a) Vom Erblasser herrührend

 

Rz. 61

[Autor/Stand] Erblasserschulden sind die vom Erblasser "herrührenden" Schulden, also solche, die nach § 1922 BGB i.V.m. § 1967 Abs. 2 BGB, § 45 Abs. 1 AO als Nachlassverbindlichkeiten auf den oder die Erben übergehen.[2]

Auch bei Erwerbern, die keine Erben sind, können solche Schulden als Nachlassverbindlichkeiten abgezogen werden. Dies folgt aus § 10 Abs. 1 Satz 2 ErbStG, der den Abzug von Nachlassverbindlichkeiten nicht auf bestimmte Erwerbsvorgänge des § 3 ErbStG beschränkt.[3] Vom Erblasser herrührende Schulden sind als Nachlassverbindlichkeiten i.S.d. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG jedoch nur abzugsfähig bei dem Erwerber, der als Schuldner zivilrechtlich für sie nach § 1967 Abs. I BGB haftet. Für Erblasserschulden haftet bzw. haften gemäß § 1967 BGB allein der oder die Gesamtrechtsnachfolger, nicht jedoch der Vermächtnisnehmer.[4]

Erbfallkosten i.S.d. § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG. können nach Auffassung des Finanzgericht München im Urteil vom 20.1.2021[5] als solche nur vorliegen, wenn die Erlangung des Vermächtnisgegenstands entscheidend für die Entstehung der Kosten gewesen ist. Der Abzug solcher Kosten setze weder deren Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit noch eine Rechtspflicht zur Kostentragung voraus, jedoch sei ein unmittelbarer-(finaler) Zusammenhang der entstehenden Kosten mit einem der in § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG genannten Zwecke erforderlich.[6] Ein solcher sei nur dann gegeben, wenn der berücksichtigungsfähige Zweck – hier die Erlangung des Vermächtnisgegenstands – entscheidend für die Entstehung der Kosten war (sog. Erwerbsaufwand s. Rz. 130 ff.).

Kosten, die nur gelegentlich des erbschaftsteuerrechtlichen Erwerbs, entstehen, stellen keine Erbfallkosten für den Vermächtnisnehmer dar.

Der Bezugsberechtigte einer Lebensversicherung, der gem. § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG von Todes wegen erwirbt, kann deshalb auch vom Erblasser herrührende Schulden abziehen. Die frühere Auffassung des BFH v. 17.5.2000[7] ist damit überholt.

Nach dem Erbfall entstandene Verbindlichkeiten fallen nicht darunter, z.B. Brandschäden am Gebäude des Erblassers, in dem dieser verbrannte[8] (s.a. Rz. 85 zu aufgestautem Reparaturbedarf). Aufwendungen zur Beseitigung von erst nach dem Erbfall in Erscheinung getretenen Schäden an geerbten Gebäuden, deren Ursachen vom Erblasser gesetzt wurden, sind keine Nachlassverbindlichkeiten[9] (s.a. Rz. 85).

Die Kosten für die Räumung einer geerbten Eigentumswohnung waren laut Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg nicht abzugsfähig, es sei denn der Erblasser war gegenüber dem Vermieter bereits zur Räumung verpflichtet.[10] Mit Urteil vom 14.10.2020 hat der BFH[11] im Revisionsverfahren entschieden, dass darüber hinaus jedoch Nachlassregelungskosten nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG vorliegen können, wenn die Auflösung des Haushalts des Erblassers nicht zuletzt darauf gerichtet war, mit der persönlichen Habe des Erblassers zweckentsprechend zu verfahren, z.B. ob Herausgabepflichten Dritter (z.B. von Vermächtnisnehmern) zu bedienen sind oder in welcher Art und durch wen der Haushalt weiter verwendet werden kann). Diese Maßnahmen gehören zur tatsächlichen Feststellung des Nachlasses und beruhen unmittelbar auf dem Erbfall (s. Rz. 125, 145 ff.).

b) Rechtlich bereits bestehende Verpflichtungen

 

Rz. 62

[Autor/Stand] Mit Urteil v. 27.6.2007 – II R 30/05[13] hatte der BFH sein Urteil v. 9.11.1994 – II R 110/91[14] bekräftigt, wonach der Abzug rechtlich bestehende Verpflichtungen voraussetzt. Mit Urteil vom 4.7.2012 – II R 15/11[15] scheint der BFH nunmehr die rechtliche Entstehung nur noch als hinreichendes, aber nicht notwendiges Tatbestandsmerkmal anzusehen (s. auch Rz. 73).[16] Das FG Nürnberg hat demnach mit Urteil vom 13.5.2015[17] Erschließungsbeiträge, die den Erblasser als Grundstückseigentümer trafen, als Nachlassverbindlichkeiten anerkannt, obwohl im Zeitpunkt des Erbfalls noch keine Beitragsbescheide ergangen waren. Es reicht aus, dass der Erblasser die Kausalitätskette, die zum rechtlichen Entstehen der Verbindlichkeit geführt hat, ausgelöst hat.[18]

c) Wirtschaftliche Belastung (des Erblassers oder des Erben?)

 

Rz. 63

[Autor/Stand] Wie schon früher der RFH[20] fordert der BFH außerdem, dass der Erblasser im Todeszeitpunkt wirtschaftlich belastet gewesen sein muss.[21]

Die wirtschaftliche Belastung fehlt, wenn der Erblasser als Schuldner davon ausgehen konnte, die Verpflichtungen unter normalen Umständen nicht selbst erfüllen zu müssen[22] (s.a. Rz. 73), z.B. wenn vereinbart war, dass Verbindlichkeiten erst nach dem Tode des Erblassers von dessen Vermögen abgezogen werden sollten[23] wegen Verjährung des Anspruchs (§ 214 Abs. 1 BGB)[24].

Wenn die Vollziehung einer Steuerschuld des Erblassers antragsgemäß ausgesetzt wurde, ändert dies nichts an der wirtschaftlichen Belastung des Erblassers. Die Gewährung der Aussetzung der Vollziehung begründet noch keinen sicheren Schluss, dass der Steuerbescheid aufgehoben wird.[25]

Mit dem zusätzlichen Erfordernis der wirtschaftlichen...

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