellschaftsvertragliche Anknüpfung den Anwendungsbereich des § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG erheblich ausgedehnt. Zur Steuerbarkeit genügt tatbestandlich allein das Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Personen- oder Kapitalgesellschaft;[9] weitere, insb. subjektive Merkmale, sind nicht erforderlich.[10] Konsequent unerheblich ist daher auch, dass die derzeitige Praxis sog. Zuwendungen societatis causa an Kapitalgesellschaften nicht unter § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG subsummieren will (s. Rz. 204, 651 ff.).[11]

 

Rz. 580

[Autor/Stand] Die Frage der Anwendbarkeit des § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG auf Umwandlungen von Personen- und/oder Kapitalgesellschaften soll hier nicht weiter vertieft werden. Praktische Anwendungsfälle wurden bislang noch nicht aufgegriffen. Auch die Kommentarliteratur beschäftigt sich damit nicht wirklich; lediglich Schuck deutet beiläufig an, § 7 Abs. 7 ErbStG teleologisch reduzieren zu wollen, "da Vermögensverschiebungen nach dem Umwandlungsgesetz (hier: Formwechsel) nicht dem ErbStG unterliegen".[13] Die Vorschrift völlig auszublenden,[14] kann aber schon deshalb nicht richtig sein, weil eine Vielzahl umwandlungsfähiger Rechtsträger (§ 3 UmwG) von ihr betroffen ist. Vor allem die Finanzverwaltung akzeptiert allerdings noch nicht uneingeschränkt, dass die Schenkungsteuer auch zu einer Unternehmenssteuer wurde (s. Rz. 437 ff.), weshalb man wohl warten muss, bis irgendwann der Umweg über das GrEStG zu Antworten führt. Da Umwandlungen ebenso wie Anwachsungen der Grunderwerbsteuer unterliegen können (§ 6a Satz 1 GrEStG), wäre es z.B. einer gemeinnützigen GmbH als übernehmender Rechtsträgerin möglich, ohne schenkungsteuerliches Risiko (§ 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. b ErbStG) klären zu lassen, ob der nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG verwirklichte Anteilsübergang als nach § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG fingierte "Schenkung unter Lebenden" i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG gem. § 3 Nr. 2 GrEStG die Besteuerung nach dem GrEStG verhindert.

 

Rz. 581– 582

[Autor/Stand] Einstweilen frei

[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.03.2021
[2] Ablehnend, allerdings nur beiläufig, wohl Schuck in Viskorf/Schuck/Wälzholz, ErbStG/BewG6, § 7 ErbStG Rz. 245.
[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.03.2021
[5] Brüggemann/Stirnberg, Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer10, 4.7.2012 (unter 1).
[8] Meincke/Hannes/Holtz17, § 7 ErbStG Rz. 166.
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