Rz. 9

[Autor/Stand] Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter oder -pfleger sind als sog. Bekanntgabeadressaten[2] des Erbschaftsteuerbescheids lediglich Zugangsvertreter[3] der jeweiligen Erwerber. Zur Wirksamkeit des Bescheids gegenüber dem Steuerschuldner (Inhaltsadressat)[4] bedarf es daher zunächst der Beachtung einiger Formalien, die dem Bekanntgabeerlass der Finanzverwaltung zu entnehmen sind. Dazu gehören insbesondere die hinreichende Individualisierung der/s Steuerschuldner/s sowie die deutliche Unterscheidung zwischen Inhalts- und Bekanntgabeadressaten.[5] Nur wenn letzterer keinesfalls selbst als Steuerschuldner in Betracht kommt, kann der ansonsten stets notwendige Hinweis darauf, dass ihm der Bescheid lediglich in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter oder -pfleger bekannt gegeben wird, entbehrlich sein.[6] Fehler in diesem Zusammenhang können zur Nichtigkeit des Bescheids führen.[7]

 

Rz. 10

[Autor/Stand] Aufgrund der Verknüpfung des § 32 ErbStG mit § 31 Abs. 5 (und 6) ErbStG wirkt die Bekanntgabe regelmäßig nur für die Erben, da allein sie Inhaber des Nachlasses sind, dessen Verwaltung Aufgabe des Testamentsvollstreckers, Nachlassverwalters oder -pflegers ist.

[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.04.2018
[2] AE zu § 122 AO, Tz. 1.4.1 Satz 1, Satz 3 Buchst. d; zur Bekanntgabe an Nachlasspfleger FG Düsseldorf v. 22.8.2007 – 4 K 298/05 Erb, Haufe-Index: 1956213 = ErbStB 2008, 102 m. Komm. Kussmann; FG Saarland v. 10.9.2013 – 1 V 1229/13, EFG 2013, 1947.
[4] AE zu § 122 AO, Tz. 1.3.1 Satz 2.
[5] AE zu § 122 AO, Tz. 1.3., 1.4.3, 2.13.4.1.
[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.04.2018

a) bei Testamentsvollstreckung

 

Rz. 11

[Autor/Stand] Im Hinblick auf den Testamentsvollstrecker entspricht dies ständiger Rechtsprechung.[2] Ein an ihn unter Bezug auf § 32 Abs. 1 ErbStG adressierter Erbschaftsteuerbescheid ist daher unwirksam, wenn damit Erbschaftsteuer für Erwerber festgesetzt würde, deren Erwerb von Todes wegen nicht durch Erbanfall (§ 1922 BGB) erfolgte.[3] Allerdings kann ein (Mit)Erben betreffender Bescheid durchaus auch ihnen außerhalb des Nachlasses anfallende Erwerbe von Todes wegen umfassen.[4] Entscheidend ist stets der testamentarisch angeordnete Aufgabenbereich des Testamentsvollstreckers, der z.B. auch die Verwaltung vermächtnisweise zugewendeten Vermögens umfassen kann (§ 2223 BGB).[5] Die Frage, ob und inwieweit die Anwendung des § 32 ErbStG durch eine gegenständliche (§ 2208 BGB) oder persönliche (§ 2306 Abs. 1 BGB)[6] Beschränkung der Testamentsvollstreckung tangiert wird, musste bislang noch nicht finanzgerichtlich beantwortet werden. Dies gilt auch für den praktisch umgekehrten Fall, dass die andere Erwerber treffende Erbschaftsteuer aus dem Nachlass zu entrichten ist.[7]

 

Rz. 12

[Autor/Stand] Der – lediglich als Treuhänder fungierende[9] Testamentsvollstrecker wird nur hinsichtlich der Erklärungspflichten des/r Erben und zwecks Bekanntgabe des Erbschaftsteuerbescheids wie ein gesetzlicher Vertreter behandelt.[10] Ohne eigene Beschwer und ohne ausdrückliche Vollmacht fehlt ihm daher auch die Befugnis, Einspruch oder Klage zu erheben.[11] Dass ihm in diesem Fall eine Einspruchsentscheidung nicht für den/die Erben bekannt gegeben werden darf[12], erscheint jedoch zweifelhaft. Schließlich gelten im Einspruchsverfahren grundsätzlich alle den gegenständlichen Bescheid betreffenden Verfahrensvorschriften (§ 365 Abs. 1 AO), so dass die Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung zwar nach § 122 AO erfolgt[13], konsequent aber auch die diese Norm ausdrücklich modifizierende Regelung des § 32 ErbStG zu beachten ist[14]. Sie gilt wiederum unmittelbar für einen Abhilfe-/Änderungsbescheid, der selbstverständlich "Erbschaftsteuerbescheid" ist.[15]

 

Rz. 13

[Autor/Stand] Fraglich ist die Wirksamkeit einer entgegen § 32 AO unmittelbar gegenüber dem/n Erben erfolgten Bekanntgabe eines Erbschaftsteuerbescheids. Man kann sie sicherlich verneinen, wenn § 32 AO zwingend zu beachten ist und die Bekanntgabe deshalb nicht ordnungsgemäß geschah.[17] Vertretbar erscheint aber auch, die Festsetzung erst dann für wirksam zu halten, wenn der Bescheid dem Testamentsvollstrecker nachweislich weitergeleitet wurde.[18]

 

Rz. 14

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.04.2018
[2] BFH v. 14.11.1990 – II R 255/85, BStBl. II 1991, 49; v. 5.12.1990 – II R 109/86, BStBl. II 1991, 181; s. auch Eisele in Kapp/Ebeling, § 32 ErbStG Rz. 10–13.
[3] Kien-Hümbert in Moench/Weinmann, § 32 ErbStG Rz. 13.
[6] Beispiel: OLG München v. 22.9.2005 – 31 Wx 46/05, ZEV 2006, 31, mit Anm. Reimann; s. auch Jülicher in Troll/Gebe...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge