Schrifttum:

Eisele, Nießbrauchsrecht an Personengesellschaftsanteil – Durchbruch der wirtschaftlichen Betrachtungsweise, NWB 2012, 4151; Hermes, Das mitunternehmerische Nießbrauchsrecht und das Problem der Mitunternehmerverdoppelung, Ubg 2018, 566; Hermes, Mitunternehmerisches Nießbrauchsrecht nur bei wirtschaftlichem Eigentum an Mitunternehmeranteil?, DStZ 2019, 112; Felten, Vorbehaltsnießbrauch am Personengesellschaftsanteil – Praxisfragen, ErbStB 2016, 117; Seifried, Neue BFH-Rechtsprechung zum Anteilsbegriff im Sinne der §§ 13a, 13b ErbStG, DStR 2012, 274; St. Viskorf/Haag, Wirtschaftliche Betrachtungsweise bei Betriebsvermögensbegünstigung für Zuwendungsnießbrauch an Personengesellschaftsanteilen, ZEV 2012, 24.

 

Rz. 1071

[Autor/Stand] In ertragsteuerrechtlicher Sicht gehört zur Gruppe der Mitunternehmer ohne Gesellschaftsverhältnis unter Umständen derjenige, welchem der Nießbrauch an einem Anteil an einer Personengesellschaft zusteht.[2] Dabei kommt es nicht darauf an, in welcher Form ein Nießbrauch an der Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft zivilrechtlich begründet wird. Vielmehr ist ertragsteuerrechtlich für die Annahme einer Mitunternehmerschaft des Nießbrauchers entscheidend, dass er aufgrund der im Einzelfall getroffenen Abreden oder mangels solcher aufgrund der (dispositiven) gesetzlichen Bestimmungen eine rechtliche und tatsächliche Stellung erlangt, die dem Typusbegriff des Mitunternehmers entspricht.[3] Dazu ist es erforderlich, dass der Nießbraucher neben der Gewinnbeteiligung und einer eventuellen mittelbaren Verlustbeteiligung – an den stillen Reserven des Anlagevermögens und am Geschäftswert ist er i.d.R. nicht beteiligt – wenigstens einen Teil der mit der Mitgliedschaft verbundenen Verwaltungsrechte, z.B. der Stimmrechte hinsichtlich der laufenden Geschäfte der Personengesellschaft, ausüben kann.[4] Allgemein und näher zu den Erfordernissen der Mitunternehmerstellung im Ertragsteuerrecht und – deckungsgleich – im Bewertungsrecht s. oben Rz. 1039 ff.

 

Rz. 1072

[Autor/Stand] Ist nach diesen Grundsätzen im zu beurteilenden Einzelfall aus ertragsteuerrechtlicher Sicht von einer Mitunternehmerstellung des Nießbrauchers auszugehen, so liegt – zumindest prima facie – an sich nichts näher, als diese Entscheidung auch für das Bewertungsrecht und damit auch für das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht zu übernehmen. Ganz so einfach liegt die Sache allerdings nicht: Während für die einkommensteuerrechtliche Qualifikation von Erträgen grundsätzlich die wirtschaftliche Betrachtungsweise (vgl. auch § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO) maßgebend ist, ist der erbschaft- und schenkungsteuerrechtliche Zuwendungsgegenstand (Erwerbsgegenstand) grundsätzlich nach dem Zivilrecht zu bestimmen.[6] Aus dieser konträren Sichtweise ergeben sich Friktionen in den Fällen, in denen das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht "auf Begriffe des Ertragsteuerrechts zurückgreift oder gar expressis verbis auf Vorschriften des Einkommensteuergesetzes verweist."[7]

 

Rz. 1073

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

 

Rz. 1074

[Autor/Stand] Die §§ 13a und 13b ErbStG enthalten solche Bezugnahmen. So ordnet § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG an, zum begünstigten Vermögen im dortigen Sinne gehörten "inländisches Betriebsvermögen (§§ 95 bis 97 Abs. 1 Satz 1 des Bewertungsgesetzes) beim Erwerb eines ganzen Gewerbebetriebs oder Teilbetriebs, einer Beteiligung an einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes...".[10]

 

Rz. 1075

[Autor/Stand] Die früher herrschende, inzwischen aber überholte Meinung[12] hielt für den unentgeltlichen Erwerb eines Nießbrauchs an einem Personengesellschaftsanteil die Ausdehnung der wirtschaftlichen und damit auch ertragsteuerrechtlichen Betrachtungsweise wegen der zivilrechtsgebundenen Bestimmung des erbschaft- und schenkungsteuerrechtlichen Erwerbsgegenstandes für ausgeschlossen. Damit war die Gewährung der Vergünstigungen nach den §§ 13a und 19a ErbStG a.F. zu versagen. Im Urteil des FG Düsseldorf vom 28.10.2009[13] heißt es hierzu, die Begünstigung des § 13a ErbStG a.F. sei bei dem Erwerb eines Nießbrauchs ausgeschlossen, da der Nießbraucher im konkreten Fall zwar Mitunternehmer, nicht aber Gesellschafter der KG geworden sei. Der Wortlaut des § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG a.F., der von einem "Anteil an der Gesellschaft" spreche, setze vielmehr eine Beteiligung des Erwerbers an der Gesellschaft voraus.

 

Rz. 1076

[Autor/Stand] Dieser Sichtweise vermochte sich der BFH in seinem Urteil vom 1.9.2011[15] zu Recht nicht anzuschließen. Er hob das Urteil des FG Düsseldorf vom 28.10.2009[16] auf und setzte die Erbschaftsteuer entsprechend dem Begehren der (Revisions-)Beklagten herab. Er führte aus, der in § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG a.F. verwendete Gesellschaftsbegriff sei nicht zivilrechtlich, sondern ertragsteuerrechtlich zu verstehen. Dies ergebe sich zum einen aus dem ausdrücklichen gesetzlichen Verweis auf Vorschriften des EStG und zum anderen aus dem Zweck der Verschonungsregelung. De...

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